Münster. In NRW und in den Niederlanden gibt es etliche schöne Gärten – die man am besten mit dem Fahrrad entdeckt. Praktische Tipps fürs „Gartenradeln“.
Von traditionellen Bauerngärten über großzügige Landschaftsparks bis hin zu imposanten Schlossgärten: Wenn im Frühjahr die Natur wieder erblüht, laden zahlreiche Gärten in der Region zum Entspannen und Bestaunen ein.
Ihre Vielfalt entdeckt man am besten mit dem Fahrrad, finden Gaby Allendorf und Philip Kallrath. In ihrem neuen Radwanderführer stellen die beiden sechs Touren vor, inklusive Tipps zum Einkehren in Garten- und Bauernhofcafés, praktischer Karten und GPX-Daten zum Downloaden. Die Routen führen durch das westliche Münsterland und die niederländische Grenzregion, den Achterhoek, – und verbinden die Gärten der Region miteinander. Was das „Gartenradeln“ so besonders macht, haben sie Sophie Sommer im Interview verraten.
Gärtnern und Fahrradfahren sind an und für sich schon beliebte Hobbys. Wie kann man beides am besten verbinden?
Kallrath: Im Münsterland und in den Niederlanden sind die Gegebenheiten dafür einfach ideal. Man gleitet mit dem Rad nur so über flache Wege, alles ist toll ausgebaut.
Allendorf: Es ist einfach eine Radgegend. Und bei uns in Borken-Weseke gibt es zum Beispiel den fantastischen Schaugarten Picker, zu dem die Menschen in großen Bussen anreisen. Gleich nebenan liegt dann der viel kleinere, aber ganz toll gestaltete Apothekergarten. Und durch diese zwei Gärten ist im Grunde die Idee entstanden, unterschiedliche Gärten zu verbinden – per Fahrrad.
Vom großen Schaugarten zum kleinen Apothekergarten: Der Unterschied könnte kaum größer sein. Eine Vielfalt, die sich in der gesamten Region finden lässt?
Kallrath: Ja, die Mischung macht es tatsächlich aus. Am Ende einer Tour hat man einen Eindruck davon, was ein Garten alles sein kann: im Großen oder im Kleinen, von sehr geordnet bis zu wild und fast schon unberührt.
Allendorf: Für einen Garten gibt es keinen Maßanzug. Wie der Gärtner so der Garten. Das wird man besonders bei der Tour „Geteiltes Glück“ merken, die zu drei Privatgärten in Velen führt. Bei dieser Route haben wir kein einziges herrschaftliches Anwesen integriert, sondern das sind wirklich private Gärtner, die ihre eigenen Gärten in tolle Oasen verwandelt haben. Ganz anders ist es bei der Tour „Gartenkunst und blühende Kreativität“, die am Schloss Anholt beginnt. So ergeben sich unterschiedliche Erlebnisse.
Kallrath: Und dann gibt es ja zum Beispiel noch die Route, die entlang der Bocholter Aa führt. Da hat man wirklich ein Wasser-Erlebnis. So auch bei der Fahrt zum Pröbstingsee.
Bis auf eine führen alle Routen auch in die Niederlande. Merkt man anhand der Gärten und der Landschaft, wenn man die Grenze überquert hat? Wann also aus dem Fahrrad ein „Fietse“ und aus dem Garten ein „Tuin“ wird?
Kallrath: Ich komme aus Duisburg und wenn ich zur Arbeit ins Münsterland fahre, fühlt sich das bereits an wie Urlaub. Was die Gärten angeht, da können sich die auf deutscher und niederländischer Seite definitiv das Wasser reichen. Aber je weiter ich Richtung Grenze fahre, desto natürlicher wird es. Am Wegesrand stehen dann zum Beispiel Honig- oder Gemüsestände. Da ist Ruhe, da ist Abgeschiedenheit. Es ist eine andere Welt, die aber gar nicht so weit weg ist.
Allendorf: Es ist tatsächlich wie ein Ausflug in die alte Zeit: Die Tiere laufen auf den Wiesen rum, die Bauern verkaufen selbstgemachte Produkte. Und trotz der Ruhe findet man im Achterhoek so viele Einkehr-Möglichkeiten. Es gibt zahlreiche kleine Bauern-Cafés mitten in der Natur. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass wir beim Radeln auf einmal auf ein Schild gestoßen sind, auf dem „Boerderij Ijs“ stand, zu Deutsch „Bauernhofeis“. Da macht ein Bauer aus der Milch seiner Kühe vor Ort Eis und serviert es mit frischen Gartenfrüchten.
Welche weiteren Highlights erwarten Radfahrerinnen und Radfahrer?
Allendorf: Das ist total schwierig zu sagen, weil jede Route und jeder Garten besonders ist. Ich fand zum Beispiel den Park des Gut Heidefeld in Bocholt total irre. Ein Ehepaar hat dort aus einer Fläche, die eigentlich mal nur eine Wiese war, einen ganz tollen Garten gestaltet. Und auch der Garten Picker in Weseke ist fantastisch.
Kallrath: Ja, Garten Picker ist wirklich State of the Art.
Allendorf: Ich liebe aber auch Gärten, die ihren Charme erst mit der Zeit entwickeln. Zum Beispiel der Apothekergarten: Man lernt so viel über die Geschichte und Wirkung der Kräuter, im Sommer duftet es herrlich.
Wann ist die ideale Zeit, um sich aufs Rad zu schwingen und selbst mal das „Gartenradeln“ zu testen? Und muss man dafür besonders fit sein?
Allendorf: Die meisten Gärten öffnen ab Mitte April, wenn die ersten Frühblüher sprießen. Aber natürlich wird es umso schöner, je mehr Blumen und Pflanzen wachsen.
Kallrath: Und nein, man muss nicht besonders fit sein. Die Gegebenheiten zum Radfahren sind wie gesagt optimal, keine der Touren ist länger als 30 Kilometer. Wir haben die Touren ja auch extra so geplant, dass man sie an einem Tag abfahren kann und dabei noch genügend Zeit hat, um die Gärten in Ruhe auf sich wirken lassen zu können und um Pausen in Cafés einzulegen.
Allendorf: Man bewegt sich zwar, aber kann trotzdem gut abschalten. Es ist auf einmal alles so klar, so leise, so überschaubar. Man muss dafür auch keinen grünen Daumen haben oder sich selbst besonders mit den Pflanzen auskennen. Dieses Gefühl, wenn man in einem schönen Garten sitzt oder durch die Natur radelt, ist so Kraft spendend. Für mich ist es noch entspannender als ein Wellness-Wochenende.
>>> Alle Infos zum Buch übers „Gartenradeln“
„Grenzenloses Gartenradeln. Unterwegs im Münsterland und im Achterhoek“, Klartext-Verlag, 160 S., 18,95€.
Weitere Texte aus dem Ressort Wochenende finden Sie hier:
- Psychologie: Warum sich Mädchen komplett überfordert fühlen
- Migration: Wie ein pensionierter Polizist im Problemviertel aufräumt
- Essener Roma-Familie über Klischee: „Wir sind keine Bettler“
- Familie: Hilfe, mein Kind beißt, schlägt, tritt andere!
- Generation Pause: „Man genießt, nicht den Druck zu haben“