Essen. Brenntag-Chef Kohlpaintner erwartet im zweiten Halbjahr ein Ende der weltweiten Lieferprobleme. Mitarbeiter erhalten zwei Tage Extra-Urlaub.

Corona-Pandemie, Rohstoffmangel, Lieferengpässe – der Essener Chemikalienhändler Brenntag startet unter schwierigen Bedingungen in sein erstes volles Kalenderjahr im Dax, dem Oberhaus der 40 deutschen börsennotierten Unternehmen. Als Signal an die weltweit 17.000 Mitarbeitenden spendiert Brenntag erst einmal zwei zusätzliche Urlaubstage, um die „Batterien aufzuladen“.

Auch interessant

Christian Kohlpaintner versucht erst gar nicht, die Lage schönzureden, verbreitet aber zugleich auch Optimismus. „Als weltgrößter Chemikalienhändler stehen wir im Zentrum der globalen Chemie-Lieferketten, die im Jahr 2021 massiv unter Druck geraten sind. Es ist eine herausfordernde Situation, weil sich Verfügbarkeiten und Preise täglich ändern“, sagt der Brenntag-Chef. In der Konzernzentrale an der Essener Messe glühen seit Wochen die Drähte. „Wir müssen uns ständig neu orientieren, aus welchen Lieferketten wir für unsere Kunden Produkte beziehen können“, so Kohlpaintner.

Über 10.000 Chemikalien im Sortiment

Aus mehr als 670 Standorten in 77 Ländern beliefert Brenntag große und kleine Unternehmen mit über 10.000 unterschiedlichen Chemikalien – von Säuren, Laugen und Lösemitteln bis hin zu hochwertigen Substanzen für die Ernährungs-, Kosmetik-, Futtermittel- und Pharmaindustrie. Das sei in der Regel auch gelungen, wenngleich nicht immer die bestellten Mengen geliefert werden können. Dank des weltweiten Netzwerks seien alle Produkte zu beschaffen, betont eine Sprecherin.

Auch interessant

Für NRW und Umgebung ist das Logistikzentrum in Duisburg zuständig. Doch die hohe Nachfrage nach dem Corona-Lockdown, knappe Rohstoffe, gesperrte Seehäfen und zu wenige Schiffskapazitäten hat auch die Chemieindustrie erwischt, die die Produkte herstellt, die Brenntag quasi rund um den Globus ausliefert.

Zwei Tage Zusatzurlaub für Brenntag-Beschäftigte

„Dass wir diese Kunden dennoch versorgen konnten, ist dem großen Einsatz und dem Knowhow unserer Mitarbeitenden zu verdanken“, erklärt Kohlpaintner und spricht von einem „Kraftakt“, den der Dax-Konzern in diesem Jahr mit zwei zusätzlichen Urlaubstagen für alle Beschäftigten honorieren will. Denn der Brenntag-Chef gibt sich keinen Illusionen hin. „Wir erwarten aktuell, dass die Verwerfungen in den globalen Lieferketten auch zu Beginn des Jahres 2022 anhalten werden“, meint Kohlpaintner, zeigt sich aber optimistisch. Im zweiten Quartal erwartet er, dass sich die Lage „nach und nach verbessern und dann im zweiten Halbjahr weiter normalisieren” werde.

Auch interessant

Parallel zum täglichen Kampf, Bestellungen pünktlich zu den Kundinnen und Kunden zu bringen, treibt die Brenntag ihren internen Umbauprozess voran. Kohlpaintner hatte Anfang Januar 2020 sein Amt als Vorstandsvorsitzender mit den Zielen angetreten, das Wachstum des börsennotierten Unternehmens zu beschleunigen und die Produktivität zu verbessern. Der geplante Abbau von 1300 Stellen und die Schließung von 100 Standorten sollen sozialverträglich abgefedert werden, hatte er zugesagt.

Dr. Kristin Neumann - neue Finanzvorständin beim Essener Chemikalienhändler Brenntag.
Dr. Kristin Neumann - neue Finanzvorständin beim Essener Chemikalienhändler Brenntag. © Brenntag SE | Volker Nothdurft

In seiner nunmehr zweijährigen Amtszeit hat Kohlpaintner auch den Brenntag-Vorstand umfassend umgebaut. Nach fast 20 Jahren in Diensten des Chemiehändlers und zehnjähriger Tätigkeit als Finanzchef wird Georg Müller Ende März das Unternehmen verlassen. Der Manager habe seinen Vertrag auf eigenen Wunsch nicht verlängert, teilte Brenntag mit. Die Aufsichtsratsvorsitzende Doreen Nowotne, die auch Chefaufseherin des Duisburger Familienunternehmens Haniel ist, dankte Müller. „Er hat die Entwicklung von Brenntag zum heutigen Weltmarktführer maßgeblich mitgestaltet und insbesondere zur Stärkung der Finanzkraft sowie zur ausgezeichneten Reputation, die Brenntag heute an den Kapitalmärkten genießt, beigetragen“, erklärte Nowotne.

Auch interessant

Zur neuen Finanzchefin hat der Brenntag-Vorstand Kristin Neumann berufen. Die 49-Jährige kennt sicht in der internationalen Logistik-Branche aus. Sie kommt von der LSG Lufthansa Service Holding AG, wo sie seit 2014 als Finanzchefin und Arbeitsdirektorin für das weltweit tätige Unternehmen verantwortlich ist. Zuvor verantwortete die Betriebswirtin die Finanzen im Vorstand des Tourismuskonzerns Thomas Cook. Vor ihrem Studium in Göttingen hatte sich Neumann zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank ausbilden lassen.

Die Aufsichtsratsvorsitzende Nowotne würdigte die künftige Finanzchefin als „international erfahrene Finanzexpertin und Führungspersönlichkeit“. Brenntag-Chef Kohlpaintner erwartet, dass Neumann dem Dax-Konzern „neue Impulse auf dem erfolgreichen Weg von Brenntag zu nachhaltigem Ergebniswachstum setzen“ werde.