Essen. Fitness in der Energiekrise: McFit schließt einige Filialen nachts, andere schalten Saunen ab. Das Sportforum Castrop baut lieber ein Solardach.
Einmal noch drücken und sich das warme Wasser den Rücken runter prasseln lassen. Und vielleicht doch noch einmal. Wem es bisher an Motivation gefehlt hat, endlich häufiger ins Fitnessstudio zu gehen als die Monatsrate vom Konto, könnte den entscheidenden Schubser durch die letzte Gasrechnung erhalten haben. Das lässt zumindest der Satz erahnen, der nach dem Training in der Nasszelle derzeit am häufigsten fällt: „Endlich mal wieder schön lange duschen, herrlich.“ Finden die Betreiber eher nicht.
Die Rekordpreise für Strom und Wärme machen fast allen Branchen zu schaffen, den Fitness-Unternehmen aber besonders. Ihre Trainingshallen, das Duschwasser und die Sauna zu beheizen, treibt ihre Kosten derzeit in ungekannte Höhen. Drei von vier Anbietern, das ergab die jüngste Umfrage des Verbandes deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV), versuchen bereits mit diversen Sparmaßnahmen die Energiekosten in Grenzen zu halten. Sie reichen von der Beleuchtung über das Abschalten der Sauna bis zur Reduzierung der Öffnungszeiten.
Einige McFit-Studios bleiben ab November nachts zu
Prominentestes Beispiel ist der Marktführer: McFit, mit mehr als einer Million Mitgliedern in Deutschland die klare Nummer eins, reduziert in einigen Filialen die Öffnungszeiten, etwa in Mülheim, im Essener Norden, im Duisburger Süden und im Bochumer Osten, wie stichprobenartige Nachfragen ergaben. Damit bricht der Discounter in einigen Filialen mit seinem Rund-um-die-Uhr-Versprechen, das er seit Jahrzehnten eingehalten hat. „Nun zwingt uns die aktuelle Situation zum Umdenken. Wie auch alle anderen Betriebe, müssen wir aufgrund der Krise unseren Energieverbrauch senken, um aktiv einen Beitrag zu leisten“, heißt es in einem Schreiben an ein Mitglied. Ab dem 1. November schließt das Studio daher von Mitternacht bis 6 Uhr.
Die meisten McFits bleiben aber rund um die Uhr geöffnet, wie aus den Studios im Ruhrgebiet zu hören ist, wie viele ab November nachts schließen, war vom Unternehmen nicht zu erfahren. „Von der nächtlichen Schließung ist aktuell nur ein geringer Teil unserer McFit Studios betroffen“, erklärte Unternehmenssprecher Pierre Geisensetter. Vorab sei ermittelt worden, welche Filialen nachts am wenigsten genutzt werden.
Essener Kette FitX senkt Raumtemperatur auf 19 Grad
Die Essener Kette FitX, laut DSSV aktuelle Nummer zwei, wirbt ebenfalls damit, sieben Tage die Woche je 24 Stunden geöffnet zu haben. Sie plane „aktuell nicht, unsere Öffnungszeiten zu ändern“, erklärte sie. FitX heizt ihre 101 Filialen in Deutschland ab September nur noch auf 19 Grad und schaltet die Außenbeleuchtung „von 22 bis 16 Uhr ab“. Die Nachtabschaltung von Außenreklame hatte die Bundesregierung in ihrer Energiesparverordnung von 22 bis 6 Uhr festgelegt.
Rund zehn Millionen Deutsche sind Mitglied in einem Fitnessstudio, die Mehrheit in einer der großen Ketten, rund 40 Prozent aber auch in inhabergeführten Einzelbetrieben. Ein Familienbetrieb ist das Sportforum Castrop. Der Gaspreis habe sich seit Jahresbeginn verdreifacht, sagt Johannes Langer, der Strom um das zweieinhalbfache. Sie hoffe, die Mitgliedsbeiträge trotzdem stabil halten zu können, sagt seine Mutter Doris Langer.
Familienbetrieb in Castrop-Rauxel baut Solaranlage
Dafür hat sich die Familie einiges einfallen lassen und investiert. Auf die Dächer kommen Solarmodule, die bald ein Viertel des Stromverbrauchs abdecken sollen, im nächsten Ausbauschritt dann 80 Prozent. Die Beleuchtung haben die Langers auf sparsamere LED-Technik umgestellt, die Außenwerbung wird um 22 Uhr ausgeschaltet. Eine von den beiden Saunen nun um eine halbe Stunde zeitversetzt angeschaltet, um Spitzenverbräuche zu vermeiden, die besonders ins Geld gehen.
