Essen/Mülheim. Angesichts steigender Preise setzt der Discounter Aldi wieder stärker auf Eigenmarken. Aldi Nord will alle 2000 deutschen Filialen modernisieren.

Als vor einigen Jahren erstmals Flaschen und Dosen von Coca-Cola in den Aldi-Regalen standen, war die mediale Begleitung riesig. Seither sind Nutella, Milka und viele andere namhafte Marken dazu gekommen. Doch jetzt drehen die beiden Discounter aus Mülheim und Essen den Spieß wieder um und stellen angesichts rasant steigender Lebensmittelpreise mit einer breit angelegten Kampagne ihre Eigenmarken wie Rivercola, Nusskati oder Moser Roth in den Fokus.

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„Gutes für alle“ heißt der neue gemeinsame Slogan von Aldi Süd und Aldi Nord, den beide Unternehmen am Freitag in einem schicken Düsseldorfer Loft vorstellten. Auch wenn es niemand aus dem Management offen aussprach: Mitten in der Energiekrise und der immer schlechter werdenden Konsumlaune wollen die beiden Familienkonzerne ihren Wettbewerbern wie Edeka, Rewe oder Kaufland vor allem junge Kundinnen und Kunden abjagen. Denn die Aldi-Eigenmarken sollen nicht nur preisgünstig sein, sondern auch nachhaltig, bio und vegan – Themen, die vor allem eine junge Käuferschaft ansprechen.

„Es ist genau der richtige Moment“, sagt Gianfranco Brunetti, Marketingchef bei Aldi Nord, im Hinblick auf die Sprünge bei den Erzeugerpreisen von Lebensmitteln und die Inflation, die inzwischen bei nahezu neun Prozent angelangt ist. Als „Erfinder des Discount-Prinzips“, so Erik Döbele, Einkaufschef bei Aldi Süd, gehe es für beide Unternehmen darum, „heute mehr denn je nachhaltiges Einkaufen und ein gutes Leben für alle leistbar zu machen“.

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Aldi will also wieder „zurück zu den Wurzeln“, wie es intern heißt. Was nicht bedeutet, dass die Waren aus Kartons auf Paletten verkauft werden, wie es zu Zeiten der Gründer Karl und Theo Albrecht war. Ganz im Gegenteil. Brunetti kündigt im Gespräch mit unserer Redaktion an, dass alle rund 2000 Filialen von Aldi Nord in Deutschland bis zum Jahr 2024 modernisiert werden sollen. Das „New Store Layout“ sieht vor, dass die Frischeabteilung mit Obst und Gemüse in den Eingangsbereich kommt – so wie es bereits bei Aldi Süd gelöst ist. Die Aktionsware soll in den Bereich der Kasse wandern. Der Umbau sei in vollem Gang, so Brunetti. Bis Ende des Jahres sollen die ersten 500 Märkte auf dem neuesten Stand sein. Über die Höhe des Investitionsvolumens macht Aldi Nord keine Angaben.

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Trotz der neuen Kampagne soll sich am Sortiment aus rund 1800 Artikeln gar nicht so viel ändern. Am bereits sehr hohen Anteil der Eigenmarken von 90 Prozent will Aldi nach eigenen Angaben festhalten. Ausgebaut werden soll das Bio-Angebot mit aktuell 500 Artikeln. Potenzial sieht der Discounter auch bei veganen Produkten, von denen es je nach Saison und Region zwischen 700 und 850 gebe. Punkten will Aldi überdies mit der Ankündigung, in Schritten nur noch Fleisch aus hohen Haltungsstufen zu verkaufen.

Über allen nachhaltigen Zielen schwebt freilich der Preis. Aldi stellt Einkaufskörbe gegenüber, die demonstrieren sollen, wie viel Sparpotenzial für Kundinnen und Kunden in Eigenmarken stecken kann: Ein Glas Nutella und eine Packung Schoko-Müsli von Dr. Oetker kosten bei dem Discounter 6,78 Euro. Für 6,46 Euro bekommt man in derselben Filiale nicht nur den Brotaufstrich und das Müsli der Marke Aldi, sondern zusätzlich noch einen Liter Landmilch und ein 500-Gramm-Toastbrot.

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„Bei Eigenmarken haben wir Einfluss auf die Rezepturen und das Marketing. Das spart Kosten“, sagt Gianfranco Brunetti. Die Preisverhandlungen mit den Herstellern von Lebensmitteln sind nicht nur bei Aldi eine Herausforderung, seitdem Rohstoffe knapp sind und die Energiepreise deutlich steigen. Edeka liegt gerade mit Coca-Cola vor Gericht. Der US-Getränkeriese hatte vergangene Woche die Belieferung von Deutschlands größtem Lebensmittelhändler eingestellt, nachdem Edeka Forderungen nach höheren Preisen zurückgewiesen hatte.

Auch Pepsi-Produkte sind inzwischen aus einigen Regalen verschwunden, weil sich Händler und Hersteller nicht über den Preis einigen können. Nicht von ungefähr betonten Supermarktketten wie Edeka, Rewe & Co. zuletzt, dass auch sie über Discount-Sortimente mit Eigenmarken verfügen. Im Juli war der Umsatz des Einzelhandels in NRW um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken.