Essen. Nun soll auch das Telefonieren nachhaltig werden. Es gibt es den ersten Mobilfunktarif, für den Vodafone einen Klimaausgleich bezahlt.

Auf Strom aus erneuerbaren Energien haben die drei großen deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber bereits umgestellt. Als erster Anbieter will die Nummer zwei, Vodafone, ab November nun auch einen grünen Handy-Tarif auf den Markt bringen. Der Düsseldorfer Konzern hat angekündigt, Ausgleichszahlungen in Klimaprojekte für alle CO2-Emissionen zu leisten, die von der Herstellung eines Smartphones bis zu seiner Entsorgung entstehen. Das Angebot soll zunächst auf Geschäftskunden begrenzt sein.

„Als Digitalisierungskonzern wollen wir auch anderen Unternehmen dabei helfen, nachhaltiger zu wirtschaften“, sagte Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. Mit dem Tarif „Red Business Prime“ sollen Firmenkunden ab 2. November „nachhaltig“ telefonieren und surfen können. Für alle neu abgeschlossenen Verträge in diesem Segment will das Unternehmen den Gegenwert für die CO2-Emissionen finanziell ausgleichen, die im Laufe eines 24 Monate laufenden Handy-Lebens entstehen – von der Herstellung, dem Transport und der eigentlichen Nutzung bis hin zur Verwertung.

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„Der grüne Tarif ist für Unternehmerkunden nicht teurer als die konventionelle Variante. Die Kosten für die Klima-Kompensation übernimmt Vodafone“, sagt Therese Seiringer, Nachhaltigkeitschefin bei Vodafone Deutschland. Über die erwarteten Zahlungen macht der Konzern keine Angaben. Fest steht aber, dass das Geld in zwei „nach anerkannten Standards zertifizierte Windenergie-Projekte in Bulgarien und Chile“ fließen werde.

Therese Seiringer, Head of Corprate Responsibility Vodafone
Therese Seiringer, Head of Corprate Responsibility Vodafone © Vodafone | Vodafone

Die Auswahl hat Vodafone in Zusammenarbeit mit Climate Partner getroffen. Das Unternehmen unterstützt andere Unternehmen auf deren Weg zur Klimaneutralität. Bei der Bemessung des CO2-Fußabdrucks eines bestimmten Handys oder Tablets sei sein Team auf die Angaben der Hersteller angewiesen, betont Gründer und Geschäftsführer Moritz Lehmkuhl. „Die Daten, die Hersteller von Endgeräten zur Verfügung stellen, sind inzwischen recht vertrauenswürdig. In der Regel setzen die Konzerne unabhängige Institute ein, die den CO2-Abdruck eines Smartphones ermitteln“, so Lehmkuhl.

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Climate Partner sei bei der Berechnung der Klimakosten auf „Transparenz und Klarheit“ der Branche angewiesen, die von großen Produzenten wie Samsung, Apple oder Huawei dominiert wird. Lehmkuhl sieht inzwischen auch bei dem für seine Geheimniskrämerei bekannten iPhone-Hersteller Bewegung. „Apple war früher noch verschlossener. Mein Eindruck ist, dass der Konzern transparenter wird“, sagt er.

Die meisten Emissionen bei Herstellung und Transport

Für alle Modelle gelte gleichermaßen, dass der höchste Anteil der Emissionen, die zur Erderwärmung beitragen, bei der Herstellung und beim Transport zumeist aus Asien nach Europa entstehen. Für Climate Partner kommt die wachsende Bereitschaft der Produzenten, Daten offen zu legen, nicht von ungefähr. „Bis vor vier oder fünf Jahren hat es nur wenige Menschen interessiert, wie viel CO2 ein Smartphone erzeugt. Das hat sich völlig geändert. Deshalb muss es jetzt auch bei den Unternehmen eine radikale Wende geben“, fordert Lehmkuhl.

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Die Erwartungshaltung der Kundschaft war es auch, die Vodafone dazu bewegt hat, den ersten grünen Mobilfunktarif auf den Markt zu bringen. „Wir beobachten, dass die Nachfrage nach solchen Produkten auch bei Firmenkunden immer größer wird“, erklärt Nachhaltigkeitschefin Seiringer. „Dass sich Firmen nachhaltiger aufstellen, wird heute schlicht erwartet, auch vom Kapitalmarkt. Das ist gut so. Und das gilt auch für Vodafone“, fügt sie hinzu.

Transparenz der Hersteller angemahnt

Die Umweltorganisation Greenpeace sieht das neue Angebot freilich mit anderen Augen. Viola Wohlgemuth wirft Vodafone „Greenwashing, um das Konsumentengewissen zu beruhigen“ vor. Sie fordert stattdessen, dass Smartphones länger genutzt werden, um die Umwelt zu entlasten. Allerdings ist es für Nutzerinnen und Nutzerinnen auch nicht leicht, in Erfahrung zu bringen, wie ihr neues Handy das Klima schädigt. „Es gibt kein einheitliches Label für den CO2-Fußabdruck eines Smartphones. Unser Interesse ist es aber, dass die Transparenz für Kundinnen und Kunden wächst“, kritisiert Seiringer. Die Düsseldorfer haben deshalb im Sommer gemeinsam mit der Deutschen Telekom, Orange, Telefonica/O2 und Telia ein „Eco-Rating“ zunächst für ausgewählte Modelle eingeführt, das Angaben über Herkunft und Verbrauch macht.

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Grüne Mobilfunktarife haben die Deutsche Telekom und Telefonica/O2 aktuell nicht Angebot. Der Netzbetreiber E-Plus, der später von Telefonica übernommen wurde, hatte aber bereits im Jahr 2011 einen Versuch in diese Richtung gestartet. Als Kompensation für den Stromverbrauch überwies das Unternehmen Geld an den Naturschutzbund Nabu. Das Modell habe aber „mittelfristig kein ausreichendes Interesse“ in der Kundschaft gefunden, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Wir waren mit dem Tarif unserer Zeit sicherlich ein Stück weit voraus.“

Nun will der Rivale Vodafone mit seinem grünen Tarif zunächst bei Firmenkunden und möglicherweise darüber hinaus punkten. „Wir schauen uns die Entwicklung an und werden dann entscheiden, wann wir auch für Privatkunden grüne Tarife anbieten“, sagt Therese Seiringer.

>>> SIM-Karten aus recyceltem Plastik

Um jährlich 320 Tonnen Kunststoff einzusparen, will Vodafone 60 Millionen SIM-Karten auf recycelfähiges Plastik umstellen.

Auch die Deutsche Telekom kündigt an, ab dem kommenden Jahr SIM-Karten mit recycelten Kunststoff anzubieten. Durch die Halbierung der Größe habe der Konzern bereits 30 Prozent des Plastiks vermieden.

Telefonica/O2 plant ebenfalls die Umstellung. Allerdings benötigen wir hier erst ein ausreichend großes Angebot von unseren Zulieferern, das unseren strengen Qualitätsanforderungen – an beispielsweise die Hitzebeständigkeit einer SIM-Karten – genügt“, sagt eine Sprecherin.