Mülheim. Tengelmann verabschiedet sich komplett aus Mülheim und verlagert den Sitz nach München. Christian Haub einigt sich mit seinem Bruder Georg.
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Der Handelskonzern Tengelmann verabschiedet sich endgültig aus Mülheim. Nach dem Verkauf der Unternehmenszentrale im Stadtteil Speldorf im vergangenen Jahr und der Aufteilung der Holding auf drei Standorte will Unternehmenschef Christian Haub nun auch den Sitz des Familienkonzerns nach München verlagern. Im Gespräch mit unserer Zeitung unterstreicht Haub aber, dass er dem Ruhrgebiet nicht vollends den Rücken kehren werde. „Wir bleiben Mülheim verbunden“, versichert er.
Nach dem Verschwinden seines Bruders Karl-Erivan Haub im April 2018 hatte Christian Haub der Tengelmann-Gruppe einen radikalen Umbau verordnet. Er verschlankte die Holding massiv. Die Unternehmensgruppe mit ihren 75.000 Mitarbeitern wird inzwischen dezentral von Projektbüros in Düsseldorf, Greenwich/USA und München gesteuert. In die bayrische Landeshauptstadt wird nun auch der juristische Sitz verlagert.
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„Es hat sich gezeigt, dass unser Büro in München der zentrale Anlaufpunkt für die Geschäftsführung geworden ist und dort die wichtigen Entscheidungen fallen. Deshalb ist es auch folgerichtig, den Unternehmenssitz bis zum Jahresende nach München zu verlegen“, sagte Haub unserer Redaktion. In einer geräumigen Villa am Mülheimer Ruhrufer verblieben aber Archiv und ein kleines Firmenmuseum für die Familie.
Seit der Gründung des Stammhauses Wilh. Schmitz-Scholl im Jahr 1867 war die Tengelmann-Gruppe eng mit Mülheim und dem Ruhrgebiet verbunden. Haub unterstreicht, dass das auch so bleiben soll. Der aufstrebende Kinderartikelhändler Babymarkt.de sitzt in Bochum, der Textildiscounter Kik in Bönen hinter Dortmund, die Tengelmann Energie GmbH hat ihre Büros in Essen, die Immobilientochter TREI in Düsseldorf und die Baumarktkette Obi wird aus dem bergischen Wermelskirchen gesteuert.
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Christian Haub ist seit April 2018 nicht nur alleiniger Geschäftsführer. Im Sommer übernahm er auch die Firmenanteile seines für tot erklärten Bruders Karl-Erivan und hält damit zwei Drittel am Handelskonzern. Das verbleibende Drittel befindet sich im Besitz seines Bruders Georg. Mit ihm hat sich Christian Haub nun auf eine „langfristige Zusammenarbeit“ verständigt. Das Unternehmen selbst spricht von einem „Schulterschluss“.
Mit der Botschaft will Christian Haub auch ein Ausrufezeichen setzen. „Mit der öffentlich gemachten Einigung mit meinem Bruder Georg wollen wir möglichen Spekulationen über die zukünftige Aufstellung des Gesellschafterkreises zuvorkommen“, betont der Unternehmer. „Nach den schwierigen drei zurückliegenden Jahren wollen wir uns beide wieder voll auf das Geschäft konzentrieren und für Aufbruchstimmung sorgen.“ Dass Tengelmann rein in Familienhand bleibe, sei „auch ein wichtiges Signal an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
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Georg Haub (59) werde nach USA übersiedeln, um von dort aus unter anderem das beachtliche Immobilien-Geschäft der Tengelmann-Gruppe zu steuern. „Mein Bruder Georg hat sich immer für Immobilien-Themen interessiert. Er hat sich auch ein eigenes Geschäft mit Immobilien aufgebaut. Seine Expertise wollen wir in der Tengelmann-Gruppe nutzen“, kündigt Christian Haub (57) an.
Die beiden Brüder verständigten sich überdies darauf, frühzeitig ihre Nachfolge vorzubereiten. „Ich bin zuversichtlich, dass die sechste Generation irgendwann das Unternehmen übernehmen kann. Wir wollen uns für diesen Prozess aber Zeit nehmen und nichts erzwingen. Einige unserer Kinder bringen sich bereits in der Gruppe ein“, erklärt Christian Haub. Die Familiensatzung will es, dass nur Töchter und Söhne Konzernanteile halten können. „Unser gemeinsames Ziel ist es, dass Tengelmann als Familienunternehmen jetzt und auch in der nächsten Generation erfolgreich fortgeführt wird“, unterstreicht Georg Haub.
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Während sich Tengelmann zu Lebzeiten des Vaters Erivan Haub mit Zeitungsanzeigen für die Wiederwahl der Kanzler Helmut Kohl und Angela Merkel stark machte, will sich Christian Haub im laufenden Bundestagswahlkampf zurückhalten. „Als Unternehmer wünsche ich mir natürlich eine Regierung, die Interessen des Staates und der Wirtschaft gut ausbalanciert“, sagt er lediglich. „Mit Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Bildung liegen sehr große Aufgaben vor der künftigen Koalition. Wichtig ist mir, dass Deutschland eine stabile Regierung bekommt. Denn ich weiß, wie intensiv das Ausland auf diese Wahl schaut.“
>>> Lagerfeld-Chef im Tengelmann-Beirat
Veränderungen zeichnen sich auch im Beirat ab, der die Tengelmann-Geschäftsführung kontrolliert. Der Unternehmer Carl-Thomas Epping soll durch den Chef der Modegruppe Lagerfeld, Pier Paolo Righi, ersetzt werden. Zuvor hatte er das Europa-Geschäft des Sportausstatters Nike geführt und war viele Jahre verantwortlich für das Modeunternehmen Tommy Hilfiger. Außerdem gehört er seit vielen Jahren dem Aufsichtsrat der börsennotierten Fielmann AG an. Die beiden anderen Beiratsmitglieder sollen der Beiersdorf-Vorstand Thomas Ingelfinger als Vorsitzender und Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU, bleiben.