Essen. Das Ruhrgebiet stellt Weichen für neue Bauausstellung, die den Traum von Olympia näher bringen soll. Vorbild soll der Emscherumbau sein.

Für seine ehrgeizigen Pläne, grünste Industrieregion der Welt zu werden, braucht das Ruhrgebiet Projekte mit Strahlkraft, potente Geldgeber und Fürsprecher. Die Werbetour ist bereits in vollem Gang.

Frank Dudda hat eine klare Agenda. „Wir wollen eine Dekade der Infrastruktur‐Erneuerung im Ruhrgebiet einläuten“, sagt der Herner Oberbürgermeister und Vorsitzende der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr (RVR). Der Umstieg von Kohle auf Wasserstoff, die Digitalisierung und die Sanierung brach liegender Industrieflächen sollen nach seinen Vorstellungen in einer Leistungsschau münden, die an die erfolgreiche Internationale Bauausstellung (IBA) von 1989 bis 1999 anknüpfen soll. Die Krönung, so schwebt es dem Sozialdemokraten vor, könnten die Olympischen Spiele 2036 oder 2040 an Rhein und Ruhr sein.

Auch interessant

Erste Pflöcke für Großprojekte auf dem langen Weg zum großen Ziel sind eingeschlagen: Vor einigen Tagen erteilte der Verbandsausschuss des Ruhrparlaments dem Team um RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel offiziell den Auftrag, mit der „Vorprüfung für geeignete regionale Großformate ab 2030“ zu beginnen. Ein Workshop soll rasch mit der Arbeit beginnen und „unterschiedliche Modelle“ entwickeln. Dudda hat eine „starke Organisation“ vor Augen. Den offiziellen Startschuss für die IBA 2.0 soll die Verbandsversammlung am 31. März geben. Eine Mehrheit der Großen Koalition aus SPD und CDU im Ruhrparlament gilt als sicher.

Klinkenputzen in Brüssel und Berlin

Derweil läuft das Klinkenputzen auch außerhalb des Ruhrgebiets. Im Herbst hatte eine Delegation aus dem Revier der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Grünwerdung der hiesigen Industrieregion schmackhaft gemacht. Beim Parlamentarischen Abend der Emschergenossenschaft in der deutschen Hauptstadt Berlin schlug jüngst auch der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil auf. „Wir haben gesehen, dass ein LNG-Terminal in Niedersachsen in 200 Tagen gebaut wurde“, sagte der Politiker vor der illustren Runde mit mehr als 100 Gästen. „Diese neue Deutschland-Geschwindigkeit brauchen wir jetzt insgesamt für den klimaneutralen Umbau unserer Industrie und für die Modernisierung unserer Infrastruktur.“

Auch interessant

Als gutes Beispiel für das neue Tempo nannte Klingbeil auch die Renaturierung der Emscher, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dessen Besuch in Castrop-Rauxel im vergangenen Jahr „nachhaltig positiv in Erinnerung geblieben“ sei. Das 5,5 Milliarden Euro teure Umbau-Projekt soll als Beweis dafür gelten, welche Kraft in der Region zwischen Dortmund und Duisburg steckt.

Emscherumbau, Internationale Bauaustellung, Olympia

„Wir haben in Berlin deutlich gemacht, dass sich das Ruhrgebiet nicht verstecken muss. Die Emschergenossenschaft hat zum Beispiel an der neuen Wasserstrategie der Bundesregierung mitgewirkt“, betont Ulrich Paetzel, der Chef der Emschergenossenschaft, im Gespräch mit unserer Redaktion. Werben will das Revier für sich aber mit seinem Meisterstück. „Gute Erfahrungen beim Emscherumbau können wir international weitergeben. Dazu gehört, dass Bau, Betrieb und Planung bei großen Projekten in einer Hand liegen sollten“, sagt Paetzel. „Auf Strategien gegen Hitze in Städten, Dürre und Hochwasserschutz haben wir im Ruhrgebiet bereits Antworten gegeben. “

Auch interessant

Der Herr über Emscher und Lippe hat auch schon eine Idee, wie das Ziel, grünste Industrieregion der Welt zu werden, abseits der erwarteten Förderungen von Bund, Land und EU beschleunigt werden könne. „In Infrastrukturgenossenschaften können wir private und öffentliche Kräfte bündeln, um mehr Geschwindigkeit bei der Energiewende, der Digitalisierung oder beim Bau von Radwegen aufzunehmen“, schlägt Paetzel vor. Das Ruhrgebiet brauche etwa eine einheitliche App, die bei der Parkplatzsuche hilft und nicht unterschiedliche Lösungen in jeder Stadt.

Genossenschaft soll Energiewende voranbringen

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier:

„Die Kommunen allein haben gar nicht die Ressourcen, solche Entwicklungen zu bewältigen“, meint der Chef der Emschergenossenschaft und empfiehlt abermals einen Blick nach Castrop-Rauxel. Dort ist eine Genossenschaft zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Flächen gegründet worden. „Dabei geht es in Dortmund, Herne und Castrop-Rauxel um den Weinanbau auf zwei Hektar, Landwirtschaft und Hochwasserschutz“, sagt Paetzel. „Mit diesem Modell wollen wir zeigen, dass Genossenschaften Infrastruktur voranbringen können.“

podcast-image