Hagen. Die Strompreise schnellen ohne absehbares Ende in die Höhe. Eigenstromerzeugung lohnt sich immer mehr. Was zu beachten ist, erklärt der Experte.

Explodierende Strompreise, teures und knappes Gas – die Energiefrage bewegt immer mehr Menschen und steigert das Interesse an Eigenversorgung, beispielsweise über eine Photovoltaikanlage. Das kommt sogar für Mieter infrage. Josef Quanz, Mitglied der Bürgerenergiegenossenschaft Hagen (BEG 58), kennt sich aus. „Eine Photovoltaikanlage hat sich auch vor 20 Jahren gerechnet“, meint der Energiegenosse aus Überzeugung. Mindestens aus Klimaschutzgründen. Inzwischen lohnt es sich angesichts steigender Energiepreise um so mehr.

Es gibt zwar erheblich weniger Einspeisevergütung für den mit Sonnenkraft erzeugten Strom als vor 20 Jahren, allerdings sind die Anlagen deutlich günstiger geworden, die Strompreise rasant gestiegen und die Bundesregierung hat die Einspeisevergütung gerade wieder etwas angehoben, um einen Anreiz für die Installation von Photovoltaik-Anlagen zu setzen.

Nadelöhr sind derzeit auch die Kapazitäten der Handwerker

Wer heute knapp 30 Eurocent pro Kilowattstunde Strom an seinen Versorger zahlt, kann noch ganz froh sein. Bei Neuabschlüssen werden bereits höhere Preise verlangt. Ziemlich klar ist auch, dass die Strompreise auf längere Zeit weiter deutlich steigen werden. Und zwar selbst, wenn der Krieg in der Ukraine in Kürze beendet wäre. Experten rechnen im kommenden Jahr mit im Schnitt 40 Eurocent pro Kilowattstunde Strom, Tendenz weiter steigend. Umso attraktiver dürfte eine PV-Anlage auf dem Dach oder eine Steckersolaranlage am Balkon werden, wie sie Josef Quanz in Hagen seit Jahren installiert hat. „Eigentlich kommt man jetzt fast zu spät“, sagt Quanz.

Tatsächlich muss man sich derzeit in Geduld üben, bestätigt die Handwerkskammer Dortmund. „Im Moment sind viele Handwerker gut ausgebucht“, sagt Siegfried Riemann, technischer Berater der Kammer mit Expertise auf dem Feld Energie und Energieeinsparverordnung rund ums Gebäude.

Installieren können solche Anlagen beispielsweise Elektrofachbetriebe oder auch Dachdeckerbetriebe, die entweder in Kooperation mit einem Elektrofachbetrieb arbeiten oder etwa einen eigenen Fachmann für die Installation an Bord haben. Es gibt auch viele bundesweit tätige Anbieter, die Kauf, Leasing oder Miete einer Solaranlage anbieten. Riemann rät zum Betrieb vor Ort: „Falls es Probleme mit der Anlage gibt, oder auch einfach schon wegen des Services für solche Anlagen.“

„Vor dem Anruf beim sogenannten „Solateur“ (Installateur der Anlage/Anm. d. Red.) und dem Einholen von Angeboten, sollte man sich vorher so gut es geht selbst informieren“, sagt Josef Quanz. Dazu bietet die Verbraucherzentrale NRW eine ganze Menge Tipps. Um zu wissen, ob sich das eigene Dach überhaupt lohnt, ist aber beispielsweise auch ein Blick auf die leicht verständliche und mit einer guten Anleitung versehene Seite Solardachkataster – Energieatlas NRW sinnvoll und spannend. Nach Eingabe der jeweiligen Adresse und einem weiteren Klick auf den blauen Punkt, erscheinen wichtige Angaben wie Ausrichtung und Eignung des Daches (optimalerweise gelb), installierbare Leistung und möglicher Stromertrag. Der Photovoltaikrechner zeigt an, wie viele Solarmodule tatsächlich auf das eigene Dach passen.

Mittlerweile sind nicht nur die Preise für Module gesunken, sondern sie sind auch leistungsstärker geworden, so dass sich auch Dachflächen ohne reine Südausrichtung lohnen und sogar auf Nordseiten Photovoltaik, mit Abstrichen beim Ertrag, denkbar ist. Auf der Seite des Landes gibt es auch Hinweise auf Förderung (siehe Infobox).

Solarkataster und kostenfreie Onlineseminare als Start

Die Hagener Bürgerenergiegenossenschaft BEG58 informiert nicht nur über Photovoltaik, sondern führt auch Projekte auf Dächern und Freiflächen in der Region aus (www.beg-58.de).

Es gibt Möglichkeiten, sich vor dem Kauf oder der Miete einer PV-Anlage zu informieren wie etwa das Solarkataster (www.energieatlas.nrw.de) Über Förderungen informiert das Land unter www.bra.nrw.de.

Die Verbraucherzentrale NRW gibt auf ihrer Internetseite gute Tipps und führt kostenfreie Onlineseminare durch. Das nächste am Freitag, 29. Juli von 10-11 Uhr. Info: www.verbraucherzentrale.nrw

Die kann sich schnell ändern, wie die vergangenen Monate gezeigt haben. Sowohl das Förderprogramm für die Anschaffung von Speichern, als auch die jüngste Förderung für Wallboxen in Verbindung mit der Installation einer Anlage waren schnell „überzeichnet“. Es lohnt sich aber, auch bei sich vor Ort einmal nachzufragen. Manche Kommunen haben noch eigene Förderprogramme, wie beispielsweise die Metropole Köln.

Module am Balkon reichen für das „Grundrauschen“

Darüber hinaus gibt es Förderung weiter in Form der Einspeisevergütung. Die betrug im Juli dieses Jahres 6,23 Eurocent pro Kilowattstunde, wird aber mit der im Bund bereits beschlossenen Novelle des EEG auf 8,2 Eurocent für diejenigen angehoben, die einen Teil des Stroms für den Eigenbedarf nutzen. Wer den erzeugten Strom komplett ins Netz einspeist, erhält künftig sogar rund 13 Eurocent pro kWh.

Um schnell und unkompliziert zu profitieren, lohnen sich sogenannte Steckersolaranlagen, wie sie auch Josef Quanz aus Hagen an seiner Balkonbrüstung hängen hat. Je nach Größe und natürlich Ausrichtung liefern sie rund 300 bis 600 Kilowatt Leistung. Die Anschaffungskosten liegen bei rund 300 Euro aufwärts. Die Leistung ist ausreichend, um das „Grundrauschen“ von Kühlschrank, Ladegerät und TV im Stand-by-Modus abzudecken und auch noch eine Waschmaschine durchlaufen zu lassen. Technikfreunde können die Einspeisung sekundengenau in einer App auf ihrem Smartphone verfolgen. Die Geräte haben einen Wechselrichter an Bord, der aus dem Sonnenstrom (Gleichstrom) Wechselstrom macht und über die Hausleitung einspeist. Die Geräte müssen beim örtlichen Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur angemeldet werden. „Es ist auf jeden Fall ein Anfang und es hat auch Potenzial“, findet Quanz. Viel mehr Potenzial sehen Quanz und seine Freunde der BEG58 auf Dächern öffentlicher Gebäude in NRW. Beim Land ebenso wie in Städten wie Hagen. Da hakt es laut Quanz noch sehr.