Duisburg. Als Nachfolger des umstrittenen Duisburger Hafenchefs Erich Staake will Markus Bangen Anwohner besser in verkehrsträchtige Projekte einbeziehen.

Markus Bangen bittet zum Gespräch mit unserer Zeitung in einen nüchternen Konferenzraum. Den ihm zugedachten Platz am Kopfende des langen Tischs will der neue Chef des Duisburger Hafens nicht einnehmen. Kein Zigarrenqualm, keine weltmännische Plauderatmosphäre. Bangen will sich von seinem Vorgänger Erich Staake abheben und gleich zu Beginn neue Akzente setzen.

Hinter der Duisport-Gruppe mit ihren 1600 Mitarbeitern liegt ein hartes Jahr 2021. Nicht nur die Corona-Pandemie setzte den Duisburger Hafen und seine zahlreichen Tochterunternehmen unter Druck. Vor allem sein bisheriger Chef sorgte für negative Schlagzeilen. Staake musste sich dafür entschuldigen, dass er sich im Januar in einem Seniorenheim beim Impfen vordrängelte. Daraufhin waren etliche anonyme Vorwürfe gegen den hemdsärmeligen Manager und seine Amtsführung laut geworden.

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Eingeschaltete Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte kamen am Ende aber zu dem Schluss, dass „kein rechtlich relevantes Fehlverhalten“ vorgelegen habe, wie der Aufsichtsratsvorsitzende und NRW-Staatssekretär Hendrik Schulte am Ende der Sonderprüfung erklärte. Staake schied freiwillig einige Monate früher aus dem Unternehmen aus und verabschiedete sich leise mit einem Brief von den Beschäftigten.

Markus Bangen arbeitet seit 2000 für Duisport

Seit dem 1. August führt nun Markus Bangen die Duisport-Gruppe. Der 48-Jährige wirkt entschlossen, dem Unternehmen ein neues, besseres Image zu verpassen. Mit der Vergangenheit will er sich nicht lange aufhalten. Dass er damit einen Spagat vollziehen muss, ist dem Juristen bewusst. Seit dem Jahr 2000 arbeitet er für den Hafen, seit 2008 saß er im Vorstand – viele Jahre als Staakes Stellvertreter. Er und sein Vorstandskollege Thomas Schlipköther sind aber kaum öffentlich in Erscheinung getreten. Das sah das Drehbuch der One-Man-Show Erich Staake nicht vor.

Altkanzler Gerhard Schröder (r.) enthüllte im Mai 2016 die Skulptur „Das Echo des Poseidon“, die der Künstler Markus Lüppertz (Mitte) geschaffen hat. Den Vertrag hatte der damalige Chef des Duisburger Hafens, Erich Staake, per Handschlag geschlossen.
Altkanzler Gerhard Schröder (r.) enthüllte im Mai 2016 die Skulptur „Das Echo des Poseidon“, die der Künstler Markus Lüppertz (Mitte) geschaffen hat. Den Vertrag hatte der damalige Chef des Duisburger Hafens, Erich Staake, per Handschlag geschlossen. © FFS | Volker Hartmann

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Bangen sitzt vor einem Foto des Poseidon. Die gewaltige Büste ist auf der Mercatorinsel im Duisburger Hafenstadtteil Ruhrort installiert und steht gleich in mehrfacher Hinsicht für den Wandel, den der neue Hafenchef anstrebt. Staake hatte mit dem renommierten Künstler Markus Lüpertz per Handschlag den Büstenpreis von immerhin 698.000 Euro vereinbart. Zum 300. Hafen-Geburtstag 2016 hatte Altkanzler und Staake-Freund Gerhard Schröder die Skulptur enthüllt.

Bangen macht keinen Hehl daraus, dass er zu der Kunst-Investition stand und steht. Mit dem Vertrag per Handschlag fremdelt der Jurist aber sichtlich, vor allem aber mit der Botschaft, die die Skulptur aussendet. Denn Poseidon schaut zwar auf die Schiffe, die auf dem Rhein vorbeifahren. „Die damalige Diskussion, ob sich der Poseidon von der Ruhrorter Bevölkerung abwendet, war doch auch Ausdruck dafür, dass sich Anwohner nicht mitgenommen und eingebunden fühlen“, kritisiert Bangen. „Das will ich ändern. Der Hafen muss die Bevölkerung bei allen Planungen stärker einbeziehen.“ Der Hafenchef warnt aber zugleich vor zu hohen Erwartungen: „Wir müssen besser kommunizieren. Lkw werden aber eine Belastung in den Städten bleiben. Alles andere ist Illusion.“

