Mülheim. Auch der Mittelstand braucht Künstliche Intelligenz, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Angst vor der Technik will das Zukunftszentrum KI nehmen.

Künstliche Intelligenz beantwortet Fragen an der Telefon-Hotline, steuert autonom fahrende Autos und wertet Röntgenbilder aus. Selbst lernende Software ist auf dem Vormarsch – auch in kleinen und mittleren Unternehmen. Das Zukunftszentrum Künstliche Intelligenz NRW will Mittelständler für den Einsatz von KI motivieren und zugleich Hilfestellung bieten, die Mitarbeitenden beim Einführungsprozess entsprechend zu schulen. Mit drei der zahlreichen Macher sprachen wir im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“.

Jürgen Schnitzmeier geht es vor allem darum, Chefs und Beschäftigten die Angst vor Künstlicher Intelligenz zu nehmen. Für den Geschäftsführer des Unternehmensnetzwerks Zenit in Mülheim, unter dessen Dach das Zukunftszentrum angesiedelt ist, stehen von vornherein drei Voraussetzungen im Vordergrund: KI müsse „menschenzentriert“ sein und „gute Arbeitsbedingungen“ ermöglichen. Und bei allen Veränderungen durch ihre Einführung sollen die Mitarbeitenden unterstützt und geschult werden.

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Dafür steht Peter Janßen. „Digitale Themen sind bereits ein großer Posten in unserem Seminarangebot“, sagt der Geschäftsführer des Bildungswerks der Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft. Janßen ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen eine „Win-Win-Situation“ sein könne.

„Langweilige Aufgaben kann die KI übernehmen“

Das Bildungswerk der Wirtschaft arbeitet eng mit den Gewerkschaften in NRW zusammen. In der IG-Metall-Bezirksleitung in Düsseldorf beschäftigt sich Gabi Schilling seit Jahren mit der Zukunft der Arbeit. Auch die Gewerkschaftssekretärin ist davon überzeugen, dass Beschäftigte von der Digitalisierung profitieren können. „Langweilige Aufgaben kann die KI übernehmen“, sagt Schilling frei heraus und nennt als Beispiele die Sprach- und Bilderkennung, aber auch die Übersetzung von Texten. „Technik sollte dem Menschen dienen“, formuliert Schilling eine Grundbedingung.

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Es ist ein Balanceakt: KI soll die Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken, zugleich aber auch Beschäftigung sichern und Mitarbeitende mitnehmen. Diesen Ausgleich im Mittelstand zu organisieren, traute die NRW-Landesregierung am ehesten Zenit in Mülheim zu. Das vom Land, Banken und Unternehmen getragene Beratungshaus sei „ein erfahrener öffentlicher Projektträger“, betont Schnitzmeier. Das Zukunftszentrum KI könne deshalb Vertrauen im Mittelstand genießen. „Wir wollen ja keine Software oder Maschinen verkaufen“, meint der Zenit-Geschäftsführer mit einem Augenzwinkern.

Schnell auf Entwicklungen reagieren

In der Ausrichtung des Zukunftszentrums KI auf den Mittelstand sieht Peter Janßen vom Bildungswerk keinen Hinweis darauf, dass die Technologie bislang ausschließlich ein Thema für Konzerne war. „Wir sind erstaunt, wie digital vieles in kleineren Unternehmen funktioniert“, sagt der Geschäftsführer des Bildungswerks. „Kleine Unternehmen sind erfolgreich, weil sie schnell auf Entwicklungen reagieren können.“

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Dabei stehen die Beschäftigten freilich im Mittelpunkt. „Eine gute Anwendung steht und fällt damit, dass die Mitarbeitetenden verstehen, was sie da tun“, meint Gabi Schilling. Ihr ist dabei aber nicht bange. „Inhalte der Arbeit ändern sich dauernd. Das ist ein lebenslanges Lernen“, so die IG-Metallerin. Janßen weiß von „guten Erfahrungen“ zu berichten mit Lernkonzepten am Arbeitsplatz, die auch Geringqualifizierte, „lernentwöhnte“ Beschäftigte und Menschen mit Lern- und Schreibschwächen erreichten und sie in die Lage versetzten, etwa Tablets zu bedienen. „Man muss Geduld haben, die Dinge auszuprobieren“, beruhigt der Bildungswerk-Chef.

„Die Betriebe werden am Ende wettbewerbsfähiger“

Die Angebote des Zukunftszentrums richten sich aber auch an die Arbeitgeber. „In den Unternehmen fehlt es oft an Zeit und Know how, wie man das Thema KI anwenden kann“, meint Zenit-Geschäftsführer Schnitzmeier. „Deshalb ist es gut, dass wir auch Betriebsräte ansprechen.“ Auch wenn durch Künstliche Intelligenz Aufgaben wegfallen und sich die Anforderungen erhöhen könnten, erwartet er eine positive Wirkung. Schnitzmeier: „Die Betriebe werden am Ende wettbewerbsfähiger. KI sichert Arbeitsplätze und schafft neue.“

Gewerkschafterin Schilling verhehlt aber auch nicht, dass bis dahin noch „viel Überzeugungsarbeit nötig“ sei. Es gehe darum, Betriebsräte zu schulen, KI-Scouts in den Firmen auszubilden und vor allem „kompetent über die Dinge zu reden“, wie das Unternehmen mit der Vielzahl von Daten umgeht. „Wie macht man glaubhaft,dass keine Überwachung stattfindet“, benennt die IG-Metallerin eine Kernfrage. Auf Arbeitgeberseite gibt man sich da optimistisch. Der sozialpartnerschaftliche Ansatz des Kompetenzzentrums, betont Bildungswerk-Chef Janßen, werde am Ende zu einer „Win-Win-Situation“ führen – für beide Seiten.

>>> Online-Kongress

Das Zukunftszentrum KI lädt am 9. Februar von 9 bis 13 Uhr zu einem Online-Kongress ein. Über Künstliche Intelligenz in mittelständischen Betrieben diskutieren NRW-Staatssekretär Edmund Heller, Julia Borggräfe aus dem Bundesarbeitsministerium, Johannes Pöttering von Unternehmer NRW und die DGB-Landesvorsitzende Anja Weber. Anmeldung und Infos unter https://www.zukunftszentrum-ki.nrw/.