Bochum. Erster virtueller Ruhrsummit läuft gut, Diskussionen per Livestream, Start-ups pitchen und chatten mit Geldgebern. Viel Optimismus trotz Corona.
Die Nebengeräusche fehlen in der Bochumer Jahrhunderthalle, das Geraune zwischen den Ständen der Start-ups und Investoren. Doch thematisch ist der erste digitale Ruhrsummit bunter denn je: Nordrhein-Westfalens größte Gründerkonferenz findet seit Dienstagmittag als Online-Event statt, die Experten, Jungunternehmer und potenziellen Geldgeber treffen sich virtuell, diskutieren und loten Chancen aus. Der in den vergangenen Jahren stets von tausenden Gästen besuchte Schauplatz ist auch nicht ganz leer – nur finden die Diskussionsrunden auf der Hauptbühne nicht vor physisch anwesendem Publikum statt, sondern werden als Live-Stream übertragen. 2700 virtuelle Teilnehmer zählen die Veranstalter am Abend.
Virtuelle Bühnen und Räume trennt nur ein Klick
Die eigens für den Ruhrsummit geschaffene Plattform läuft zum Auftakt weitgehend reibungslos. Die Hauptbühne, die Pitches, Vorträge und Expertenrunden trennt jeweils nur ein Klick, hier stellt sich ein Start-up vor, dort referiert aus Berlin der Bundesverband Deutsche Start-ups die jüngsten Zahlen: Ja, die Corona-Krise trifft auch die Gründerszene hart, sagt Alexander Hirschfeld, mit Ausnahmen in den Bereichen Onlinehandel und -Netzwerke. Doch im Vergleich zur Gesamtwirtschaft bleiben Start-ups deutlich optimistischer für die Zukunft, 90 Prozent gaben jüngst trotz der Krise an, in den kommenden zwölf Monaten neues Personal einstellen zu wollen.
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Während Hirschfeld aus Berlin zugeschaltet war, gaben von der Bochumer Bühne aus Innovationsmanager Einblicke, was ein Start-up mitbringen muss, um von einem großen Unternehmen unterstützt und finanziert zu werden: Peter Trapp von der Duisburger Logistik-Innovationsplattform Startport und Manuel Woste von Kolumbus, der für Gelsenwasser sowie die Dortmunder und Bochumer Stadtwerke nach neuen Geschäftsideen für die Energiewelt sucht. Beide setzen sowohl auf frische Universitäts-Ausgründungen als auch bereits marktfähige Innovationen. Und beide betonen, wie wichtig dafür die in Deutschland noch unterentwickelte Kultur des Scheiterns sei. Das Beste für ein Unternehmen sei es, wenn die einzelnen Abteilungen um die beste Kooperation mit Start-ups wetteiferten, sagte Trapp.
Bei IT-Kompetenz „entsteht „im Ruhrgebiet Großes“
Bastian Siebers, Chef des Onlinehändlers Babymarkt.de, steht wie wenige für den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Er hat sein vor 16 Jahren gegründetes Unternehmen gerade erst in Bochum angesiedelt, am geschichtsträchtigen Gelände des 2014 geschlossenen Opel-Werks, auf dem viele neue Arbeitsplätze entstanden sind. Sein Start-up hat er inzwischen zu Europas Marktführer gemacht.
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Mit entscheidend für den Erfolg sei die eigene IT-Kompetenz, zur Weiterentwicklung der Online-Software, aber auch für die Erfassung entscheidender Daten: „Wenn die Frau schwanger ist, müssen wir die ersten Angebote machen“, sagt Siebers – und sie dann dem Alter des Kindes anpassen. Die Wahl des neuen Standorts in Bochum habe auch mit dem wachsenden Angebot von IT-Fachkräften vor Ort zu tun, auf diesem Feld entstehe „im Ruhrgebiet Großes“, sagt der Chef von Babymarkt.de, einer Tengelmann-Tochter.
„Der Austausch der Teilnehmer untereinander steht ganz oben auf der Agenda. Unser Ziel ist es, Innovatoren und Macher erfolgreich zusammenzubringen“, sagt Organisator Oliver Weimann, Geschäftsführer des Ruhrhub, der den inzwischen europaweit etablierten Gründergipfel mit dem Initiativkreis Ruhr veranstaltet. Dessen Co-Moderator Thomas Lange sagte zum Auftakt, diesmal gelte mehr denn je: „Hier pulsiert das Gründer-Herz.“ Beim Ruhrsummit 2020 im digitalen Format kann das Ruhrgebiet sein großes Potenzial nun auf einer internationalen Bühne beweisen, betonte Lange, der Chef der Nationalbank.