Düsseldorf. Ein intelligenter Fenstergriff schlägt Alarm, wenn die Luft im Raum schlecht wird. Hersteller sehen darin ein Instrument zur Pandemie-Bekämpfung.

Das Lüften zählt zu den effektivsten Instrumenten, die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu minimieren. Die Solinger Firma Smart Klima und der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone bringen jetzt den „Klimagriff” auf den Markt. Der intelligente Fensteröffner schlägt automatisch Alarm, wenn die Schadstoffkonzentration im Raum steigt.

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„Fenster sind nicht besonders schlau. An der Technik hat sich in den vergangenen Jahren nicht besonders viel geändert”, sagt Hannes Ametsreiter, Deutschlandchef von Vodafone. Das Internet der Dinge und das Mobilfunknetz machen es inzwischen aber möglich, dass ein Kunststoffrahmen mit Scheiben darin „denken” kann. „Lüften ist in Zeiten der Corona-Pandemie enorm wichtig. Durch Sensoren schaffen wir eine neue Intelligenz und bauen die menschlichen Sinne nach. Gleichzeitig schaffen wir ein Frühwarnsystem gegen Schimmelbildung”, meint Ametsreiter.

Sensor und SIM-Karte im Fenstergriff

Georg Meyer hat vor rund zehn Jahren die Smart Klima GmbH gegründet. Seither beschäftigen sich er und sein Team mit Strategien, Heizkosten zu sparen und für ein gesundes Raumklima zu sorgen. Gemeinsam mit Vodafone hat er jetzt den smarten Fenstergriff mit integrierter SIM-Karte und eingebautem Sensor zur Marktreife verholfen. „Der Klimagriff ist auf 98 Prozent aller Fenstermodelle nachrüstbar. Er kann die Fensterposition überwachen sowie Temperatur, Feuchtigkeit, flüchtige organische Verbindungen und den CO2-Gehalt in der Raumluft messen”, erklärt Meyer.

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Das gelte auch für Aerosole, die Menschen beim Sprechen, Husten und Niesen freisetzen und die nach Einschätzung von Experten das Coronavirus übertragen. „Aerosole sind Schwebestoffe. Ihre Konzentration ist ebenfalls am CO2-Wert abzulesen”, betont der Geschäftsführer von Smart Klima.

Wenn der Smiley auf dem Display des Klimagriffs rot wird, ist es Zeit zu lüften.
Wenn der Smiley auf dem Display des Klimagriffs rot wird, ist es Zeit zu lüften. © Vodafone | Vodafone

Und so soll der Klimagriff funktionieren. Der eingebaute Sensor, der durch eine Batterie mit Strom gespeist wird, misst permanent den Gehalt von Kohlendioxid im Raum, Luftfeuchtigkeit und Temperatur. So lange das Klima im Zimmer gut ist, zeigt das kleine Display auf dem Griff einen lächelnden Smiley. Wird es allmählich stickig, verfinstert sich die Miene des Gesichts, es färbt sich rot, und ein ohrenbetäubender Warnton ertönt, der erst verstummt, wenn das Fenster geöffnet wird.

Lüften gegen Feuchtigkeit

Die Ergebnisse der Messungen können Nutzer per App auch auf ihrem Smartphone verfolgen und speichern. Auf diese Weise könnten Mieter auch „beweisen, dass etwaige Schimmelbildung nicht auf mangelndes Lüften zurückzuführen ist”, meint Meyer. Zu viel Feuchtigkeit in der Wohnung kann sich an den Wänden niederschlagen. Ein Problem, das oftmals zu Auseinandersetzungen zwischen Eigentümer und Mieter führen kann. „Einer Studie des Fraunhofer Instituts zufolge lüften 60 Prozent der Haushalte falsch, 25 Prozent haben ein Schimmel-Problem”, erklärt der Chef von Smart Klima.

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Zum Einsatz kommen soll der Klimagriff nach den Plänen seiner Macher vor allem in Wohnungen großer Immobilienkonzerne, aber auch in Schulen, um Präsenzunterricht in Zeiten der Pandemie sicherer zu machen. „Wir stehen im Kontakt mit zahlreichen Wohnungsunternehmen wie Vonovia und LEG und Kultusministerien. Der Klimagriff kann das Lüften in Schulen erleichtern”, sagt Julia Doll, Leiterin von Vodafone Uplift. Die Innovationsplattform des Telekommunikationskonzerns bietet Start-ups und etablierten Unternehmen die Möglichkeit, technische Neuerungen über das große Netzwerk von Vodafone zur Marktreife und unter die Kunden zu bringen.

Vermieter hat keinen Zugriff auf Daten

„Über die eingebaute SIM-Karte funkt der Klimagriff über das sogenannte Narrow Band IoT Netz. Das ermöglicht eine tiefe Durchdringung der Signale bis in den Keller hinein”, sagt Doll. Befürchtungen, der Sensor im Fenstergriff könne für Überwachungen missbraucht werden, zerstreuen die Partner. „Die Daten, die der Klimagriff ermittelt, werden allein im Cloud-Zugang des Nutzers auf dessen Smartphone oder Rechner gespeichert. Ein Vermieter hat darauf keinen Zugriff und kann diese Werte nicht überwachen”, betont Meyer.

Zunächst sollen Fenster mit der neuen Technik allein nachgerüstet werden. Die Pläne des Chefs von Smart Klima gehen aber weiter: „Wir sind mit einem führenden Hersteller im Gespräch, um Fenster gleich mit eingebauten Klimagriffen auszuliefern.”

>>> Sparen bei den Heizkosten

Der Klimagriff kann nach Angaben des Herstellers Räume bis zu einer Größe von 50 Quadratmetern überwachen.

Die smarte Technik samt App soll ab 143 Euro pro Stück zu haben sein. Die Macher des Klimagriffs sehen für eine durchschnittliche Wohnung ein Einsparpotenzial bei den Heizkosten von bis zu 200 Euro jährlich.