Essen. Die Autorin Lisa Graf landete mit ihrer Dallmayr-Saga einen Bestseller. Ein Gespräch über Genuss, plötzlichen Erfolg und naserümpfende Kritiker.

Mit ihren beiden Romanen „Der Traum vom schönen Schein“ und „Der Glanz einer neuen Ära“ hat Lisa Graf zwei Bestseller-Erfolge gelandet. Laut Verlag wurden bislang insgesamt mehr als 220.000 Exemplare verkauft. Der zweite von der auf drei Bänden angelegten Saga um die Geschichte des Münchner Feinkost-Unternehmens Dallmayr ist gerade erschienen. Er spielt um das Jahr 1900, im Mittelpunkt steht die historische Figur der Therese Randlkofer, die nach dem Tod ihres Mannes die Firma leitet und damit den Grundstein für ein international agierendes Unternehmen legt. Dabei muss sie sich in einer von Männern geprägten Welt durchsetzen.

Lisa Graf, geboren in Passau und inzwischen in Berchtesgaden zuhause, schreibt in ihren Romanen über die Anfänge des Delikatessenladens in München. Vom Geschäft mit dem Kaffee war man damals noch weit entfernt, es geht um Pralinen und Parmaschinken, um frischen Hummer und teuren Champagner. Die Romane, beide rund 600 Seiten stark, leben aber auch viel vom Flair der Epoche um die Jahrhundertwende und natürlich von Liebe, Betrug und Herzschmerz. Walter Bau sprach mit Lisa Graf über den Erfolg ihrer Bücher, über die Ausstrahlungskraft des Namens Dallmayr und über ihre persönlichen Vorlieben bei kulinarischen Genüssen.

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Frau Graf, welche Idee stand am Anfang Ihrer Dallmayr-Bände. War es der Name des bekannten Unternehmens oder eher die spannende Epoche um die Jahrhundertwende?

Lisa Graf: Es war vor allem die reale Figur der Therese Randlkofer, die ja meine Hauptfigur ist. Ich hatte einen Zeitungsartikel über sie gelesen und war sofort von ihr fasziniert. Eine Frau, die um das Jahr 1900 gegen viele Konventionen und Vorurteile kämpft, ein florierendes Unternehmen in München führt, auf einem Muster-Bauernhof vor den Toren der Stadt eine Geflügelzucht aufbaut, ein eigenes Wasserkraftwerk bauen lässt, um selbst Strom zu erzeugen. Diese starke Frau, die ja im Grunde gar keine Ausbildung hatte, hat so viel angepackt und geschafft, so viel Erfolg gehabt. Das alles zu einer Zeit, als es um die Frauenrechte noch nicht so gut bestellt war.

Und der Name Dallmayr?

Klar, der hat mich natürlich auch angezogen.

Gibt es da eine Kooperation?

Bei meinen Büchern handelt es sich um historische Romane. Ich verbinde darin Realität und Fiktion. Dabei gab es keinerlei Zusammenarbeit mit der Firma Dallmayr, keinen Deal, keine Lizenzbeziehung oder etwas in der Art. Mich hat allein die Geschichte interessiert.

Wie haben Sie sich der Zeit um die Jahrhundertwende 1900 genähert, wo haben Sie recherchiert?

Monatelang habe ich Bibliotheken durchforstet, auch das Münchner Stadtarchiv. Ich habe Biografien und Geschichtsbücher gewälzt, in alten Familienchroniken und Tagebüchern gestöbert. Gerade in den Tagebüchern habe ich viele Anregungen gefunden für die fiktiven Personen in meinen Romanen. So konnte ich überzeugende und plausible Charaktere entwickeln.

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Die Dallmayr-Saga ist ja nicht ihr erstes literarisches Projekt.

Das stimmt. Ich habe beinahe mein ganzes Leben lang Bücher geschrieben. Als studierte Literaturwissenschaftlerin und Romanistin habe ich bei Fachverlagen an vielen Sachbüchern gearbeitet, beispielsweise an einem Deutsch-Lehrwerk. Eine Zeitlang war ich als Dolmetscherin für die Bundespolizei am Münchner Flughafen tätig. Dabei ging es oft um den Verdacht krimineller Vorgänge. Irgendwann hat es mich gejuckt und ich wollte diese Geschichten, die ich da am Flughafen aufgefangen habe, weiterspinnen. Daraus sind dann insgesamt zehn Kriminalromane entstanden.

