Mettmann. Sie hat ein Faible für Piraten. Was man fürs eigene Leben von ihnen lernen kann, zeigt die Weltumseglerin Stefanie Voss in ihrem neuen Buch.

Die Welt braucht mehr Wagemut, findet Stefanie Voss. Was es heißt, wagemutig zu leben, weiß die 48-Jährige aus Mettmann aus eigener Erfahrung: Im Alter von 25 Jahren heuerte sie auf einem Segelschiff an. „Hand gegen Koje“, wie es unter Seglerinnen und Seglern heißt. Als Crewmitglied arbeitete sie auf dem Schiff und reiste im Gegenzug um die Welt. Angeln, kochen, Holz abschleifen und Nachtwache halten bestimmten von da an ihren Alltag. Häufig verbrachte sie mehrere Tage am Stück auf hoher See – und wuchs dabei über sich hinaus.

Unter dem Titel „Die Piratenstrategie“ hat sie nun ihr erstes Buch veröffentlicht. Darin möchte die Mettmannerin andere Menschen bestärken, mutiger zu leben. Mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zeigt sie wie das funktionieren kann. Voss erzählt dabei nicht nur von ihren eigenen Erfahrungen, sondern lässt sich von den Abenteuern der Piratinnen und Piraten inspirieren, die vor rund 400 Jahren lebten.

Mit 25 Jahren die Welt umsegelt: Reiselust liegt in der Familie

Ihre eigene Abenteuerlust kommt nicht von ungefähr. Genauso wie die Idee, ausgerechnet auf einem Segelschiff anzuheuern. „Ich bin in eine Familie hineingeboren, die immer gerne die Welt entdeckt hat“, erzählt sie. Ihr Großvater war der Einhandsegler Jörgen Meyer. Seit seiner zweiten Weltumseglung im Jahr 1975 gilt er als verschollen. „Der letzte Funkspruch kam aus Neuseeland. Vermutlich ist er im Südpazifik bei Kap Hoorn untergegangen“, sagt Voss. Und dennoch war es ihre Großmutter, die sie immer dazu ermutigt hat zu segeln.

Also ging sie wie ihr Großvater zur See und unterbrach dafür ihre Karriere im Bayer-Konzern. In Argentinien gestartet, machte sich Voss als Teil einer internationalen Crew auf den Weg die Welt zu umrunden. Über den Pazifik kam sie nach Australien. Der Indische Ozean führte sie nach Südafrika. Über den Atlantik ging es nach Brasilien und in die Karibik. Nach 14 Monaten ging sie schließlich in Bremen von Bord. Während dieser Reise lernte sie nicht nur viel über sich selbst, sondern auch was es heißt, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Stefanie Voss: „Ich habe aus jeder einzelnen Aktion etwas gelernt“

„Viele haben mir von der Reise abgeraten“, erzählt sie. Natürlich gab es während ihrer Weltumrundung auch anstrengende Momente. Mit zwölf Personen auf einer 20-Meter-Yacht hatte sie kaum Privatsphäre. Es gab wenig Ruhe, keinen Kühlschrank und auch keine Dusche. Und die Crew-Mitglieder hatten ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Zusammenleben. Da blieben Konflikte nicht aus, erinnert sich Voss. „Die Reise war schwierig, aber sie war ein Antrieb für alles, was in meinem Leben passiert ist.“

Auf der Segelreise von Stefanie Voss gab es unter anderem keinen Kühlschrank. Deswegen gab es frischen Fisch direkt aus dem Meer.
Auf der Segelreise von Stefanie Voss gab es unter anderem keinen Kühlschrank. Deswegen gab es frischen Fisch direkt aus dem Meer. © privat

Nach ihrer Weltreise kehrte sie erstmal zurück ins normale Leben. Sie steig wieder bei Bayer ein und wurde Abteilungsleiterin. Doch dann entschied sie sich nach 15-jähriger Unternehmenskarriere, ihr Leben zu verändern. Sie wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Der Grund dafür war eine schwere Schwangerschaftsvergiftung. Dabei wären Voss und ihr zweites Kind beinahe ums Leben gekommen. „Durch diese einschneidende Geburt habe ich gemerkt, dass ich zu viel Zeit in meinen Job investiert habe. Also wollte ich meine Zeiteinteilung radikal verändern. Und das konnte ich nicht als Angestellte.“

