Essen. Düsseldorfer LEG will Zehntausende kleine Wärmepumpen in Wohnungen bauen, wie man sie aus Südeuropa kennt. Das sind die Vor- und Nachteile.

Deutschland tut sich schwer mit seiner Wärmewende, setzt auf den millionenfachen Einbau von Wärmepumpen, die in dieser Masse Handwerker, Stromnetze und die Portemonnaies der Hausbesitzer zu überfordern drohen. Dass es auch schneller geht, zeigen vor allem südeuropäische Länder – mit kleinen Anlagen, die deutsche Italien-Urlauber im Sommer eher als Klimaanlagen wahrnehmen, die aber auch heizen können. Weil sie günstiger, massenhaft verfügbar und leichter einzubauen sind, setzt nun die LEG, Deutschlands zweitgrößter Wohnungskonzern, auf diese dezentralen Wärmepumpen. Und geht damit einen anderen Weg als den von der Bundesregierung bereiteten. Warum die damit fremdelt, was die Vor- und Nachteile sind – Fragen und Antworten:

Worauf setzt die Regierung?

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) favorisiert und fördert vor allem größere Anlagen, die auch Mehrfamilienhäuser zentral heizen können. Dies sind Luft-Wasser-Wärmepumpen, die aus Umgebungsluft mittels Kältemittel und Verdampfer Wasser erwärmen, das durch die Heizkörper oder Fußbodenheizung fließt. Gleichzeitig sorgen sie fürs Warmwasser zum Duschen und Spülen. Diese Wärmepumpen können draußen vor dem Haus, im Garten oder auch auf dem Dachboden stehen, sie funktionieren am besten in gut gedämmten Gebäuden. Große Hersteller wie Viessmann, Vaillant, Bosch und Stiebel kommen aus Deutschland. Die Lieferzeiten betragen derzeit acht bis zwölf Monate.

Worauf setzt die LEG?

Anders und technisch einfacher funktionieren die Luft-Luft-Wärmepumpen: Sie saugen Luft an, erwärmen oder kühlen sie und blasen sie in den Raum. Das Hauptgerät wird außen montiert, etwa unterm Balkon oder auf dem Dach, und ein oder mehrere Luftumwälzer innen, die mit dem Außengerät verbunden sind. Das Warmwasser muss gesondert bereitet werden. Die größten Hersteller wie Samsung, Panasonic, Daikin oder LG kommen aus Asien. Die LEG hat Mitsubishi als Partner, die Japaner produzieren auch in Deutschland. Lieferengpässe gibt es praktisch keine.

Was spricht für diese Art der Wärmepumpe?

Für den Düsseldorfer LEG-Konzern haben diese Geräte zunächst einmal nur Vorteile. Sie funktionieren auch in schlecht gedämmten Häusern, mit ihnen lassen sich defekte Gasetagenheizungen einzeln ersetzen, so dass ein Mehrparteienhaus nach und nach umgerüstet werden kann. Laut LEG wird ein Gebäude der Energieklasse „G“ so auf „C“ gehoben. Die Montage sei an einem Tag erledigt, die Mieterinnen und Mieter können also in ihrer Wohnung bleiben. Und die „Raumklimageräte“, wie die Heizungsbranche sie nennt, sind viel günstiger. Die LEG will so ihre Kosten für die Erreichung der Klimaziele bis 2030 von bisher veranschlagten 1,5 Milliarden Euro auf eine Milliarde senken. Nach erfolgreichen Pilotprojekten gab die LEG am Mittwoch bekannt, nun mit dem großen Rollout zu beginnen. Die Tests unter anderem in Duisburg seien gut gelaufen, die befragten Mieter sehr zufrieden. Künftig will der Konzern bis zu 9000 dieser Geräte pro Jahr in seinen Gebäuden mit insgesamt rund 120.000 Wohnungen einbauen. Daneben baut LEG je nach Gebäudetyp auch Luft-Wasser-Wärmepumpen ein, ersetzt dadurch etwa Gas-Zentralheizungen.

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Reichen die Stromnetze dafür aus?

Der große Bochumer Konkurrent Vonovia setzt in seiner Wärmepumpen-Offensive auf die von der Regierung bevorzugten Luft-Wasser-Geräte. Und ärgerte sich zuletzt darüber, dass viele der installierten Anlagen noch nicht laufen, weil das örtliche Stromnetz dafür nicht ausreicht. Auch hier sieht die LEG einen Vorteil in den dezentralen Anlagen, für die in der Regel der bestehende Hausanschluss ausreiche, so eine Konzernsprecherin.

