Köln. Das Historische-Straßenbahn-Museum in Köln erinnert an die ersten Bahnen. Damals war eine Fahrt geräusch- und schwungvoll – bitte einsteigen.

Was für eine Aufregung: Ein Gefährt auf Schienen – und das mitten in der Stadt –, konnte das gut gehen? Dass Pferde Karren und Kutschen ziehen, das kennt man. Aber eine richtige Bahn? „Man befürchtete angesichts der Enge der Straßen ein gewaltiges Verkehrschaos, ein hohes Unfallaufkommen und zu viel Unruhe in der Stadt. Das wollte man auf gar keinen Fall“, erinnert Doris Lindemann an die Anfänge der Straßenbahn – mit einer Pferdestärke. In einem Video ist sie zu sehen, der Internet-Besucher kann es beim virtuellen Rundgang des Historischen-Straßenbahn-Museums in Köln anklicken.

Pferdeäpfel auf der Straße

Zwischen Deutz und Kalk fuhr am 20. Mai 1877 die erste Pferdebahn in der Domstadt „und revolutionierte so auch den öffentlichen Personennahverkehr“, erklärt Lindemann, die sich im Verein des Museums engagiert. Coronabedingt ist die Ausstellung derzeit noch bis wahrscheinlich Oktober geschlossen, so dass also der ausgestellte Pferdebahnwagen 211 nur auf einem Bild bewundert werden kann. Ebenso das eingespannte Museumspferd Max, das natürlich nicht aus Fleisch und Blut ist.

Die erste Pferdebahn in Köln fuhr am 20. Mai 1877 los, die Menschen kamen so vergleichsweise bequem von Deutz nach Kalk.
Die erste Pferdebahn in Köln fuhr am 20. Mai 1877 los, die Menschen kamen so vergleichsweise bequem von Deutz nach Kalk. © KVB | KVB

Pferdeäpfel waren früher auf der Straße ein übliches Bild, das die Kölner jedoch nicht störte: „Die Fahrgäste waren sehr angetan von dieser bequemen Art – und vor allem der raschen Art des Fahrens in der Stadt“, so Lindemann. Doch: „Die Kölner Stadtväter beobachteten dieses Treiben mit einem gewissen Misstrauen.“ Sie mussten aber erkennen, „dass an diesem neuartigen Verkehrsmittel eigentlich gar kein Weg vorbeiführen würde“.

Immer mehr Menschen stiegen ein. Im Jahr 1894 zählte man bereits 27 Millionen Fahrgäste, so Lindemann. „Damit hatte man fast die Belastungsgrenze erreicht.“ Was nun? „Um die Jahrhundertwende hatte man es 1899 geschafft, den Straßenbahnbetrieb zu elektrifizieren.“ Doch noch bis 1907 trotteten die Pferdebahnen durch die Stadt – im Mai, 30 Jahre nach dem Start – fuhr die letzte durch Köln.

Aber auch ohne Gaul fasziniert die Straßenbahn: 140 Mitglieder zählt der Museumsverein, darunter sind ehemalige Straßenbahnfahrer. 24 Bahnen sind in der Wagenhalle eines ehemaligen Betriebshofs ausgestellt. Die älteste Bahn ist natürlich ein Pferdewagen von 1894, die jüngste ein sechsachsiger Triebwagen, Baujahr 1976.

Mit der alten Bahn auf Strecke

Einmal im Jahr gibt es auch eine Ausfahrt, mit dem „Finchen“. Eine Bahn von 1911, die nach Frechen fuhr – Linie F. Daher der umgangssprachliche Name mit F. Und wer darf das Finchen noch heute fahren? Der Ferdinand: „Gerade die alten Fahrzeuge, die haben ein Feeling“, sagt der Fahrer, der beim Vornamen bleibt, in einem weiteren Video: „Man muss das erleben.“

Der virtuelle Rundgang: einen Wagen anklicken – und schon startet ein Video.
Der virtuelle Rundgang: einen Wagen anklicken – und schon startet ein Video. © hsk-koeln.de | hsk-koeln.de

Genauso wie früher ist es aber auch dann nicht: „Jeder Wagen hatte einen Schaffner dabei.“ Aber die Ohren fühlen sich auch heute noch während der Fahrt an eine Eisenbahn erinnert. „Dieses Klack-Klack, Klack-Klack.“ Und dann fährt Ferdinand im Video los, lässt das Finchen pfeifen. „Das sind die Geräusche, die braucht man auch dabei.“ Zu normalen Öffnungszeiten darf der Besucher im Museum ebenfalls einsteigen und auf alten Holzbänken Platz nehmen. Was früher normal war, bekritteln heute viele als: „zu hart“.

Fahrt niemals mit ungeschützten Hutnadeln

In die Jahre gekommen ist das Finchen, viel Pflege braucht es. Dabei ist die Bahn noch ein junger Hüpfer im Vergleich zur ersten Elektrischen. Der wieder aufbereitete Wagen mit der Nummer 407 steht für diese Generation. Ab 1901 drehte die Elektrische ihre Runden, wie der „Peter“ in einem Video erzählt. „Die Straßenbahn fuhr bis zu 25 km/h.“ Lediglich 16 Sitz- und 14 Stehplätze gab es in einem Wagen. Es war so eng, dass „Damen mit ungeschützten Hutnadeln von der Fahrt ausgeschlossen wurden“, wie auf der Internetseite über diesen Wagen ohne Frontscheibe zu lesen ist. „Allerdings reisten die Kunden einigermaßen bequem – Fahrer und Schaffner dagegen mussten ungeschützt bei Wind und Wetter ihren Dienst verrichten.“ 385 Bahnen dieses Typs gab es mal in Köln. Peter: „Kein Fahrzeug hat den Krieg überstanden.“

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Unbeschwertere Zeiten verspricht der Name dieser Bahn: „Samba“. Dieser Wagen war kein Partyzug. Im Video sowie auf der erst kürzlich überarbeiteten Internetseite des Museums ist zu erfahren: „Obwohl sie im Allgemeinen ruhig und schlingerfrei liefen, konnte es bei einer nicht ganz exakten Gleislage zu einem sanften Hin- und Herwiegen des Wagens kommen, was die Fahrgäste offenbar an den in der Nachkriegszeit höchst populären Tanz erinnerte.“

Dass sich über Fortschritt nicht immer alle freuen, zeigt schließlich dieses Beispiel von 1957: Da wurde Geld gespart, indem man Schaffner entließ. Man benötigte nicht mehr mehrere, sondern nur noch einen – ein Gelenkwagen erübrigte gekoppelte Waggons. Und da diese Bahn zur gleichen Zeit in Köln auf Strecke ging, wie die Russen ihren ersten Erdsatelliten auf eine Umlaufbahn ins All schickten, wundert auch der Name dieses Modells nicht: „Sputnik“.

Straßenbahnmuseum Thielenbruch: hsk.koeln. Unter „Museum“ findet man den virtuellen Rundgang.