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Proteste von Anwohnerinnen und Anwohnern, die nach der Ansiedlung von immer mehr Logistik-Unternehmen in der Region über den rasant wachsenden Lkw-Verkehr klagen, will er ebenso ernst nehmen, wie Bedenken gegen den Bau von nüchternen Hallen etwa gegenüber der malerischen Rheinpromenade in Ruhrort. Duisport ist längst über die Grenzen Duisburgs hinaus tätig. Im Sommer wurde das Zentrallager der Edeka Rhein-Ruhr in Oberhausen fertiggestellt. Die Spezialisten des Hafens haben die ehemalige Industriebrache gleich an der Autobahn A3 entwickelt. Expertise aus Duisburg ist aber bei Häfen in aller Welt gefragt. Es war Staakes Verdienst, den Standort an Rhein und Ruhr zu einer „trimodalen“ Logistikdrehscheibe mit den Verkehrsträgern Wasser, Straße und Schiene auszubauen.

Rat aus Duisburg in der Welt gefragt

Unbemerkt von der Öffentlichkeit war auch Bangen daran maßgeblich beteiligt. „Fast alle internationalen Projekte der vergangenen Jahre liefen auch über meinen Schreibtisch“, sagt der neue Hafenchef heute selbstbewusst im Hinblick auf Beteiligungen etwa in Antwerpen, Singapur oder Peking. Seit Jahren ist Bangen Vize-Chef eines Logistik-Joint-ventures mit der Türkei. Seine Erfahrung in der weit verzweigten Duisport-Gruppe war für die Gesellschafter Land NRW (zwei Drittel) und Stadt Duisburg (ein Drittel) dann wohl das entscheidende Kriterium, den Rheinländer unter einer dreistelligen Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern auszuwählen und zum neuen Hafenchef zu berufen.

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Bangen spielt in die Karten, dass die gravierenden Engpässe bei den weltweiten Lieferketten während der Corona-Pandemie Duisburg nicht mit voller Wucht trafen. „Die internationalen Transportprobleme haben Duisburg nicht so hart getroffen wie die Seehäfen wie Hamburg, Rotterdam oder Antwerpen. Unsere Terminals laufen aber auf Hochtouren, um zu verhindern, dass es im Hinterland Containerschiff-Staus gibt“, sagt der Hafenchef. Weil die riesigen Stahlbehälter knapp geworden sind, zittern Handelsunternehmen, ob die Weihnachtsware rechtzeitig von Asien nach Deutschland kommt. „Für die Container-Knappheit gibt es zwei ganz einfache Erklärungen. Während der Corona-Krise wurde die Bestellung von neuen Containern ausgesetzt und gleichzeitig ist die weltweite Umfuhr von Leercontainern auf Grund der anhaltenden Probleme im internationalen Warenverkehr versäumt worden“, erklärt er.

China-Verkehr auf die Schiene verlagert

Aber auch hier profitiert der Hafen von der frühzeitigen Weichenstellung, Duisburg in die Seidenstraße einzubinden und eine regelmäßige Güterzugverbindung nach China aufzubauen. „Der Verkehr von und nach China ist in der Corona-Krise massiv auf die Schiene verlagert worden. Diese Geschwindigkeit der Volumensteigerungen wird nicht so bleiben, aber der Anteil der Schiene wird weiter wachsen“, prognostiziert Bangen. Angesichts überfüllter Straßen und knapper Kapazitäten auf dem Wasser sieht der Hafenchef deutliche Wachstumsraten für den Bahnverkehr. Gleichwohl gebe es auch auf der Schiene Engpässe. Von acht als überlastet eingestuften Güterbahnhöfen liegen dem Vernehmen nach sieben in NRW.

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Bangen zeigt sich aber zuversichtlich. Die Züge führen längst nicht mehr leer von Duisburg nach Asien zurück. Dafür sorgten der stetig wachsende E-Commerce, aber auch die Nachfrage nach Produkten aus dem Ruhrgebiet. „Etwa Autopflege-Produkte eines Duisburger Herstellers sind in China besonders beliebt“, sagt Bangen mit einem Augenzwinkern.