Düsseldorf. Der Lebensmittelverkauf direkt auf dem Bauernhof hat zu Beginn der Pandemie eine Boom erlebt. Inzwischen ist es ruhiger geworden.
Ein Teil der Hofläden und Direktverkaufsstellen der landwirtschaftlichen Betriebe bekommt nach einem Boom zu Beginn der Corona-Pandemie Sparzwänge der Verbraucher zu spüren. Nach Daten der GfK-Marktforscher hat dieser Absatzkanal in den ersten elf Monaten 2022 deutlich gelitten. Mit minus 16,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum sei die Umsatzentwicklung in diesem Bereich stark negativ, sagte GfK-Experte Robert Kecskes der dpa.
Auch die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen berichtete vor wenigen Wochen, dass zumindest ein Teil der Landwirte bei der Direktvermarktung von Milch über Verkaufsautomaten eine Kaufzurückhaltung zu spüren bekommt. „Und auch da ist gerade durchaus eine schwierige Zeit“, sagte der westfälische Verbandsvorsitzende Benedikt Langemeyer. Dies sei von Berufskollegen zu hören.
Viele Milchbauern haben zunächst vor Preiserhöhung zurückgeschreckt
Wer eine strategisch gut Position mit seinem Milchautomat habe etwa an einer viel befahrenen Straße oder im Speckgürtel einer großen Stadt, da funktioniere die Direktvermarktung weiter gut. Wer allerdings etwas abgelegener sei, der merke jetzt durchaus schon, dass der Verbraucher spare und nicht mehr den Weg so häufig dorthin nehme. Die Nachfrageentwicklung sei ähnlich wie bei Hofläden.
Laut der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW sind auch deutlich günstigere Angebote für gebrauchte Milchverkaufsautomaten ein Indiz dafür, dass sich die Situation im abgelaufenen Jahr verschlechtert habe. Viele Milchbauern hätten trotz massiver Kostensteigerungen zunächst auch vor Preiserhöhungen am Milchautomaten zurückgeschreckt, weil man befürchte, dass dann weiteren Kunden wegbleiben könnten.
Knappe Personalsituation auf den Höfen
Allerdings werde nicht einmal ein Prozent der Milchmenge direkt auf den Höfen vermarktet. Auf diesem Weg könne vielleicht die Milch von ein oder zwei Kühen, aber nicht ein Großteil der Milchmenge eines Hofes vermarktet werden. Neben der Verbrauchernachfrage spielten für Milchbauern weitere Punkte wie eine knappe Personalsituation und Auflagen eine Rolle, wenn sie keinen Direktverkauf mehr anbieten.
„Es war immer ein kleiner Nebenerwerb für einen Betrieb, wo es läuft“, sagte der rheinische Verbandsvorsitzende Hans Stöcker vor wenigen Wochen bei der Jahresbilanz der Landesvereinigung. Dann setze aber die deutsche Bürokratie ein. Auch diese Kleinigkeiten müssten heute mit einer Registratur versehen und geeicht werden. Damit entstünden Kosten. „Viele hören deswegen eben auf“, schilderte er.
Aktuelle Zahlen, an wie vielen Stellen in Nordrhein-Westfalen Milch an einem Automat direkt auf dem Hof gekauft werden kann, liegen der Landesvereinigung nicht vor. Nach einem mehrere Jahre zurückliegenden Überblick gab es damals etwa 70 sogenannter Milch-Tankstellen in NRW. (dpa)
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