Essen. . Kosenamen schaffen Nähe zwischen Liebenden. Spitznamen können dagegen auch aggressiv wirken. Wie Menschen zu ihren Beinamen kommen.

Sehnen Sie sich nach viel Aufmerksamkeit? Dann stellen Sie sich einfach auf einen x-beliebigen Marktplatz und rufen dieses eine bestimmte Wort. Frauen und Männer werden sich nach Ihnen umdrehen. Jungen und Mädchen. Und vielleicht sogar ein Hund, wenn Sie laut fragen: „Schatz?“

„Schatz“ ist der beliebteste deutsche Kosename. So das Ergebnis einer Studie des Sprachwissenschaftlers Jan Claas Freienstein, der über 1000 Liebespaare nach ihren ganz persönlichen Anreden befragt hat. Der geliebte Mensch ist das Wertvollste im Leben, der größte Schatz. So die Erklärung für den Kosenamen-Klassiker. Ähnlich beliebt sind Tiere: Maus, Hase und Bär. „Da sind bestimmte Geschlechterrollen in den Kosenamen eingefroren“, so Freienstein. Frauen bekommen meist Namen von kleinen, süßen, schützenswerten Tieren, während Männer nach großen Lebewesen benannt werden: „Der Bär ist ein kräftiges Tier, das auch mal aggressiv werden kann.“ Und behaart ist er auch.

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Neben diesen Kosenamen-Lieblingen kommen den Liebenden ebenso Wörter über die Lippen, bei denen andere nur die Stirn runzeln. Dahinter stecken verbindende Geschichten. Eine Befragte erzählte zum Beispiel, dass sie ihren Mann nach einem gemeinsamen Erlebnis den Kosenamen „Affe“ gegeben habe: „Karneval bin ich als Pippi Langstrumpf gegangen und meinte zu meinem Freund, er könnte mein Äffchen, Herr Nilsson, sein.“

Jedes Wort kann zum Kosenamen werden

„Jedes Wort kann zum Kosenamen werden“, sagt der Augsburger Forscher. Oft wird auch einfach nur ein verniedlichendes -i oder -chen an den echten Vornamen gehangen. Mit dem Kosenamen festigen die Liebenden ihre Beziehung, sie schaffen ein Gefühl der Nähe. Das ist ein Unterschied zu Spitznamen, die zwar im Freundeskreis oft auch eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe signalisieren, aber: „Spitznamen können ein aggressives Potenzial haben“, so der 45-jährige Wissenschaftler. Nicht umsonst kommt das Wort „Spitze“ darin vor. „Theke“ ist ein Beispiel – Schüler haben ihren trinkfreudigen Lehrer so betitelt. Eigenschaften eines Menschen prägen den Spitznamen oder auch körperliche Merkmale, wie bei „Dicker“. „Das kann aber auch ironisch gemeint sein, bei einem ganz schlanken Menschen.“

An manchen Personen hängt der noch so lieb gemeinte Spitzname wie Pech und Schwefel. Da werden Erwachsene noch im Berufsleben wenig respekteinflößend „Schnuckel“ genannt. Freienstein macht kaum Hoffnung, dass man das ändern kann: „Am besten geht man einfach darüber hinweg.“ Wie es deutsche Politiker tun: Helmut Kohl hat die „Birne“ ausgesessen, Angela Merkel ignoriert die „Mutti“.

Zum Glück kennen die meisten ihren Spitznamen gar nicht. Und Kosenamen – Schatz, Maus oder Bär – bleiben meist unter den Liebenden. „Je offizieller es wird, desto weniger wird der Kosename verwendet.“ Oder wer würde seinem Chef gegenüber erwähnen, dass man mit „Affe“ in den Urlaub fährt?