Die beiden aktuellen Bücher der Saga sind ihre mit Abstand erfolgreichsten Veröffentlichungen. Beide schafften es nach weit vorn in den Bestsellerlisten. Beruht dieser Erfolg auch darauf, dass man sich als Leser in eine heilere Welt flüchten kann, angesichts unserer von vielen Krisen und Konflikten geprägten Zeit?

Da bin ich mir nicht sicher. Es ist eher die spannende Zeit der Belle Époque Münchens, die Künstler und Bohemiens, eine Epoche der Umwälzungen, politisch und gesellschaftlich. Und sicher spielt auch der bekannte Name Dallmayr eine Rolle. Vor allem aber, und da bin ich mir sehr sicher, sind die Leserinnen und Leser fasziniert von der Erfolgsgeschichte der Therese Randlkofer. Diese starke Frau, die sich in einer patriarchalischen Welt gegen Intrigen und Männerbünde durchgesetzt hat, interessiert vor allem Frauen heute sehr stark. Und ich zeige ja keine heile Welt. Es geht auch um Intrigen und dunkle Geheimnisse. Der Krieg kommt, nicht jeder kehrt davon zurück.

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Ist die Dallmayr-Saga ein Frauenbuch?

Frauen sind die Zielgruppe. Frauen lesen ja auch mehr als Männer (lacht). Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer, die den Roman mit einer gewissen Skepsis aufgeschlagen haben, nach der Lektüre positiv überrascht waren.

Wäre Ihre Dallmayr-Saga keine Literatur, sondern ein Musikstück, würde man wohl von U-Musik sprechen, von leichter Muse. Das klingt oft abfällig. Was antworten Sie Menschen, die über Romane wie Ihre die Nase rümpfen?

Zu einen gibt mir schließlich der Erfolg der Bücher recht. Natürlich zählt die Dallmayr-Saga zum Unterhaltungssegment, aber was ist an Unterhaltung auszusetzen? Im Übrigen gehört schon einiges dazu, einen Roman von mehr als 600 Seiten zu entwerfen und, um bei Ihrem musikalischen Vergleich zu bleiben, zu komponieren. Dazu die historischen und zeitgeschichtlichen Recherchen. Das alles zusammen ist eine Wahnsinnsarbeit. Aber all das müssen die Leserinnen und Leser auch gar nicht unbedingt wissen. Sie sollen von der Geschichte berührt und gefesselt werden, nicht von dem Aufwand, der dahintersteckt.

In den Romanen schwelgen Sie geradezu in Beschreibungen exquisiter Genüsse. Frischer Hummer, feinste Pralinés, erlesene Weine. Sind Sie selbst ein Genussmensch?

Ich esse gern gut, das stimmt. Aber ich brauche keinen Hummer. Bei Pralinen kann ich schon schlechter Nein sagen und ab und an ein Glas Champagner ist auch in Ordnung. Ich bin begeisterte Hobby-Bäckerin. Aber in den Romanen geht es nicht um mich und meine kulinarischen Vorlieben. Ich möchte die Leserinnen und Leser mitnehmen in diese Welt der Köstlichkeiten und Spezialitäten.

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Der zweite Band Ihrer Dallmayr-Reihe ist gerade erschienen, er reicht hinein in die Zeit des Ersten Weltkrieg und die Nachkriegszeit. Wird es weitere Bände geben?

Ich schreibe gerade am dritten Band. Er wird hauptsächlich in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gehen. Im Vordergrund stehen natürlich wieder Therese Randlkofer und das Unternehmen Dallmayr. Aber der Band wird auch das Ende der Saga bilden.

Wenn man die Bücher liest, kann man sich gut vorstellen, dass daraus mal ein Film werden könnte.

Antwort: Tatsächlich gibt es eine Option auf die Filmrechte an meinen Büchern. Aber es besteht keine konkrete Planung. Die Verfilmung solch eines historischen Romans ist natürlich sehr aufwendig, denken Sie nur an all die Kulissen aus der Zeit der Jahrhundertwende. Aber ich würde mich natürlich freuen, wenn eines Tages ein Film daraus wird.

Lisa Graf: „Der Traum vom schönen Leben“ und „Der Glanz einer neuen Ära“, Penguin Verlag, 640 bzw. 544 Seiten, jeweils ca. 16 Euro

Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen.Sie sind noch kein Abonnent?Hier geht es zu unseren Angeboten.