Hannover. .

Der exzellente Comicroman „Haarmann“ erzählt subtil vom prominentesten Serienmörder der deutschen Geschichte. Er ist Teil einer Trilogie, mit der sich der Worpsweder Schriftsteller Peer Meter dem Grauen historisch annähert.

Es ist eine recht illustre Mörderriege, die Autor Peer Meter da um sich versammelt hat. Gesche Gottfried, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts 15 Menschen vergiftete; Karl Denke, der Anfang des 20. Jahrhunderts einunddreißig Menschen tötete; nicht zuletzt der wohl Prominenteste: Fritz Haarmann (ja, der mit dem Hackebeilchen), der mindestens 24 junge Männer auf dem Gewissen hatte. Meter hat sich für seine Serienmörder-Trilogie mit verschiedenen Zeichnerinnen und Zeichnern verbündet. Für „Haarmann“ gewann er Isabel Kreitz, die eine große Affinität zu historischen Themen hat und zeichnerische Erfahrungen mit dem Zerkleinern von Fleisch ja schon aus „Die Entdeckung der Currywurst“ vorweisen kann. In diesem Falle allerdings sind die Umstände ein wenig pikanter.

Auch wenn man das denken mag: Blutrünstigkeiten sind keineswegs das Anliegen von Meter und Kreitz. Meter hat vielmehr über viele Jahre die Untersuchungsakten der geschilderten Fälle studiert, teils sogar Abhandlungen darüber geschrieben – und widmet sich mit großer Akribie dem Ziel, einen historisch möglichst authentischen, wenn auch fiktionalen Comic abzuliefern.

Bornierte Polizei

Dabei richtet er das Augenmerk nicht ausschließlich auf Haarmann, seine Opfer und seine Nachbarn, sondern auch auf den bornierten Polizeiapparat, der zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung schlicht ignorierte oder als Unsinn abtat, der schließlich bei seinen Hausdurchsuchungen in Haarmanns Mansardenzimmer alle Indizien für die Gräueltaten geflissentlich übersah. Der geistig leicht beschränkte Haarmann war zwischenzeitlich sogar als Spitzel für die Polizei unterwegs, gab sich als „Kriminal“ aus, zeigte einen inoffiziellen Ausweis vor – und lotste so viele der jungen Männer als eine Art väterlicher Freund in seine Wohnung.

Meters Erzählung treibt auch mit dem Ekel ein subtiles Spiel, so dass dem Leser stets klar sein muss, dass das Fleisch, mit dem Haarmann unter anderem die „Engelsche Gastwirtschaft“ versorgt, von einem ganz besonderen Tier stammen muss. Frau Engel: „Meim Mann wird immer ganz kodderig davon.“

Mit ihrem Zeichenstil liefert Isabel Kreitz stets authentische Bilder aus Haarmanns Zeit, sie lässt die alte Hannoveraner Fachwerkstatt erstehen, porträtiert die autoritätshörigen, verbohrten Polizeibeamten, als wären sie Heinrich Manns „Untertan“ entsprungen. Kreitz wendet den Blick in den Momenten ab, in dem die weitere Darstellung der Taten voyeuristisch würde. „Haarmann“ liest sich wie ein sehr gut inszenierter Film. Was das Grauen darüber, dass es sich um eine reale Geschichte handelt, noch erhöht.

  • Peer Meter & Isabel Kreitz, Haarmann. Carlsen, 176 Seiten, 19,90 Euro