Essen. Fast alle Wirte haben wieder geöffnet – doch die meisten erzielen weniger als die Hälfte des normalen Umsatzes. Das reicht nicht fürs Überleben.

Fast alle Restaurants und Kneipen in NRW haben wieder geöffnet, doch die Wirte beklagen trotzdem dramatische Umsatzverluste. Dem Branchenverband Dehoga zufolge verdienen die Gastronomen wegen der Corona-bedingten Einschränkungen trotz der Wiedereröffnung viel zu wenig, um mittelfristig überleben zu können.

In einer NRW-Umfrage gaben drei von vier Gastronomen (77 Prozent) an, nach der Öffnung unter Corona-Bedingungen höchstens die Hälfte ihres üblichen Umsatzes zu erzielen. 40 Prozent der Wirte gaben sogar an, nicht einmal ein Viertel der Einnahmen aus normalen Zeiten zu erreichen. Zum Vergleich nahmen sie die Umsätze aus der entsprechenden Mai-Woche des Vorjahres.

Wirte brauchen mindestens 70 Prozent vom Normalumsatz

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverbvand (Dehoga) in NRW geht davon aus, dass Gastronomen mittelfristig im Schnitt wieder auf mindestens 70 Prozent der „normalen“ Umsätze kommen müssen, um überleben zu können. Das schaffen aktuell die wenigsten Wirte, nur acht Prozent gaben an, wieder mindestens drei Viertel ihres normalen Umsatzes zu erzielen.

„Ohne weitere Lockerungen, mehr außengastronomische Flächen und vor allen Dingen mehr staatliche Unterstützung wird Gastronomie für viele Betriebe mittelfristig nicht mehr funktionieren“, warnt Bernd Niemeier, Dehoga-Präsident in NRW. Denn: „Der Lockdown war furchtbar, die Phase der Lockerungen bleibt für viele aber ein Experiment mit ungewissem Ausgang.“ Er appelliert an die Kommunen, möglichst unbürokratisch neue außengastronomische Flächen auszuweisen, um ihren Wirten mehr Umsätze zu ermöglichen.

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Seit zehn Tagen dürfen in NRW Restaurants und Kneipen wieder öffnen, wenn sie bestimmte Hygiene- und Abstandsregeln einhalten. Bewirtet werden darf nur mit Maske und an Tischen, die Gäste müssen feste Plätze zugewiesen bekommen und registriert werden, um bei möglichen Infektionen die Kontakte nachhalten zu können. Die Theken in den Kneipen müssen geschlossen bleiben.

Viele Gäste sind noch zurückhaltend

Die Gründe für die schwachen Umsätze liegen auf der Hand: Die Gastronomen müssen Tische rausnehmen, um den Mindestabstand von anderthalb Metern von Stuhllehne zu Stuhllehne einzuhalten. Auch seien die Gäste noch sehr zurückhaltend und unsicher: „Natürlich ist vieles neu und anders, deshalb sind wir für unsere Gäste auch jederzeit für Fragen offen, um zu erklären, warum wir was jetzt machen“, sagt Niemeier. Dabei dürfen Restaurants und Hotels in NRW bereits mehr als in anderen Bundesländern, so sind an Rhein und Ruhr unter Auflagen auch wieder Buffets erlaubt.

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Obwohl sich für viele Wirte die Öffnung unter den aktuellen Bedingungen gar nicht rechnet, haben fast alle (91 Prozent) vom ersten Tag an wieder ihre Türen geöffnet. Manch Gastronom lässt sich mehr Zeit für die Vorbereitung, 4,5 Prozent gaben jedoch an, während der Einschränkungen aus wirtschaftlichen Gründen ihre Lokale geschlossen zu halten.

Recht auf Pachtminderung gefordert

Der Dehoga NRW fordert weitere Hilfen für die Gastronomie: „Die Politik darf sich nicht wegducken. Die Probleme im Gastgewerbe sind trotz Lockerungen noch so immens, dass wir eine Härtefallregelung benötigen, auch im Bereich gesetzlicher Pachtanpassungen“, fordert Niemeier. Er fordert neben direkten Finanzhilfen auch einen gesetzlichen Minderungsanspruch für Pachten und Mieten. Zum geforderten Rettungsschirm für Gastronomen verwies NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) unlängst auf den von der Bundesregierung geplanten zweiten Rettungsschirm. Der werde zwar keine Pakete für einzelne Branchen beinhalten, aber Härtefallregelungen, die sich am Umsatzverlust orientieren.