Essen. Die Start-up-Szene im Revier wächst. Seit fünf Jahren erhalten die Gründer im Ruhrhub Tipps und Hilfe, wie ihre Firma ans Fliegen gebracht wird.
Sechs Städte, eine Anlaufstelle – mit dem Ruhrhub demonstriert das Ruhrgebiet seit nunmehr fast fünf Jahren, dass Zusammenarbeit funktioniert und Früchte trägt. Denn die Start-up-Szene ist aufgeblüht, seitdem es eine gemeinsame Plattform gibt, bei der die wichtigsten Fäden für Unternehmensgründungen im Revier zusammenlaufen.
Oliver Weimann war schon im Hintergrund dabei, als die Städte Dortmund, Essen, Duisburg, Bochum, Gelsenkirchen und Mülheim noch untereinander rangen, wer den Zuschlag für das damalige Prestigeprojekt Ruhrhub erhalten sollte. Am Ende wurde es Essen. Das Ladenlokal in der Lindengalerie im Herzen der Innenstadt ist nun die Anlaufstelle für die Gründerszene im Ruhrgebiet und ihr Geschäftsführer zufrieden. „Inzwischen gibt es signifikant mehr Start-ups, die sich gut entwickeln“, sagt Weimann. „Uns ist es gelungen, die Qualität der jungen Unternehmen zu verbessern.“
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Seit Frühjahr 2020 ist Weimann nicht mehr allein in der Geschäftsführung. Svenja Tietje wechselte von der Dortmunder Wirtschaftsförderung zum Ruhrhub. Die gebürtige Wanne-Eickelerin brachte alles mit, was der Ruhrhub in diesen Wochen besonders braucht: Erfahrung bei der Organisation großer Veranstaltungen. Am 29. und 30. Juni startet der 6. Ruhrsummit, der jährliche Kongress der hiesigen Gründerszene mit Gästen aus aller Welt.
Ruhrhub hat alle Veranstaltungen digitalisiert
Ob Ruhr-Start-up-Week, Netzwerkveranstaltungen oder eben der Ruhrsummit – „während der Corona-Pandemie haben wir alle Formate digitalisiert. Und erfreulicherweise gab es keinen Einbruch bei den Teilnehmerzahlen“, sagt Tietje. Der Ruhrsummit soll in diesem Jahr erstmals hybrid starten – mit zwei Bühnen unter freiem Himmel vor der Jahrhunderthalle in Bochum und virtuell via Internet.
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Mit ihren unterschiedlichen beruflichen Hintergründen scheint sich das Geschäftsführer-Duo des Ruhrhub gut zu ergänzen. Tietje zog es nach dem Abitur gleich für zwei Jahre nach Rom, wo sie ihr Studium der Kommunikationswissenschaft und Publizistik begann. Sie arbeitete 13 Jahre in Agenturen für Live-Kommunikation und Kommunikation in München und Wuppertal, bis sie nach Dortmund wechselte. „Bei der Wirtschaftsförderung in Dortmund war ich für die Standortkommunikation zuständig. Das eröffnete mir einen persönlichen Bezug auch zu Gründungsthemen“, erzählt die Geschäftsführerin.
Beratung für Thyssenkrupp, Brenntag und Salzgitter Mannesmann
Weimann kennt die Start-up-Szene aus verschiedenen Blickwinkeln: als aktiver Gründer, als Investor und als Berater. „Ich habe alle Seiten mal gesehen“, sagt er selbst. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften heuerte Weimann bei einer Unternehmensberatung an und ist „schnell bei digitalen Geschäftsmodellen gelandet“, wie er sich erinnert. „Ich habe internationalen Digital-Unternehmen geholfen, auf den deutschen Markt zu kommen.“ In dieser Zeit gründete er nebenher sein erstes eigenes Start-up – das Sportportal Kickwelt.
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2010 riskierte Weimann dann selbst den Sprung in die Selbstständigkeit. Die 360 Online Performance Group in Essen hält inzwischen 16 Beteiligungen an jungen Firmen und beschäftigt 13 Mitarbeiter. Zu den bekannten Investments gehören die Start-ups Pottsalat, beesmartcity und Wirfliegendrohne.de. Konzerne wie Thyssenkrupp, Brenntag und Salzgitter Mannesmann berät 360 bei der digitalen Transformation.
Geschäftsführer aus Wanne-Eickel und Bottrop
„Die meiste Zeit verbringe ich aber im Ruhrhub“, betont der gebürtige Bottroper. Dort trifft er die jungen Gründer, die im Ruhrhub ihre ersten Büroräume anmieten und Business-Pläne schreiben. Ihnen kann Weimann seine Erfahrungen weitergeben, die alles andere als romantisch klingen.
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„Erfolgreicher Gründer ist man nur mit Haut und Haaren. Ein Unternehmen neben einem sicheren Job zu gründen, funktioniert nicht“, sagt er. Der Start-up-Prozess bis zur etablierten Firma „kostet Blut und Schmerzen“ und im ungünstigsten Fall auch das eigene Geld. So hält es Weimann auch mit seiner eigenen Venture-Capital-Gesellschaft. „Ich investiere mein eigenes Geld. Und wenn ich mit einer Beteiligung keinen Erfolg habe, dann tut es mir halt richtig weh.“ Sein Rat: Gründer müssen morgens „mit leuchtenden Augen aufstehen“ und dürfen auf keinen Fall „aus Hoffnungslosigkeit“ den Weg in die Selbstständigkeit antreten.
>>> Der Ruhrhub
Im Auftrag und mit finanziellen Mitteln des NRW-Wirtschaftsministeriums sowie sechs Ruhrgebietsstädten ging der Ruhrhub im Oktober 2016 an den Start. Die Ziele: Förderung der regionalen Start-up-Szene, Impulse für die digitale Transformation und die Vernetzung mit Unternehmen aus dem Revier, die die Geschäftsmodelle der Gründer nutzen wollen.
Jährlich steht dem Ruhrhub ein Budget von rund einer Million Euro zur Verfügung, um die Aktivitäten zu finanzieren. Die Zuschüsse tragen jeweils die beteiligten Städte und das NRW-Wirtschaftsministerium. Die aktuelle Förderphase läuft am 30. September 2022 aus.
Der Ruhrhub generiert aber auch eigene Einnahmen: aus der Vermietung von Räumen an Start-ups und für größere Veranstaltungen. Auch Erlöse aus dem Ticketverkauf und für Leistungen für Unternehmen fließen in die Kasse des Ruhrhub.