Düsseldorf. Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs heben die Menschen mehr Bargeld vom Konto ab. Ein Gespräch mit Commerzbank-Bereichsvorstand Mario Peric.

Obwohl die Commerzbank bundesweit ihr Filialnetz halbieren will, soll Nordrhein-Westfalen profitieren. Im Gespräch mit unserer Redaktion kündigt Mario Peric, Bereichsvorstand Privat- und Unternehmerkunden für die Marktregion Süd/West an, dass die neue von ihm geleitete Zentrale für NRW, Bayern und Baden-Württemberg ihren Sitz in Düsseldorf haben werde. Und: Im nationalen Servicecenter in Duisburg sollen 100 neue Stellen geschaffen werden.

Herr Peric, die Bilder vom Krieg in der Ukraine sind schockierend. Viele deutsche Unternehmen ziehen sich aus Russland zurück. Auch die Commerzbank?

Mario Peric: Die Commerzbank fährt seit Jahren ihre Exportkredite und Bürgschaften für Geschäfte in Russland zurück. Wir haben dort aktuell noch ein Netto-Geschäftsvolumen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro.

Mario Peric ist Chef der Commerzbank für NRW, Bayern und Baden-Württemberg.
Mario Peric ist Chef der Commerzbank für NRW, Bayern und Baden-Württemberg. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Bestehende Transaktionen führen wir aus, machen aber in Russland kein Neugeschäft mehr. Selbstverständlich befolgen wir geltende Sanktionen. Aber natürlich lassen wir unsere Kunden nicht im Stich, sondern stehen ihnen gerade in dieser schwierigen Situation mit umfassender Beratung zur Seite.

Welche wirtschaftlichen Konsequenzen erwarten Sie?

Peric: Die inflationären Tendenzen spüren wir sehr. Ich sehe für Deutschland die Gefahr einer Rezession. Eine Rezession mit hoher Inflation ist gefährlich.

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Plündern Ihre Kundinnen und Kunden ihre Konten?

Peric: Nein. Wir beobachten aber schon, dass Schließfächer aktuell so nachgefragt sind wie nie. Die Warteliste ist lang. Die Menschen kaufen momentan mehr Gold und versorgen sich verstärkt mit Bargeld.

Der Dax fährt zur Zeit Achterbahn. Wie reagieren die Anleger?

Peric: Die meisten Anleger reagieren besonnen. Wir raten jetzt auch nicht zu Panikverkäufen. Dank steigender Aktienkurse und des Wertzuwachses von Immobilien ist das Vermögen viele Kundinnen und Kunden in den vergangenen Jahren gewachsen. Allenfalls bei der Aufstockung von Depots erleben wir gerade eine abwartende Haltung.

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Dabei geht der Trend branchenweit zu Aktien, weil das Zinsniveau historisch niedrig ist.

Peric: Ja. Wer sein Geld unverzinst auf dem Girokonto liegen lässt, verliert noch mehr Vermögen als in den vergangenen Jahren. In unserer Marktregion West stieg das Depotvolumen im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf knapp 32 Milliarden Euro. Besonders Wertpapier-Sparpläne waren beliebt. Unsere Kunden trauen sich zunehmend an das Thema Geldanlage heran.

Geht der Immobilien-Boom weiter?

Peric: Der Wert von Immobilien und Aktien wird weiter wachsen, es sei denn, wir bekommen im Fall eines Gas-Boykotts eine noch höhere Inflation. Unsere Kunden in NRW haben im vergangenen Jahr neue Baufinanzierungen in Höhe von 4,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Wer die Klimaziele durch Dämmung und eine moderne Heizung nachweislich erfüllt und maximal 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr verbraucht, erhält einen grünen Rabatt von 0,1 Prozent auf den Zins. Damit haben wir einen Anreiz für die Energiewende geschaffen. Bei uns in NRW war 2021 bereits jeder vierte neue Immobilienkredit eine „grüne“ Baufinanzierung.

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Die Commerzbank will ihr Filialnetz bundesweit auf 450 Standorte schrumpfen. Was wird in NRW übrig bleiben?

Peric: Bundesweit sind im Moment rund 550 Filialen geöffnet. Bis Mitte des Jahres werden wir mit unserem Filialnetz die Zielgröße von rund 450 Standorten in Deutschland erreicht haben. In Nordrhein-Westfalen werden wir am Ende an 112 Standorten vertreten sein. Ja, das ist eine Halbierung. Wir müssen aber auch feststellen, dass sich gerade einmal weniger als zehn Prozent unserer Kunden in NRW persönlich in unseren Filialen beraten lassen.

Die ersten Filialen auch im Ruhrgebiet sind bereits geschlossen. Wandern Ihre Kunden dort zur Konkurrenz ab?

Peric: Nein, die Commerzbank bleibt in NRW die Privatbank mit dem dichtesten Filialnetz. Durch die Schließungen haben wir bislang wesentlich weniger Kunden verloren als einkalkuliert. Was mir wichtig ist, ist die konsequente Ansprache auf unser modernes und umfassendes Digitalangebot. Im Sommer werden Studierende mit gelben T-Shirts unterwegs sein, um interessierte Kunden dabei zu unterstützen, unsere Banking-App auf ihr Handy zu laden und die Anwendung unserer Selbstbedienungsangebote zu erklären. Ich glaube, da können wir noch besser werden.

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Was bedeutet der Ausbau des Onlinebankings für Ihr Servicecenter in Duisburg?

Peric: Wir werden den Commerz Direktservice in Duisburg massiv ausbauen. Aktuell arbeiten dort 740 Menschen in der Beratung, wir wollen 100 neue Stellen schaffen. Aber auch der Standort Düsseldorf wird gestärkt.

Was planen Sie genau?

Peric: Ab November wird Düsseldorf Sitz der Marktregion Süd/West für Privat- und Unternehmerkunden der Bundesländer NRW, Baden-Württemberg und Bayern sein. Dafür habe ich mich persönlich sehr eingesetzt. Darüber hinaus wird Düsseldorf Standort für eine Reihe von Geschäftsfeldern, die bislang allein in unserer Frankfurter Zentrale angesiedelt waren. Darunter Teile des Kunden- und Vertriebsmanagements für vermögende Kunden und die Betreuung von sehr vermögenden Kunden, die über ein Nettovermögen von mindestens 30 Millionen US-Dollar verfügen.