Essen. In den Großstädten wird zu wenig gebaut. Ausnahme ist einer Studie zufolge Bochum. Trotz Corona steigen Mieten und Preise für Immobilien weiter.
Trotz der Corona-Krise bleibt der Wohnungsbedarf in Nordrhein-Westfalen hoch. Einer Studie zufolge wird vor allem in den beiden größten Ruhrgebietsstädten Dortmund und Essen zu wenig, in Bochum dagegen über Bedarf gebaut.
Das Analysehaus Wüest Partner hat die Wohnungsmärkte in 20 westdeutschen Großstädten genauer unter die Lupe genommen. Auch wenn sich manche Familie in der Pandemie dafür entscheidet, lieber in die nicht so stark besiedelten Außenbereiche zu ziehen, ist Andreas Pörschke davon überzeugt, dass die Immobilien-Nachfrage in den Metropolen ungebrochen bleibt. „Die Urbanisierung hält an“, sagte der Geschäftsführer von Wüest Partner am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Gleichwohl beobachtet er, dass längst nicht so viele Miet- und Eigentumswohnungen gebaut werden wie nötig.
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Als Ausreißer im Ruhrgebiet haben die Immobilien-Experten Bochum identifiziert. Hier erreicht der Quotient aus Baufertigstellungen und Neubaubedarf der Studie zufolge 114 Prozent. Bei 100 Prozent wäre der Bedarf exakt erfüllt. Essen kann den Bedarf dagegen gerade einmal zu 63 Prozent, Dortmund sogar nur zu 52 Prozent decken. „In Dortmund wird viel zu wenig gebaut“, meint Pörschke. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 71 Prozent. Die Landeshauptstadt Düsseldorf kommt auf 65 Prozent.
Bochum baut über Bedarf – Mangel in Essen und Dortmund
Einer Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge ist der Wohnungsmangel NRW-weit in Köln am größten. Dort wurden im Zeitraum 2016 bis 2018 jährlich gut 3.100 Wohnungen gebaut. Das entspreche nur 46 Prozent des Bedarfs von jährlich knapp 6.900 benötigten Einheiten. Auf Platz zwei folgt direkt Dortmund mit 59 Prozent. Duisburg kam zuletzt auf 67 Prozent, Essen auf 72 Prozent und Bochum auf 128 Prozent. Laut IW müssten in Nordrhein-Westfalen jährlich 61.800 Wohnungen gebaut werden, unter dem Strich waren es aber nur 47.900.
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Bei der Berechnung des Bedarfs stützen sich die Institute vor allem auf die erwartete Bevölkerungsentwicklung. In Essen und Dortmund mit einer geringen Neubautätigkeit wird ein signifikantes Einwohner-Wachstum erwartet. Mülheim und Gelsenkirchen sieht das IW stabil. Für den Rest des Ruhrgebiets wird eine bis zum Jahr 2030 schrumpfende Bevölkerung prognostiziert.
Mieten steigen trotz Corona weiter
Neubauten müssen sich für Investoren aber auch lohnen. Wüest-Geschäftsführer Pörschke ist da optimistisch: „Wohnraum-Invests bleiben attraktiv“, sagt er – obwohl Dortmund und Essen mit einer überdurchschnittlich hohen Arbeitslosenquote zu kämpfen hätten. Die wirtschaftliche Situation in den Städten wirke sich freilich auch auf die Mietpreise aus. „Die Dynamik hält an“, sagt Pörschke. Übersetzt heißt das: Die Mieten steigen – unter den 20 untersuchten westdeutschen Städten am stärksten in Frankfurt am Main. Für die Main-Metropole wurde ein Miet-Mittelwert (Meridian) von 16,14 Euro pro Quadratmeter errechnet. Schlusslicht ist demnach Essen mit 7,35 Euro. „Aufgrund der hohen Nachfrage und der unzureichenden Fertigstellungen ist auch vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie von einem stabilen Mietniveau auszugehen“, blickt Pörschke in die Zukunft.
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Auch bei Eigentumswohnungen sieht der Experte trotz der Krise „keine abnehmende Dynamik bei den Preisen“. Unter den 20 untersuchten Städten haben sich Eigentumswohnungen in Frankfurt seit 2010 um 180 Prozent verteuert. Den geringsten Preissprung machte der Studie zufolge Bochum mit 35 Prozent.
Teure Grundstücke rechnen sich eher für Gewerbe
Für den schleppenden Neubau in den Metropolen machen Wüest, aber auch das Investmenthaus Barton vor allem die Kommunen verantwortlich. „Neben den steigenden Baukosten werden auch die Grundstücke signifikant teurer. Das spiegelt sich auch in den Mieten wider“, sagt Dominik Barton. Da sich die Kalkulation für Wohnungsbau oft nicht rechne, setzten die Städte vermehrt auf Gewerbenutzung. Barton: „Das ist ein Stück weit paradox. Da ist die Politik gefragt.“