Essen. Auch in NRW haben am Mittwoch Beschäftigte von Galeria Kaufhof Karstadt gestreikt. Es geht um die Rückkehr in den Tarifvertrag.

Die Gewerkschaft Verdi hat die Streiks bei der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ausgeweitet. Seit diesem Mittwoch, 12. April, sind auch Beschäftigte in NRW zum Streik aufgerufen - aber vorerst nur an Standorten, die geschlossen werden sollen, war aus Betriebsratskreisen zu erfahren. Hintergrund sind die stockenden Tarifverhandlungen.

Die Gewerkschaft Verdi habe Galeria-Mitarbeiter in knapp 30 Filialen in Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu Warnstreiks aufgerufen, sagte Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble am Mittwoch. Ein Galeria-Sprecher berichtete von Arbeitsniederlegungen in 22 Filialen. Er betonte aber auch: „Alle Warenhäuser sind offen, und so wird es auch bleiben.“

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In der Essener Galeria-Zentrale ist man stolz darauf, dass in der langen Unternehmensgeschichte, die bis ins Jahr 1881 zurückreicht, ein Warenhaus niemals aufgrund eines Streiks komplett schließen musste. Ob der Konzern auch an diesem Mittwoch so viele Führungskräfte aufbieten kann, um den Filialbetrieb aufrechtzuerhalten, wird sich zeigen. Denn Verdi will den Druck für die Forderung nach Rückkehr in den Flächentarifvertrag erhöhen. Bereits am Karsamstag hatte es Streiks in Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg gegeben. Der Verkauf ging aber weiter.

15 der 31 Galeria-Filialen in NRW vor dem Aus

In NRW soll laut Verdi nur in den Filialen die Arbeit ruhen, die auf der Schließungsliste stehen. In Rhein und Ruhr sind das unter anderem Dortmund, Essen, Hagen, Gelsenkirchen, Duisburg (Düsseldorfer Straße) und Düsseldorf (Schadowstraße). Nordrhein-Westfalen ist von der Schließungswelle besonders hart betroffen. Hier stehen 15 der 31 Warenhäuser vor dem Aus.

Die Karstadt-Arkaden im Mülheimer Rhein-Ruhr-Zentrum öffneten am Mittwoch nach Plan. Einen Streikaufruf gebe es für diese Filiale nicht, die den Sanierungsplänen nach erhalten bleiben soll. Auch die Karstadt-Filiale in Dortmund war am Mittwoch geöffnet, hieß es - obwohl dieses Haus vor der Schließung steht.

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„Die Belegschaften stecken seit vielen Jahren Geld in die Sanierung des Unternehmens und verzichten auf bis zu 5500 Euro jedes Jahr“, sagte Marcel Schäuble, Verdi-Verhandlungsführer bei den Tarifverhandlungen. Im Vorfeld der nächsten Tarifrunde, die für den 27. April angesetzt ist, hatte die Galeria-Geschäftsführung deutlich gemacht, dass sie in Anbetracht des noch laufenden Insolvenzverfahrens und der geplanten Modernisierung vieler Filialen in den nächsten drei Jahren keinen Spielraum für die Rückkehr in den Tarifvertrag sehe.

Verdi lehnt neuerlichen Lohnverzicht ab

„Dass die Arbeitgeber jetzt erneut Lohnverzicht fordern, bringt Menschen bei Galeria auf die Straße“, schimpft Schäuble. Nach Angaben des Verdi-Manns hätten sich bereits knapp 1000 Beschäftigte am Karsamstag an Streikaktionen beteiligt. „Dass Belegschaften sowohl in von Schließung betroffenen Häusern als auch in den sogenannten Fortführungsfilialen sich am Streik für die Rückkehr in die Tarifbindung des Einzelhandels beteiligt haben, zeigt, wie groß die Wut der Beschäftigten ist“, meint der Verhandlungsführer. Der Insolvenzplan sieht vor, dass sich Galeria bundesweit von 47 der bislang 129 Warenhäuser trennt. Für einige Standorte laufen noch Nachverhandlungen mit Vermietern. An bis zu 25 Filialen ist der Dortmunder Textilunternehmer Friedrich Göbel interessiert.

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Verdi weitet die Streiks aus, obwohl Management und Insolvenzverwaltung die Arbeitsniederlegungen am Gründonnerstag als „offensichtlich rechtswidrig“ bezeichnet und den streikenden Beschäftigten sowie der Gewerkschaft mit Regressansprüchen gedroht hatten. Bislang ist nicht bekannt, ob das Unternehmen die Streiks gerichtlich stoppen lassen will. Silke Zimmer, Einzelhandel-Fachgruppenleiterin bei Verdi in NRW, weist die Vorwürfe zurück: „Die Streiks sind rechtmäßig“, sagt sie unserer Redaktion. Bereits im Insolvenzverfahren 2020 habe Galeria ohne Erfolg versucht, das Streikrecht in Frage zu stellen.

Wut und Enttäuschung in der Galeria-Belegschaft

Die Stimmung bei Galeria ist nicht nur deshalb so schlecht, weil bis zu 4000 Stellen in den zu schließenden Warenhäusern und in der Essener Verwaltung wegfallen sollen. Auch in den Filialen mit Zukunft gibt es Kündigungen und Versetzungen, die offenbar zu Einsparungen bei den Personalkosten führen sollen.

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„Es geht um die Zukunft der Menschen bei Galeria“, sagt deshalb Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger, „und Zukunft heißt, dass sie sichere Arbeitsplätze zu guten tariflich abgesicherten Bedingungen haben. Daran hängt letztlich die Existenz unserer Kolleginnen. Deshalb herrscht neben der Wut große Enttäuschung über das Verhalten des Arbeitgebers, der bislang nicht zu den Flächentarifverträgen des Einzelhandels zurückkehren will.“