Der größte Brocken ist aber das Gas, mit dem die großen Hallen mit dem Fitnessbereich sowie Squash- und Badmintonplätzen, die Duschen und das kleine Schwimmbad im Wellnessbereich beheizt wird. In den je vier Umkleiden in den zwei Gebäuden kann nur noch in jeder zweiten geduscht werden, „dadurch können wir einen von zwei Heizkesseln ausschalten“, sagt Johannes Langer, selbst Fitnesstrainer. Die Raumtemperatur wurde um eines auf 19 Grad gesenkt, sagt Mutter Doris.
Volle Gastanks, um auf keinen Fall schließen zu müssen
Was der Chefin das Wichtigste ist: „Was haben genügend Flüssiggas in unseren Tanks, um über den Winter zu kommen. Wir müssen also auf keinen Fall schließen, auch wenn die Regierung bei einem Gasmangel entscheiden sollte, dass Freizeitbetriebe nicht mehr beliefert werden.“ Doris Langer hat ihren Notfallplan fertig. Eine Schließung wie in der Corona-Pandemie will sie ihren Mitgliedern nicht noch einmal zumuten müssen.
Der Branchenverband DSSV sammelt aus den Studios am liebsten Energiespar-Ideen, die keine Einschränkungen für die Kunden mit sich bringen. Denn Mitglieder haben die Betreiber in der Corona-Pandemie genug verloren – mehr als zwei Millionen. So könnten etwa in schwächer frequentierten Zeiten, vor allem morgens und mittags, einige Cardiogeräte ausgeschaltet bleiben, sagt DSSV-Sprecher Alexander Wulf. Denn auch ein nicht genutzter Crosstrainer oder Fahrradergometer zieht im Ruhemodus Strom.
Einige Studios verkürzen die Duschintervalle
Natürlich sei auch das in diesen Zeiten zuweilen besonders ausgiebige Duschen ein Thema, die Betreiber haben wenig Lust, das von den Gästen daheim gesparte Gas doppelt und dreifach zu verbrauchen, weil es ja im Preis inbegriffen ist. So verkürzen einige die Intervalle der automatisch stoppenden Duschen, weiß Wulf. Ohne Komfortverlust sparen lasse sich auch durch ein reduziertes Vorheizen des Warmwassers.
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Wenn es richtig kalt wird draußen, wird eine einfache wie effektive Sparmaßnahme für viele Trainingsstudios allerdings schwierig: die Räume weniger stark zu beheizen. Ein, zwei Grad weniger lassen sich bei intensivem Training leicht verkraften. Doch da ist ja das dritte Jahr in Folge noch das Thema Corona: Inzwischen haben viele, aber längst nicht alle Studios moderne Lüftungsanlagen, bei denen die Fenster dauerhaft geschlossen bleiben können. Wer keine hat, heizt die Straße mit, wenn er dreimal pro Stunde die Fenster aufreißt, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
Fitness First schaltet kleinere Saunen ab
Die Kette Fitness First hat vor allem die Saunen als Energiefresser im Blick. „Wir haben uns im Detail das Nutzungsverhalten unserer Mitglieder angesehen und reduzieren das Saunaangebot in den Zeiten, in denen kein oder nur sehr wenig Betrieb vorherrscht. In Studios, die über mehrere Saunen verfügen, schließen wir beispielsweise die kleinere Sauna“, sagte Johannes Maßen, Deutschlandchef der britischen Fitnessgruppe.
Die Kette Mrs. Sporty, die kleine Studios für Frauen im Franchise-System betreibt, hat den Vorteil, keine Saunen zu betreiben. Die meisten Mitgliederinnen duschen auch daheim, erklärt Produktentwicklungs-Managerin Kerstin Kolata. „Daher haben unsere Clubs schon immer einen vergleichsweise niedrigen Strom- und Gasverbrauch und bieten wenig Einsparpotenzial, ohne das Training selbst einzuschränken.“ Die Zentrale empfiehlt den selbstständigen Club-Betreibern aber, nicht benötigte elektrische Geräte und Lichtquellen auszuschalten sowie die Raumtemperatur auf „maximal 19 Grad“ zu senken.
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