Essen. Eon-Chef Teyssen fordert Senkung von Stromsteuer und Ökostrom-Umlage, um Bürger und Betriebe zu entlasten. Warum Corona die Preise steigen lässt.

Eon-Chef Johannes Teyssen hat eindringlich vor steigenden Strompreisen gewarnt und die Bundesregierung aufgefordert, dies durch Steuer- und Abgabensenkungen zu verhindern. Sonst werde der Neustart der deutschen Wirtschaft nach dem Ende der Corona-Beschränkungen abgewürgt. Zugleich brauche es eine Investitionsoffensive in Grünstromprojekte, um die Konjunktur in die richtige Richtung anzuschieben. Denn durch die Corona-Krise sei auch „der Klimaschutz unter Druck geraten“, sagte Teyssen in einer Telefonkonferenz zur Quartalsbilanz.

Eon fordert Entlastung um mindestens fünf Cent je Kilowattstunde

Die Stromsteuer solle weitestgehend abgeschafft, sprich von 2,05 Cent auf 0,05 Cent je Kilowattstunde gesenkt werden. Die Ökostromumlage solle am besten ganz wegfallen, zumindest aber auf maximal fünf Cent begrenzt werden, fordert Teyssen. Aktuell liegt sie bei 6,75 Cent, Teyssen rechnet damit, dass sie 2021 wegen der Nachwirkungen der Corona-Krise „durch die Decke geht“ – nach Eon-Schätzungen auf bis zu acht Cent. „Das würde Familien, Gastronomen und Bäcker, die wegen der Corona-Folgen ohnehin um ihre Existenz kämpfen, noch mehr belasten“, warnt Teyssen, „damit würgen wir den Aufschwung ab, bevor er begonnen hat.“ Die Eon-Forderungen würden bei einem Durchschnittspreis für Haushaltsstrom um die 30 Cent die Verbraucher um rund ein Sechstel entlasten.

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Auch die Energieminister der Länder hatten sich Anfang Mai für eine Senkung der EEG-Umlage und eine Entlastung der Stromverbraucher durch Zuschüsse aus Steuermitteln ausgesprochen. Denn: „Es kann nicht sein, dass das Förder- und Vergütungssystem der Erneuerbaren jetzt krisenverschärfend zu höheren Preisen führt“, wie NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte. Zudem fordern die Länder ein „Energiewende-Konjunkturprogramm“.

Teyssen sieht in Corona-Krise „historische Chance“

Teyssen sieht in der Corona-Krise eine „historische Chance, die Webfehler unseres Energiesystems zu korrigieren“. Damit meint er den Preismechanismus der Ökostromförderung in Deutschland: Er führt aktuell dazu, dass die Strompreise für fossilen Strom sinken und für Grünstrom steigen. Wind- und Sonnenstrom haben Vorrang im Netz und werden stets vergütet, das sichert die von den Verbrauchern zu zahlende EEG-Umlage ab.

In den Stromleitungen habt Ökostrom Vorrang vor Kohlestrom.
In den Stromleitungen habt Ökostrom Vorrang vor Kohlestrom. © dpa | Nestor Bachmann

Dass in der Corona-Krise wegen des Herunterfahrens der Wirtschaft deutlich weniger Strom verbraucht wird, verstärkt diesen Effekt, weil weniger Kohlestrom fließt und so der Ökostrom-Anteil weiter steigt. Dafür sorgte zusätzlich auch das ungewöhnlich warme und trockene Wetter zu Jahresbeginn: Der Februar war der zweitwärmste seit Aufzeichnung der Wetterdaten 1881, so Teyssen. Das habe zu einer „Rekordeinspeisung aus Wind- und Solarparks“ geführt. Der Eon-Chef will freilich nicht den Ausbau der Erneuerbaren bremsen, sondern beschleunigen – aber er fordert, dass ihn nicht mehr die Stromverbraucher allein bezahlen müssen.

Der zweitwärmste Februar seit 1881

Der viel zu warme Jahresbeginn habe erneut gezeigt, dass der Klimawandel fortschreite, so Teyssen. Er wirbt dafür, dass „die Post-Corona-Ökonomie auf einem klimafreundlichen Energiesystem“ basieren müsse. Das Hochfahren der Wirtschaft müsse entsprechend intelligent organisiert werden. Für Eon kündigte er an, weitere 500 Millionen Euro in klimaschonende Infrastruktur zu investieren. „Wir wollen jetzt unseren Beitrag für den Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Krise leisten“, sagte er, sieht aber auch den Staat in der Pflicht: Die Politik habe in der Mitfinanzierung von Ökostromprojekten „ein exzellentes Instrument“, um gleichzeitig Konjunktur und Klimaschutz voranzubringen.

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Dazu gehört für Teyssen auch eine Beschleunigung der Genehmigungen für Ökostrom-Projekte in Deutschland, was zum Teil auch mit Beschneidungen von Bürgerbeteiligungen einherginge. So stellt Teyssen das Verbandsklagerecht infrage, es müsse „mindestens aber dauerhaft auf ein sinnvolles Maß begrenzt werden“. Viele Ökostromprojekte, vor allem Windkraftanlagen an Land, werden mit Klagen zu verhindern versucht. Teyssen fordert eine Höchstdauer für Genehmigungsverfahren, auch solle die Bürgerbeteiligung digital erfolgen, um sie zu beschleunigen. „Wir produzieren tonnenweise Papiere, die liegen und liegen und liegen dann ewig herum – das geht so nicht weiter.“

Innogy-Integration prägt Eon-Bilanz

Das erste Quartal war bei Eon noch nicht von der Corona-Pandemie geprägt. Die Integration der RWE-Tochter Innogy hat den Umsatz von Januar bis März im Vorjahresvergleich nahezu verdoppelt – auf 17,7 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebit) stieg um 24 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro. Unterm Strich stand vor allem wegen der Integrationskosten bei Innogy ein Nettoverlust von 327 Millionen Euro.