Heute ist sie Führungskräftetrainerin, Karriere-Coach, Moderatorin –und eben Buchautorin. Mit ihrem Ratgeber „Die Piratenstrategie“ möchte sie all diejenigen ansprechen, die mutiger in ihrem beruflichen oder privaten Leben sein möchten. Sie selbst hätte sich immer wieder gegen Ratschläge und Konventionen gestellt.„Natürlich habe ich nicht immer bekommen, was ich wollte. Aber ich habe aus jeder einzelnen Aktion etwas gelernt und Erfahrungen gesammelt.“

„Wir sollten uns den Dingen widmen, die uns wirklich wichtig sind“

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„Das Buch ist eine Einladung für mehr Wagemut, ohne dabei die große Revolution anzuzetteln“, sagt Voss. Durch die Pandemie und durch den Ukraine-Krieg habe sich in den letzten zwei Jahren Resignation in der Gesellschaft verbreitet, meint sie. Viele Menschen würden denken, dass sie nichts ändern könnten. „Ich glaube das nicht, weil ich der Meinung bin, dass wir immer etwas tun können“, so die Autorin, „denn wir sollten uns den Dingen widmen, die uns wirklich wichtig sind.“

Wie das geht, zeigt sie in ihrem Buch unter anderem mit den Geschichten von Piratinnen und Piraten der Vergangenheit. Die Chinesin Zheng Yisao war eine der wenigen Frauen unter den Piraten. Sie befehligte um 1800 eine ganze Schiffsflotte. Ebenso erzählt sie von Bartholomew Roberts. Er lebte Anfang des 18. Jahrhunderts und galt als diszipliniert. Seine Gesetze an Bord waren streng. Unter anderem waren Glücksspiele und Alkohol für seine Crew verboten. Laut Voss zeigen diese Beispiele, dass Seeräuberinnen und Seeräuber Dinge verändert hätten. In einer Welt voller Aristokratie und unfairer Machtverhältnisse hätten Piratinnen und Piraten bereits freiheitliche und basisdemokratische Strukturen gehabt.

Weg vom Status quo: Was man von Piraten lernen kann

Was man also heute noch von ihnen lernen kann? Dinge zu hinterfragen und den Status quo zu verändern. Genau wie damals gebe es auch heute noch Menschen, die das tun, meint Voss. Eine „moderne Piratin“ ist für sie zum Beispiel die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg. „Sie hatte nie das Gefühl zu klein und unbedeutend zu sein. Sie glaubt daran, dass es wichtig ist, wofür sie kämpft.“

“Die Piratenstrategie“ ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für alle, die mutiger im Leben sein wollen.
“Die Piratenstrategie“ ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für alle, die mutiger im Leben sein wollen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

In den eigenen Alltag ließen sich schon kleine Veränderungen integrieren, sagt die 48-Jährige. Das könnten die unterschiedlichsten Dinge sein: alleine in den Urlaub fahren, den Job kündigen oder endlich den Konflikt mit dem Kollegen lösen. Für ein mutigeres Leben müsse man sich nicht gleich auf große Segelreise durch die Südsee begeben, sagt Voss. Es beginnt schon damit, Ängste, Scham und Konventionen zu überwinden.

>> Zum Buch „Die Piratenstrategie“

  • Als Schritt-für-Schritt-Anleitung vermittelt Stefanie Voss in ihrem Buch „Die Piratenstrategie“ Tipps und Strategien für wagemutiges und Denken und Handeln mit praktischen Übungen.
  • Auf der Internetseite zum Buch www.piratenstrategie.de gibt es eine Wagemut-Weltkarte, auf der Geschichten aus aller Welt gesammelt werden.
  • Der Ratgeber ist für 24 Euro erhältlich. Weitere Informationen zur Autorin sind auf der Internetseite www.stefanie-voss.de zu finden.