Mit zunehmendem Einbau und wenn etwa Ladesäulen für Elektroautos hinzukommen, werde natürlich auch bei dieser Technik ein Netzausbau notwendig. Aber er kann über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Einen Zeitgewinn bedeute auch der schnellere Einbau, was angesichts des Fachkräftemangels im Handwerk ein weiteres Argument für diese Anlagen sei.

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Was kostet der Verbrauch?

Laut LEG sind durch den Wechsel vom Gas auf die Wärmepumpen die Heizkosten für die Mieterinnen und Mieter mindestens konstant geblieben, tendenziell eher günstiger geworden. Wie sich das künftig entwickelt, hängst von Gas- und Strompreisen ab. Die Bundesregierung baut darauf, dass Strom mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien günstiger wird, Gas dürfte teuer bleiben.

Was sind die Nachteile?

Die Geräte sind nicht geräuschfrei, die zirkulierende Luft ist zwar gut für das Raumklima, aber nicht jedermanns Sache. Die Politik fremdelt mit diesen Anlagen, weil sie einen höheren Stromverbrauch befürchtet als bei Luft-Wasser-Wärmepumpen. Sie sind zwar ähnlich effizient. Doch die Luft-Luft-Technik eignet sich im Sommer viel besser auch als Klimaanlage als die nur eingeschränkt mögliche Kühlung über das Wasser in Heizkörpern oder den Fußbodenschläuchen. Deshalb dürften sie auch mehr zur Kühlung eingesetzt werden und entsprechend Strom verbrauchen. Zweitens wird der Vorteil, dass sich mit warmer Luft auch unsanierte Altbauten gut heizen lassen, zum Nachteil, wenn man das Ziel verfolgt, die Häuser möglichst gut zu dämmen. Schließlich ziehen die Anlagen in schlecht gedämmten Gebäuden auch mehr Strom.

Gibt es einen Zielkonflikt mit dem Kältemittel-Verbot?

Die asiatischen Hersteller verwenden meist noch fluorierte, chemische Mittel (F-Gase), die in Deutschland und Europa demnächst verboten und durch natürliche ersetzt werden sollen. Das gängigste natürliche Kältemittel, Propan, ist brennbar. Zwar gilt das Risiko als sehr gering, dennoch hat man es lieber draußen in der Luft-Wasser-Wärmepumpe als in der Wohnung. Der Fachverband fordert deshalb längere Übergangsfristen für die herkömmlichen Kältemittel. „Wir stehen zum Ausstieg aus den F-Gasen. Aber das Verbot zu beschleunigen und gleichzeitig den Einbau von Wärmepumpen beschleunigen zu wollen, passt nicht zusammen“, sagt Frank Ernst, Geschäftsführer des Fachverbands Gebäude Klima (FGK), unserer Redaktion.

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Wo liegt das größte Potenzial der Luft-Luft-Wärmepumpen?

Der Verband hält sie für eine „gute Ergänzung“, glaubt aber nicht, dass sie die etablierten Systeme mit ihren Wasserleitungen und Heizkörpern verdrängen werden. Das größte Potenzial sieht Frank Ernst – wie die LEG – in Mehrparteienhäusern in dicht bebauten Großstadtsiedlungen mit Gasetagenheizungen. Davon gibt es bundesweit vier Millionen Wohnungen und besonders viele im Ruhrgebiet. Besitzer, die diese Häuser zuerst dämmen und dann eine große Wärmepumpe als neue Zentralheizung einbauen müssten, seien mit den Kosten schnell überfordert, so Ernst.

Werden diese Anlagen auch gefördert?

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Seit Ende 2022 sind Luft-Luft-Wärmepumpen grundsätzlich im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung förderfähig, wegen Problemen bei der Zertifizierung wurde die Beantragung zwischenzeitlich ausgesetzt, die Listung der förderfähigen Geräte läuft. In Habecks neuem Heizungsgesetz, das weitere Boni für die Umrüstung und so eine Verdopplung der Förderung auf bis zu 40 Prozent der Kosten vorsieht, werden sie aber nicht aufgeführt. Der Branchenverband FGK fordert hier Technologieoffenheit, also die volle Förderung auch für diese Geräte.