Hagen/Essen. Enervie, Westnetz und OpenGrid Europe wollen den Ausbau der H2-Infrastruktur im Raum Hagen jetzt konkret angehen.

Wasserstoff wird zum Hoffnungsträger der Wirtschaft auf dem Weg zu einer klimaneutralen Produktion. Mit dem Projekt „Zukunft RuH2r“ nähren die beiden Gasverteilnetzbetreiber Enervie aus Hagen und Westnetz aus Dortmund gemeinsam mit dem Branchenriesen Open Grid Europe aus Essen die Hoffnung im Raum Hagen, Ennepe-Ruhr und Dortmund konkreter. Sie wollen zunächst in diesem Gebiet eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur aufbauen. Nicht zuletzt deshalb, weil es hier aus dem Mittelstand bereits reges Interesse gibt.

„Wasserstoff ist für viele Betriebe die große Chance, ihre Produktion zu dekarbonisieren. Der Anschluss an ein Wasserstoffnetz ist dafür ein wesentlicher Baustein. Hagen bietet durch die hohe Industriedichte und die günstige Netzkonstellation beste Ausgangsbedingungen für ein regionales H2-Cluster“, sagt Erik Höhne, Vorstandschef des regionalen Versorgers Enervie.

Power to Gas

Westnetz betreibt in Ibbenbüren ein Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Gestartet ist die Pilotanlage „Power to Gas“ vor fünf Jahren noch zu Innogyzeiten. Am Elektrolyseur wird grüner Wasserstoff hergestellt – die Anlage ist direkt an ein Windrad angeschlossen. Probeweise wurde auch ein H2-Anteil dem Erdgas in der Region beigemischt. „Es hat gut funktioniert“, sagt Westnetz-Sprecher Breuer.

In der Region befinden sich nach Aussage des Projekttrios bereits leistungsstarke Wasser-, Gas- und Stromleitungsanbindung (potenzielle Übergabepunkte) zum Stromübertragungsnetz – was für die Herstellung von grünem Wasserstoff durch regenerative Energien wichtig ist. Das wird nicht kurzfristig passieren, „aber heute ist ein erster Schritt“, sagt Westnetz-Sprecher Thomas Breuer. Irgendwann muss aus der Hoffnung ja eine ganz konkrete und verlässliche Energieversorgung werden. „Der Bedarf ist so groß, dass wir ihn nicht kurzfristig mit grünen Wasserstoff werden decken können. Aber man muss jetzt anfangen, um vorgegebene Klimaziele zu erreichen“, so Breuer.

Fünf Unternehmen bereits im Boot

Für die interessierten Unternehmen ist der Startschuss für die notwendige Infrastruktur ein wichtiges Signal, um planen und investieren zu können. Dafür muss es dann auch bei der H2-Strategie der Bundesregierung bleiben, gleich welcher Couleur sie nach der Wahl Ende September auch sein mag. Aus dem Hagener Raum haben mit den Kaltwalzunternehmen Bilstein und Waelzholz, dem Logistiker H2 Green Power&Logistics, dem Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper und Thyssenkrupp Hohenlimburg Unternehmen ihre konkrete Absicht bekundet, Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Produktion einsetzen zu wollen. Je schneller, desto besser, denn mit der nationalen CO2-Bepreisung drohen in Kürze immense Kosten beim Einsatz fossiler Brennstoffe.

Katherina Reiche: „Millionen Haushalte und Betriebe können versorgt werden“

Der Aufbau der Infrastruktur soll auf zwei Wegen passieren: Der Nutzung bereits vorhandener Kapazitäten im Gasleitungsnetz und dem Neubau von reinen Wasserstoff-Leitungen. Hier werde geprüft, heißt es von Open Grid Europe. „Unsere bereits vorhandene Infrastruktur in Deutschland kann mit geringen Anpassungen auch dem Transport von Wasserstoff dienen. Diesen großen Vorteil müssen wir nutzen. 31,5 Millionen Menschen sind in Deutschland an das Verteilnetz für Gas angeschlossen. Durch dieses Netz werden darüber hinaus 1,6 Millionen gewerbliche und industrielle Betriebe versorgt. Perspektivisch können Millionen Haushalte und Unternehmen direkten Zugang zum H2-Netz erhalten. Als größter Ballungsraum Deutschlands ist das Ruhrgebiet geradezu prädestiniert, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen“, ist Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westnetz-Muttergesellschaft Westenergie und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates, optimistisch.

Über Open Grid Europe soll der Anschluss ans deutsche beziehungsweise europäische Wasserstoffnetz bewerkstelligt werden. Das H2-Projekt im Raum Hagen sei offen für weitere Partner und somit die Ausdehnung auch ins angrenzende Sauerland, das Ruhrgebiet mit der Stadt Dortmund und den Kreis Unna angestrebt.