Essen. Wird die Theaterpassage in der Innenstadt nun doch nicht verkauft? Die Stadt Essen denkt darüber nach, dort eine neue Zentralbibliothek zu bauen.

Noch weiß niemand genau, wie die Essener Innenstadt nach der Corona-Pandemie aussehen wird. Doch eines steht schon jetzt fest: Die Probleme, die es vor Corona gab, werden danach noch viel größer sein. Nämlich: Wie belebt man die Innenstadt, wenn der Handel eher auf dem Rückzug ist?

Mehr Kultur könnte eine Antwort darauf sein, glaubt die Stadt und nimmt nun einen Anlauf, der aufhorchen lässt. Sie prüft, ob die Zentralbibliothek in Zukunft nicht besser in der Theaterpassage in der Rathenaustraße untergebracht werden könnte. Der Stadtrat hat am Mittwoch grünes Licht dafür gegeben, dass zunächst eine Machbarkeitsstudie erstellt werden soll.

Verkaufsprozess für die Theaterpassage wird gestreckt

Damit überdenkt die Stadt ihren ursprünglichen Plan, die Theaterpassage zu verkaufen, der ihr ohnehin „Bauchschmerzen“ bereitet hatte, wie Bau- und Planungsdezernent Martin Harter schon vor einigen Monaten einräumte. Denn schließlich gehören der Stadt nicht allzu viele Immobilien in einer solch zentralen Lage.

Der Verkaufsprozess wird nun zwar nicht gänzlich gestoppt. „Wir lassen diesen parallel weiterlaufen“, sagt Harter. Allerdings wird er zeitlich wohl etwas gestreckt. Zumindest bis spätestens zum Ende des Sommers, bis die Machbarkeitsstudie vorliegen soll.

Sparkasse Essen hält an Verkaufsplänen fest

Die Sparkasse als Miteigentümer der Passage geht diesen Weg offensichtlich mit, hält allerdings grundsätzlich an den Verkaufsabsichten für ihren Teil fest. Sollte die Stadt also tatsächlich die Theaterpassage als neue Zentralbibliothek nutzen wollen, müsste sie der Sparkasse deren Hälfte abkaufen. Hinzu kämen noch hohe Investitionskosten, da die denkmalgeschützte Immobilie als stark sanierungsbedürftig gilt. Dieser Punkt sowie die Leerstände vor allem im Inneren der Passage hatten Stadt wie wohl auch Sparkasse ursprünglich dazu bewogen, sich von der Immobilie zu trennen.

Nur die Fassade des 1930 errichteten Gebäudes ist allerdings denkmalgeschützt. Man muss daher kein Prophet sein, dass für den Umbau zu einer Bibliothek das gesamte Haus zunächst entkernt werden müsste. Denn momentan ist die Passage im Inneren viel zu verwinkelt und verbaut. Bleibt die Frage, ob sich dies eine klamme Stadt wie Essen überhaupt leisten kann und darf? Harter sagt: „Ich halte das nicht für unrealistisch.“ Aber auch dies werde die Machbarkeitsstudie zeigen.

Bibliothek würde Innenstadt zusätzliche Frequenz bringen

Die Stadt sähe mit einer solchen Lösung gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Zum einem würde eine Bibliothek der Innenstadt zusätzlichen Zulauf bringen. Zum anderen läuft der Mietvertrag für die Zentralbibliothek im Gildehofcenter ohnehin Mitte 2025 aus.

Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain macht kein Hehl daraus, dass er einen Umzug bevorzugen würde. „Der Gildehof hat eine etwas abseitige Lage. Die Innenstadt wäre ungleich interessanter“, sagt er.

Kulturdezernent sieht moderne Bibliotheken als „öffentliches Wohnzimmer“

Der Kulturdezernent ist überzeugt davon, dass Bibliotheken auch im digitalen Zeitalter ihre Magnetwirkung nicht verlieren müssen. „Man darf sie nicht als reine Ausleihorte für Bücher verstehen“, betont er. Zukunft hätten sie als Orte der Begegnung, wo sich Menschen zwanglos treffen, sich austauschen und wo sie auch Medien dafür nutzen. Al Ghusain benutzt dafür das Bild des „öffentlichen Wohnzimmers“. Beispiele in den Niederlanden oder Dänemark zeigten, wie moderne, familienfreundliche Bibliotheken funktionieren können.