Düsseldorf. Mit künstlicher Intelligenz senkt das Start-up Recogizer Energiekosten in Büros. Vodafone in Düsseldorf hat so bereits 23 Prozent eingespart.

Um möglichst viel CO2 in Schulen und Bürogebäuden einzusparen, helfen nicht nur Fassadendämmung, dichte Dächer und Fenster sowie moderne Heizungsanlagen. Das Bonner Start-up Recogizer nutzt Künstliche Intelligenz, um den Energieverbrauch in Innenräumen zu drosseln. Der Vodafone-Campus in Düsseldorf mit seinen rund 5000 Mitarbeitenden konnte auf diese Weise bereits 23 Prozent einsparen.

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„Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist echter Klimaschutz“, sagt Carsten Kreutze. Der Satz des Gründers von Recogizer klingt wie eine Binsenweisheit. Das Ziel hat es aber in sich. Die Immobilienwirtschaft grübelt aktuell allerorten, wie sie die Klimaneutralität erreichen kann. Denn Gebäude sind bundesweit für rund 30 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich und liegen damit noch vor dem Verkehr. Das Start-up ist auf die Idee gekommen, zur Steuerung von Büros oder Klassenräumen stärker Gewohnheiten der Nutzerinnen und Nutzer sowie das Wetter heranzuziehen.

„Wir sammeln Betriebs- und Verbrauchsdaten des Gebäudes und bauen damit einen digitalen Zwilling. In Verbindung mit künstlicher Intelligenz und Wetterprognosen können wir den Energiebedarf des Hauses im Sommer, Winter und in der Übergangszeit bei unterschiedlicher Belegung vorhersagen“, umreißt Kreutze das Konzept. Auf diese Weise soll die Austechnik ein Stück weit smarter werden. „Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen arbeiten standardmäßig rein messwert-basiert. Sinkt die Außentemperatur beispielsweise unter einen bestimmten Wert, springt die Heizung an. Scheint die Sonne auf das Gebäude, schaltet sich die Kühlung ein und arbeitet gegebenenfalls dagegen“, gibt der Recogizer-Chef zu bedenken. „Werden die Anlagen mittels zusätzlicher Intelligenz und Prognosen ausgesteuert, sinkt der Energieverbrauch deutlich.“

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Dieses selbstlernende System, das hinter künstlicher Intelligenz steckt, berücksichtigt, wann welche Büros in der Regel besetzt sind, vor allem aber auch klimatische Einflüsse. „Wir nutzen Wetterprognosen für jeden Standort, die sich stündlich aktualisieren. Die Regelung optimiert sich im 15-Minuten-Rhythmus und reagiert flexibel auf veränderte Bedingungen“, berichtet Kreutze. Wenn kurzfristig mehr Wolken aufziehen als erwartet, sei das Regelungssystem „umgehend und automatisch“ in der Lage, auf die neue Situation zu reagieren.

Wohlfühlklima bei 23 Grad

Der Geschäftsführer spricht auch vom „perfekten Wohlfühlklima“, das nicht nur der Umwelt diene, sondern auch der Atmosphäre am Arbeitsplatz. Auf dem Vodafone-Campus in Düsseldorf hat man sich darauf verständigt, dass die Raumtemperatur bei 23 Grad am angenehmsten sei. Die Mitarbeitenden können in ihren jeweiligen Bereichen die Temperatur aber auch etwas nach oben oder unten regulieren. Der Telekommunikationskonzern setzt seit fast zwei Jahren auf künstliche Intelligenz, um seinen Riesenkomplex zu steuern. „Das smarte Büro hat sich für Vodafone bereits bezahlt gemacht. Seit Mai 2020 haben wir 5,5 Gigawattstunden Strom eingespart. Das ist ungefähr so viel, wie 300 Haushalte jährlich verbrauchen“, zieht Nachhaltigkeitschefin Therese Seiringer eine Zwischenbilanz.

Therese Seiringer leitet das Nachhaltigkeitsteam bei Vodafone Deutschland.
Therese Seiringer leitet das Nachhaltigkeitsteam bei Vodafone Deutschland. © Vodafone | Vodafone

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Dabei sind die rund 5000 Beschäftigten gerade erst vor zehn Jahren in den damals nagelneuen Campus eingezogen. Die Gebäude seien zwar „sehr energieeffizient“ gebaut, meint Seiringer. Der Energieverbrauch für Heizen, Lüften und Kühlen habe zu Beginn bei 70 Prozent gelegen. „Angemessen ist ein Durchschnitt von 50 bis 80 Prozent. Da gab es also noch Luft nach oben. Durch den Einsatz von KI konnten wir den Energieverbrauch für Raumklima um 23 Prozent reduzieren“, so die Nachhaltigkeitschefin.

„In der Regel amortisieren sich Kosten für die Recogizer-Lösung innerhalb von zwölf bis 18 Monaten“, erklärt Geschäftsführer Kreutze. Die Investitionen in Künstliche Intelligenz könne sich für Unternehmen also rasch auch wirtschaftlich lohnen. Vodafone Deutschland mit seinen rund 16.000 Mitarbeitenden hat sich für einen Strauß von Konzepten entschieden. „Wir kooperieren mit zahlreichen Greentech-Start-ups, um durch den Einsatz smarter Technologien Energie einzusparen. Aktuell haben wir über 100 Energieeffizienzmaßnahmen an unseren Standorten deutschlandweit im Einsatz“, sagt Seiringer. Dabei setze das Unternehmen auch auf den smarten Heizungskeller, der aus der Ferne gesteuert wird.

>>> Das ist Recogizer

Das Start-up Recogizer ist seit rund acht Jahren mit digitalen Lösungen am Markt, um Energie in Gewerbeimmobilien und öffentlichen Gebäuden einzusparen. Zur Stammbelegschaft gehören aktuell mehr als 20 Ingenieurinnen und IT-Spezialisten. Die Referenzliste der Bonner Firma ist lang, wobei nicht alle Kunden namentlich genannt werden wollen. Zu den großen Namen gehören neben Vodafone auch die Luxuswarenhaus-Kette Breuninger. Recogizer-Technik steckt aber auch in zahlreichen Schulen und Einzelhandelsgeschäften in NRW.