Essen. Der Essener Energiekonzern RWE und der Chemieriese BASF wollen kooperieren. Geplant ist ein vier Milliarden Euro schweres Windkraft-Projekt.

Der Essener Energieversorger RWE und der Chemiekonzern BASF planen eine milliardenschwere Investition zum Bau eines Windparks in der Nordsee. Ihre Projektidee stellten die Vorstandschefs beider Unternehmen, Markus Krebber und Martin Brudermüller, im Beisein des IGBCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis in Ludwigshafen vor. Zur Versorgung der Chemiewerke am BASF-Stammsitz planen die Konzerne einen zusätzlichen Windpark auf hoher See, der mit einer Kapazität von rund zwei Gigawatt eine der weltweit größten Anlagen wäre. Ziel sei die Produktion von grünem Strom sowie die CO2-freie Herstellung von Wasserstoff. So will BASF die Produktionsprozesse von Chemikalien, die bisher auf fossilen Energieträgern basieren, elektrifizieren.

„Windkraft auf dem Meer ist die mit Abstand effektivste Form der erneuerbaren Stromerzeugung“, sagte RWE-Chef Krebber. In der Nordsee gebe es Flächen, die bislang für die Zeit nach dem Jahr 2030 im Flächenentwicklungsplan und im Netzentwicklungsplan ausgewiesen seien. Um diese Gebiete für das Vorhaben der beiden Konzerne zu nutzen, müsste der Netzanschluss vorgezogen werden. „Wir wollen darüber mit den zuständigen Stellen ins Gespräch kommen, um auszuloten, wie das möglich wäre“, erklärte Krebber.

Direkt von der Nordsee nach Ludwigshafen

Der überwiegende Teil des grünen Stroms soll von der Nordsee direkt nach Ludwigshafen transportiert werden, berichtete der RWE-Chef. Um das Vorhaben in die Tat umzusetzen, müssten allerdings noch zahlreiche Fragen geklärt werden. „Unsere Vorstellungen wollen wir gern mit der Bundesnetzagentur, den Übertragungsnetzbetreibern und dem Wirtschaftsministerium besprechen“, sagte Krebber.

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Der neue RWE-Chef Markus Krebber (48) beschreibt seinen Führungsstil mit den Worten „flache Hierarchien, schnelle Entscheidungen, Pragmatismus, aber auch immer ein kritisches Hinterfragen, ob der eigene Weg der richtige ist“.
Von Ulf Meinke, Stefan Schulte und Andreas Tyrock

20 Prozent des grünen Stroms aus dem neuen Offshore-Windpark wollen die Unternehmen zur Herstellung von Wasserstoff verwenden. Hierfür ist der Bau eines Elektrolyseurs erforderlich, der einer der größten Deutschlands werden soll. Der Standort des Elektrolyseurs hänge davon ab, „wo der Windstrom aus der Nordsee landseitig am besten eingespeist werden kann“, erklärte Krebber.

RWE strebe an, das Projekt bis zum Jahr 2030 zu realisieren. „Damit das gelingt, wollen wir sobald wie möglich loslegen“, sagte Krebber. Anpassung der Flächen- und Netzentwicklungspläne, Ausschreibungsprozess, Windpark-Entwicklung, Netzanschluss und Bau – all das dauere mindestens sieben Jahre.

Handlungsdruck in der Chemieindustrie besonders groß

„Wir wissen: Ohne die Unterstützung der verantwortlichen Stellen in Politik und Verwaltung geht es nicht“, warb Krebber um Unterstützung für das Vorhaben. Voraussetzung für eine Realisierung sei unter anderem die zusätzliche Ausschreibung von Flächen für Offshore-Windprojekte. Zudem sollte nach Ansicht der Unternehmen der grüne Strom von der Erneuerbare-Energien-Umlage entlastet werden. Eine finanzielle Förderung für den Bau durch die öffentliche Hand sei dagegen nicht erforderlich. Die Kosten für den Windpark und die Elektrolyseanlage bezifferte Krebber mit mehr als vier Milliarden Euro. Die Pläne beider Unternehmen sehen vor, dass RWE mit 51 Prozent an dem Windpark beteiligt ist – und BASF mit 49 Prozent.

BASF-Chef Brudermüller betonte, der klimaneutrale Umbau der Chemieindustrie könne nur gelingen, wenn es „ausreichende Mengen an Strom aus erneuerbaren Quellen zu wettbewerbsfähigen Preisen“ gebe. „Die Chemieindustrie gehört zu den energie-intensivsten Branchen überhaupt“, gab Brudermüller zu bedenken.

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Die Bundesregierung hatte unlängst ein neues Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht, das Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 vorsieht. „Ohne einen schnellen und konsequenten Ausbau der Kapazitäten für erneuerbare Energien werden große politische Träume platzen“, warnte der BASF-Chef. Es werde Zeit, „dass die Politik ihre 10.000 Meter Flughöhe der Ambitionen verlässt und sich endlich an die Arbeit macht, diese Ziele und ambitionierten Ideen auf den Boden der Realität bringt“.

Demonstrative Unterstützung vom Chef der Gewerkschaft IGBCE

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Vassiliadis, hob die Bedeutung der Chemieindustrie für gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland hervor. Mit Blick auf den Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohleverstromung sagte Vassiliadis, mit dem Projekt von BASF und RWE gebe es ein Vorhaben, „das endlich etwas einschaltet und nicht etwas abschaltet“.

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RWE-Chef Krebber betonte, angesichts der Verschärfung des Klimaziele in Deutschland seien zusätzliche Anstrengungen beim Umbau der Industrie erforderlich. „Ambitioniert zu sein, ist mit Blick auf den Ausbau von erneuerbaren Energien und die Transformation der Industrie richtig“, sagte Krebber. „Jetzt wird es darum gehen, zügig zu agieren und langfristige Perspektiven zu schaffen, damit tatsächlich mehr Tempo in die Energiewende kommt.“