Iserlohn. Jürgen Schwerter aus Iserlohn fertigt in dritter Generation Kleiderhaken. Bekannte Designer gestalten seine Haken - auch mal ganz ungewöhnlich.

Tradition ist Jürgen Schwerter wichtig. Auch wenn sie einen Haken hat. Nein, falsch – gerade weil sie einen Haken hat: In der nunmehr dritten Generation verkauft der Iserlohner Unternehmer nämlich Garderobenhaken. „Und wir werden den Haken weiterhin die Treue halten“, fügt der 69-Jährige hinzu. Dabei räumt er ein, dass Hut-, Jacken- und Mantelhaken heutzutage „eigentlich keine richtige Heimat mehr haben“. Zumindest, was die Handelsebene betrifft. „So wie beispielsweise Solingen die Stadt der Messer und Klingen ist, so war früher Iserlohn einmal die Stadt der Garderobenhaken“, wird Jürgen Schwerter ein wenig nostalgisch.

Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Hermann übernahm Sohn Jürgen praktisch von heute auf morgen, im Jahre 1979, das Familienunternehmen, das der Großvater 1905 gegründet hatte und das mit Garderoben, Kleineisenwaren und eben Haken vielerlei Art im internationalen Geschäft erfolgreich war. Nach und nach kaufte der Jungunternehmer ab den 80er-Jahren in seiner Geburtsstadt Iserlohn gut ein Dutzend Firmen auf, die mit ihrer Hakenproduktion den Standort weit über die heimischen Grenzen bekannt gemacht hatten, nun aber allmählich in finanzielle Schieflage gerieten – die Haken-Heimat war in akuter Gefahr sozusagen.

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Am Haken festgehalten

Haken aus Schwerters Kollektion
Haken aus Schwerters Kollektion © HO | Firma Jürgen Schwerter

Das Produkt Haken in den damals überall aufschießenden Baumärkten zu etablieren, erwies sich auch für den rührigen Jürgen Schwerter als problematisch, einfach als zu nischenbezogen. „Der klassische Garderobenhaken war außerdem nicht mehr so gefragt; in den Wohnungen verdrängten Garderobenschränke die bisherigen Haken-Lösungen“, beschreibt Schwerter die Situation. Am Haken aber wollte er unbedingt festhalten, allein schon im Sinne der vorangegangenen Vater- und Großvater-Generation. Die schließlich zündende Idee kam 2010 über einen Kontakt zu Prof. Dr. Siegfried Gronert, Lehrstuhlinhaber für Design an der renommierten Bauhaus-Akademie in Weimar. Gemeinsam mit Gronert und dem Münsteraner Produktdesigner Peter Kirchhoff organisierte Jürgen Schwerter einen europaweiten Wettbewerb für Architekten und Designer, mit dem Ziel, ebenso originelle wie qualitätsvolle Garderobenhaken entwerfen zu lassen und dann zu produzieren. Der Haken sollte praktisch neu erfunden werden.

Die Idee dahinter: den gemeinen Garderobenhaken im modernen Wohn- und Lebensinterieur neu und gehaltvoll zu etablieren. Oder mit anderen Worten: Der Haken als markantes Begrüßungssignet im Wohn- und Hauseingang, als ein selbstbewusstes architektonisches Statement. Die internationale Resonanz auf den Wettbewerb war enorm. Und als Jürgen Schwerter dann zehn Jahre später noch einen zusätzlichen „Haken Award“ für Studierende ausschrieb, kamen weitere mehr als 130 ebenso kreative wie ausgefallene Entwürfe aus deutschsprachigen Hochschulen in Iserlohn an. Heute zählt Schwerters Haken-Palette an die 1000 unterschiedliche Formen und Farben.

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Symbiose von Architektur und Design

Die Symbiose von Architektur und Design ist es vor allem, die den Iserlohner Unternehmer bei seinem ambitionierten Haken-Projekt reizt. Das gestalterische Miteinander, das bestmögliche Produkt vom bebauten Gesamtraum hin zum kleinen Haken-Detail als auffälliges Einrichtungsaccessoire ist sein Anliegen. Kreative Köpfe aus Deutschland, Norwegen, Großbritannien, Österreich, Argentinien, der Schweiz und anderen Ländern, die sich längst mit preisgekrönten Gebäuden international hervorgetan haben, liefern nun die Ideen für die facettenreiche Produktreihe „Iserlohner Haken“.

Der 8er und die 3/4-Lösung

Da gibt es beispielsweise den so genannten „8er“-Haken des Architekten und Produktdesigners Jan Kleihues oder die einem Vogelschwarm nachempfundenen „Flock“-Haken der Südtiroler Design-Schmiede Plasma. Von Peter Kirchhoff (Münster) und seinem Firmenpartner Eduard Euwens stammt eine Serie bunter Garderobenknöpfe unter dem Titel „Planet“. Und aus dem Studierenden-Aufruf ging Robin Scholz als Absolvent der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch Gmünd mit seiner kreolen-artigen Haken-Lösung „3/4“ siegreich hervor.

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Der bislang vielleicht prominenteste Abnehmer von Iserlohner Designer-Haken ist kein Geringerer als der Bundesnachrichtendienst mit seinem neuen Domizil in Berlin. Wie sich seine Haken dort machen, kann Jürgen Schwerter allerdings gar nicht sagen: „Beim BND unterliegt natürlich alles größter Geheimhaltung, und so habe ich bisher noch nicht einmal ein Foto von meinen Haken dort gesehen“.

Sichtbar für alle ist dagegen Schwerters signifikante Haken-Philosophie, mit der der Unternehmer aus Iserlohn dem lange verkannten und kaum beachteten Einrichtungsgegenstand eine neue, aufwertende Perspektive als kunstvolles Wandobjekt eröffnen möchte.

Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen.Sie sind noch kein Abonnent? Hier geht es zu unseren Angeboten.