Hagen. Die Bürger-Energie-Genossenschaft 58 treibt den Ausbau von Solaranlagen seit 10 Jahren voran – mittlerweile fehlt es aber an Partnern mit Dächern.

Auf jedes Dach eine Photovoltaikanlage, mindestens bei Neubauten. Eine Forderung der Grünen im Wahlkampf, die nicht unumstritten ist. Sonnenstrom von deutschen Häuserdächern könnte ein relevanter Baustein bei der Energiewende hierzulande sein. Allerdings müssten dazu einige Hürden abgebaut werden, sagt Rolf Weber, Vorsitzender der Bürger-Energie-Genossenschaft 58 (BEG58) aus Hagen.

Seit 2010 setzt die BEG58 in Hagen und Umgebung Photovoltaik-Projekte um. Die 127 Anlagen der Genossenschaft werfen für die Anteilseigner aktuell eine Rendite von 3,54 Prozent ab. Nicht schlecht in Nullzinszeiten. Gewinne sind und waren aber gar nicht das vordringliche Ziel der BEG. Klimaschutz steht im Mittelpunkt. Auf der jüngsten BEG-Versammlung wurde mit großer Mehrheit daher beschlossen, die Durchschnittsrendite auf 2,5 Prozent zu senken, um finanziellen Spielraum für neue Projekte zu gewinnen. „Finanziell lohnt sich das nicht, wir machen das aus Klimaschutzgründen“, sagt Weber.

Gesetzliche Hemmnisse

Während sich eine PV-Anlage auf dem Dach eines Eigenheimes durchaus rechnet, weil es noch ein bisschen Einspeisevergütung in Höhe von rund sieben Eurocent pro Kilowattstunde gibt, vor allem aber, weil für kleinere Anlagen, neuerdings bis 30 Kilowattstunden (kWh) Spitzenleistung (Peak) keine EEG-Umlage auf den Eigenstrom berechnet wird, sieht dies bei größeren Projekten, von denen auch Mieter profitieren würden, anders aus. „Wir hoffen auf eine Änderung in Bezug auf Mieterstrom.“ Damit sind die BEG58-Genossen nicht allein. Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) lehnt zwar eine Solardachpflicht ab, fordert aber, dass die kommende Bundesregierung die Fesseln beim Mieterstrom lösen“ müsse.

Die Bürgerenergiegenossenschaft 58 hat bisher knapp 130 Projekte umgesetzt. Viele Mitglieder helfen den Firmen, den sogenannten „Solateuren“, freiwillig beim Aufbau.
Die Bürgerenergiegenossenschaft 58 hat bisher knapp 130 Projekte umgesetzt. Viele Mitglieder helfen den Firmen, den sogenannten „Solateuren“, freiwillig beim Aufbau. © BEG58 | BEG58

Eine Vereinfachung der Steuervorschriften würde am besten gleich mit geregelt, denn wer eine PV-Anlage betreibt wird damit automatisch zum Unternehmer und entsprechend steuerpflichtig – auch als Eigenheimbesitzer.

Die Bürger-Energie-Genossenschaft will ungeachtet der gesetzlichen Hemmnisse weiter an der Energiewende mitbauen. „Was wir ohne Ende haben, sind Dächer. Wir müssten sie nur mit PV-Anlagen bebauen. Am besten schnell und am besten alle“, sagt der Vorsitzende Genosse Weber.

Die BEG58 mietet Dächer über einen längeren Zeitraum, meistens 20 Jahre (so lange läuft die garantierte Einspeisevergütung), gerne auch von öffentlichen Gebäuden. Die ersten Anlagen entstanden auf zwei Hagener Gesamtschulen. Auch auf einem Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr hat die BEG58 eine große PV-Anlage installiert und jüngst in Kooperation mit einer Wohnungsgesellschaft sechs Miethäuserblöcke mit der bislang größten Anlage ausgestattet.

Beinahe 280 Kilowatt Peak leisten die Module zusammen. Nach Einschätzung der BEG58, die auch den Betrieb, die Überwachung und die Wartung übernimmt, könnte die Anlage den Strombedarf der Mieter komplett decken. Allerdings gibt es auch hier rechtliche Hürden, die zunächst abgebaut werden müssten, um Mieter- beziehungsweise Quartiersstrom möglich zu machen. Dann könnten die Mieter deutlich günstiger als zu den marktüblichen knapp 30 Eurocent pro kWh ihren Strom beziehen. „Warum sollen die Mieter in den Häusern nicht genauso profitieren wie Eigenheimbesitzer“, fragt sich Josef Quanz von der BEG58. Die Genossenschaft ist weiter auf der Suche nach Dächern. „Das ist der Flaschenhals“ (Weber). Mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat sie in Hagen gerade einen Rahmenvertrag abgeschlossen, um auf Dächern von AWO-Gebäuden PV-Anlagen zu errichten.

Immer auf der Suche nach Dächern

Schwierig gestaltet es sich nach Auskunft der BEG58 mit der Stadt selbst, die angeblich über den eigenen Wirtschaftsbetrieb auf den städtischen Gebäuden Solarstromanlagen errichten wollen. Täte sie es, wäre die BEG ganz glücklich. Bislang sei davon aber nicht viel zu sehen.

Ähnlich schwierig sei es mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW ins Geschäft zu kommen. „Jeder soll es gerne selber machen, Hauptsache, die Dächer sind voll“, sagen Weber und Quanz.

Die BEG58

Bei der Bürger-Energie-Genossenschaft 58 kann jeder Mitglied werden. Sie hat aktuell rund 450 Mitglieder aus dem Raum Hagen, Ennepe-Ruhr, Bochum und Märkischer Kreis.

Ein Anteil kostet 500 Euro. Die Rendite war zuletzt mit über 3 Prozent (2018, 2019) gut – mehr als einen Anteil gibt es deshalb auch nicht. Die BEG58eG ist zwar unternehmerisch tätig, das Ziel ist aber vor allem Klimaschutz.

Mit 127 Anlagen werden jährlich rund 3,7 Mio. kWh Strom erzeugt.

In Zukunft wollen die Genossen sich nicht mehr nur um Sonnenstrom kümmern. Damit die Energiewende gelingt, müsse auch Windkraft zugebaut werden, „auch bei uns“, sagt Weber. Ein durchaus umstrittenes Thema unter den Genossen. Dennoch haben sie beschlossen, in Zukunft auch in genehmigte und geeignete Windkraftanlagen investieren zu wollen, sie zumindest aber in der Öffentlichkeit zu unterstützen. Jüngst gesellte sich mit Peter Asmuth, ehemals Vorstand bei den Stadtwerken Aachen (Stawag) und vor langer Zeit im Vorstand der Hagener Elektromark, ein erfahrener Windkraftprojektierer zur BEG58.