Düsseldorf. Commerzbank schließt 99 Filialen in NRW und zieht sich aus einigen Ruhrgebietsstädten zurück. Offen ist, wie viele Arbeitsplätze wegfallen.
Bis zum bitteren Ende waren keine Einzelheiten aus den Verhandlungen zwischen Vorstand und Betriebsrat der Commerzbank durchgesickert. Das Ergebnis ist dennoch bitter. In 99 NRW-Filialen geht bis spätestens Ende 2022 das Licht aus, an 74 Standorten noch in diesem Jahr. Wie viele Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verlieren werden, ist noch ungewiss.
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Rund zwei Millionen Privat- und Unternehmerkunden im Marktgebiet West, das auch Niedersachsen streift, haben ihre Konten bei der Commerzbank. Viele von ihnen werden künftig weitere Wege in Kauf nehmen müssen, wenn sie eine Beratung vor Ort wünschen. Sparkassen, Volks- und Privatbanken spüren aber einen Besucherschwund in den Filialen. Online-Banking und Video-Beratungsgespräche werden immer beliebter. Erst im April hatte die Deutsche Bank deshalb verkündet, 40 Filialen in NRW – davon elf im Ruhrgebiet – aufzugeben.
„Smartphone wird zum wichtigsten Kontaktkanal“
Nun zieht auch die Commerzbank die Konsequenzen aus dem Umbruch im Bankensektor. „Wir wollen die digitale Beratungsbank für Deutschland werden“, sagt Mario Peric, Bereichsvorstand Privat- und Unternehmerkunden der Marktregionen West und Süd, und tritt damit die Flucht nach vorn an. Das Smartphone werde zum wichtigsten Kontaktkanal für die Bank. Deshalb wolle die Commerzbank nicht nur bundesweit 340 Filialen schließen, sondern auch die Betreuung über Beratungscenter stärken. Eines dieser Pilotprojekte ist in Düsseldorf geplant. Sie sollen mit telefonischer Beratung starten, ab Ende 2022 sollen dann die Kanäle Video, Chat und E-Mail hinzukommen und selbst Wertpapieranlagen und Immobilienfinanzierung einbeziehen.
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Die Unsicherheit unter den Beschäftigten der Commerzbank ist groß. Seit dem Frühjahr laufen bereits Freiwilligen-Programme. Wer aus eigenen Stücken gehen will, erhält eine Abfindung. Nun haben Verhandlungen mit dem Betriebsrat darüber begonnen, was mit den Beschäftigten geschehen soll, die in wegfallenden Filialen arbeiten. Seit Montag kennen sie zumindest die lange Liste mit den Standorten, die bald Geschichte sein werden.
Abschied aus Gladbeck, Hattingen und Heiligenhaus
Im Westen sind das 99 Geschäftsstellen, viele davon im Ruhrgebiet. Geschlossen werden sollen: Bochum-Linden, Wattenscheid, Dorsten, Gelsenkirchen-Horst, Gladbeck, Haltern, Castrop-Rauxel, Dortmund-Aplerbeck, Dortmund-Brackel, Herdecke, Schwerte, Duisburg-Meiderich, Duisburg-Rheinhausen, Essen-Altenessen, Essen-Kettwig, Essen-Borbeck, Essen-Steele, Heiligenhaus, Hattingen und Herten-Westerholt. Essen-Kupferdreh ist bereits dicht.
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Im vergangenen Jahr waren weitere Filialen einem Vorgänger-Sparpaket zum Opfer gefallen: Dazu gehörten Bochum-Gerthe, Bochum-Stiepel, Dortmund-Hombruch, Dortmund-Mengede, Dortmund Münsterstraße, Duisburg-Buchholz, Duisburg-Homberg, Duisburg-Walsum, Essen-Bredeney, Essen-Werden, Herne-Eickel, Marl-Hüls, Sprockhövel und Wetter.
Milliardenverlust im Corona-Jahr 2020
Nach einem Milliardenverlust im Corona-Jahr 2020 hatte der neue Commerzbank-Chef Manfred Knof bereits im Februar eine Rosskur angekündigt. Als Reaktion auf den Trend zum Onlinebanking und der anhaltenden Zinsflaute hatte er sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Commerzbank-Filialen von 790 auf 450 zusammenzustreichen. Die Hoffnung, dass der größte Markt der Commerzbank, NRW, bei den Schließungen glimpflicher als andere Bundesländer davon kommen sollten, haben sich nicht bestätigt.
Die Commerzbank hat als letzte große Privatbank mit der Ausdünnung ihres Filialnetzes begonnen, dafür geht sie nun umso radikaler vor. Noch bis zum Herbst 2019 hielt der damalige Privatbankchef Michael Mandel gegen den Trend der Konkurrenz an seinen 1000 Filialen fest und betonte immer wieder, diese weiter zu brauchen. Kurz darauf kündigte die Bank an, jede fünfte Filiale zu schließen, allerdings erst bis 2023. Dann entschied sie im vergangenen Sommer, 200 während der Corona-Krise vorübergehend geschlossene Filialen nicht mehr zu öffnen. Mandel musste Ende 2020 gehen. Nun also folgt eine weitere Halbierung der Standorte.
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„Unsere Strategie bleibt digital und persönlich, denn das persönliche Gespräch ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil unserer Kundenbetreuung“, betont Bereichsvorstand Peric. Welche Filialen für welche Kunden künftig zuständig sein werden, will die Commerzbank mitteilen, sobald der Zeitplan für die Schließungen steht.