Mülheim. Überraschend wollen nun auch Ehefrau und Kinder den verschollenen Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub für tot erklären lassen.
Wende im Fall des verschollenen Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub: Am Montag haben sich auch Ehefrau Katrin und die Zwillinge Viktoria und Erivan den bereits laufenden Anträgen auf Todeserklärung angeschlossen. Das bestätigte ein Sprecher des Amtsgerichts Köln auf Anfrage unserer Redaktion.
Bis zuletzt hatte es die Familie abgelehnt, den Ehemann und Vater, der am 7. April 2018 nicht von einer Bergtour in der Schweiz zurückgekehrt war, für tot erklären zu lassen. Seine Leiche wurde nie gefunden. Im Streit um das Erbe von Karl-Erivan Haub hatten im Oktober 2020 der alleinige Tengelmann-Chef Christian Haub, sein Bruder Georg und die Firma das Aufgebotsverfahren in Gang gesetzt. Nach Berichten über Spekulationen, Karl-Erivan Haub könne noch leben, hatte Georg Haub seinen Antrag auf Todeserklärung Ende Dezember plötzlich zurückgezogen
https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/katrin-haub-nennt-todesantrag-fuer-ihren-mann-anmassend-id230652024.htmlIm Oktober noch hatte die Familie von Katrin Haub das Vorgehen der Verwandten und des Unternehmens scharf kritisiert. Gegenüber unserer Redaktion hatte sie erklärt: „Den Antrag, den eigenen verschollenen Ehemann für tot erklären zu lassen, wird niemand leichten Herzens stellen. Nicht ohne Grund räumt das Gesetz für die Stellung eines Antrags auf Todeserklärung eine Frist von zehn Jahren ein. Es ist sehr befremdlich, dass sich jemand Drittes anmaßt, eine solche Entscheidung für unsere Familie treffen zu wollen.“
Gericht hatte Familie eine Frist gesetzt
Nun die Wende. Auf Anfrage teilte der Kölner Amtsrichter Maurits Steinebach mit: „Die Ehefrau Katrin Haub und die beiden Kinder Viktoria und Erivan Haub sind gestern neben den bisherigen Antragstellern in das Verfahren eingetreten. Sie erhalten dadurch die rechtliche Stellung von Antragstellern nach Paragraph 17 des Verschollenheitsgesetzes.” Zuvor hatte das Gericht der Familie eine Frist bis zum 31. Januar gesetzt, sich zu dem Verfahren zu erklären. Deren Anwälte hatten daraufhin Akteneinsicht beantragt.
Zu ihren Beweggründen wollte sich die Familie von Kathrin Haub nicht äußern. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte sie lediglich: „Diese Entscheidung ist eine höchstpersönliche Entscheidung der Familie Karl-Ervian Haub.“ Weiter wolle man sich nicht dazu äußern.
https://www.waz.de/wirtschaft/wirtschaft-in-nrw/tengelmann-georg-haub-zieht-antrag-auf-todeserklaerung-zurueck-id231347500.htmlNun ist es am Amtsgericht Köln zu entscheiden, ob es das Aufgebotsverfahren zulässt. Im Rahmen dessen haben dann alle Betroffenen die Gelegenheit, sich zum Verbleib von Karl-Erivan Haub zu äußern. Zuletzt gab es eine Reihe von Indizien, die gegen einen Bergunfall sprechen. Stattdessen wurden Vermutungen laut, der Milliardär könne mit seiner russischen Geliebten untergetaucht sein.
Debatte um Erbschaftssteuer in Höhe von 450 Millionen Euro
Parallel zu dem Verfahren auf Todeserklärung suchen die Staranwälte Mark Binz und Peter Gauweiler nach einer Lösung auch für die Erbschaftssteuer, die Viktoria und Erivan Haub zahlen müssten, wenn Sie die Anteile ihres Vaters an der Mülheimer Tengelmann-Gruppe erben sollten. Die Summe beliefe sich Schätzungen zufolge auf 450 Millionen Euro. Hinzu kommen Forderungen der USA, weil die Haubs neben der deutschen auch die amerikanische Staatsangehörigkeit haben.
Als Ausweg könnte Konzernchef Christian Haub die Geschäftsanteile seines Bruders erwerben. Zuletzt stand dafür ein Angebot von 1,1 Milliarden Euro im Raum, das die Familie von Katrin Haub allerdings als unzureichend abgelehnt hatte. Mit der Zustimmung zum Aufgebotsverfahren dürfte nun ein wichtiges Hindernis auf dem Weg zur Einigung der zerstrittenen Familienzweige aus dem Weg geräumt sein. Der Anwalt von Christian Haub, Mark Binz, hat wollte sich dazu aber nicht äußern und verwies auf die mit Gauweiler, der die Familie von Katrin Haub vertritt, vereinbarte strenge Vertraulichkeit.
https://www.waz.de/wirtschaft/wirtschaft-in-nrw/tengelmann-chef-bergsteiger-bezweifeln-unglueckstheorie-id231285136.htmlDer Handelskonzern Tengelmann gehört zu jeweils rund einem Drittel den Haub-Brüdern. Nach der Familiensatzung dürfen Anteile nicht an externe Dritte verkauft werden. Unternehmenschef Christian Haub würde seinen Einfluss immens steigern, wenn er den Anteil von Karl-Erivan Haub übernehmen sollte. Ein Ausschluss aus der Gesellschafterversammlung nach dem Verschollenheitsgesetz kommt nach einschlägiger Juristen-Meinung nicht mehr in Frage, sobald Haub für tot erklärt ist.
Nichts bekannt ist über die künftige Rolle Georg Haub in der Tengelmann-Gruppe. Offen ist auch, warum er seinen Antrag auf Todeserklärung seines Bruders zurückgezogen hat. Dem Vernehmen nach sollen ihn Zweifel an der Unfalltod-Theorie irritiert haben.
>>> Christian Haub zollt Schwägerin Respekt
Tengelmann-Chef Christian Haub (Bild) zeigt sich nach der Entscheidung seiner Schwägerin erleichtert. Sein Anwalt Mark Binz erklärt: „Christian Haub bekundet seinen Respekt vor diesem Schritt der Familie seines verunglückten Bruders Karl-Erivan, der ihr vermutlich nicht leicht gefallen sein wird. Damit ist ein weiterer großer Streitpunkt aus dem Wege geräumt.“
Die Verhandlungen mit seinem Anwaltskollegen Peter Gauweiler „mit dem Ziel einer umfassenden Einigung“ machten überdies „große Fortschritte“, so Binz.