Essen. Corona lässt die Arbeitslosigkeit in NRW und im Ruhrgebiet sprunghaft steigen. Zugleich sind 2,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit.

Die Corona-Krise hat bereits Zehntausende Arbeitsplätze in NRW gekostet: Im April stieg die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem März um knapp 70.000 auf 718.000 Personen, also um knapp elf Prozent. Das war der stärkste Anstieg der NRW-Monatszahlen seit Februar 2005 – damals ließ die Einführung von Hartz IV die Zahlen aus statistischen Gründen sprunghaft wachsen.

Das wahre Ausmaß der Krise auf dem Arbeitsmarkt spiegelt das aber noch lange nicht wider: Denn es wären noch weit mehr Menschen arbeitslos geworden, wenn die Betriebe nicht massenhaft Kurzarbeit eingeführt hätten, um ihre Mitarbeiter zu halten.

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Im März und April meldeten landesweit 151.829 Unternehmen und Betriebe Kurzarbeit für insgesamt 2,15 Millionen Beschäftigte an, wie die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag mitteilte. Das ist ein einsamer Rekordwert, selbst in der großen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 meldete nur ein Bruchteil dessen Kurzarbeit an.

Ohne Kurzarbeit hätten deutlich mehr Job verloren

Ohne diese Möglichkeit, in der die Bundesagentur (BA) Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent für Eltern vom Nettoverdienstausfall übernimmt, hätten viele dieser Beschäftigten ihre Arbeit verloren. Die Bundesagentur betont zwar, diese Zahl gebe nicht an, wie viele Menschen tatsächlich in Kurzarbeit gegangen sind, das wisse man erst nach den Abrechnungen der Arbeitgeber in den kommenden drei Monaten. Eine Prognose, wie viele Menschen tatsächlich in Kurzarbeit gehen müssen, wollte Torsten Withake, BA-Chef in NRW, nicht treffen. Auf Nachfrage sagte er lediglich, er gehe davon aus, dass die Zahl am Ende „spürbar unter zwei Millionen“ liegen werde. In den vergangenen Tagen seien auch nur noch wenige Kurzarbeits-Anzeigen hinzugekommen.

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Alle Aussagen aus den Unternehmensverbänden und den Kammern deuten aber darauf hin, dass die meisten Kurzarbeits-Anzeigen auch umgesetzt werden. Und in Branchen wie dem Handel und der Gastronomie sind die allermeisten Betroffenen auch gleich in die so genannte „Kurzarbeit Null“ gegangen, sprich ganz zu Hause geblieben. Ohne diese Möglichkeit hätten viele Wirte und Einzelhändler ihnen wohl kündigen müssen.

Torsten Withake, neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit.
Torsten Withake, neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Withake betonte, mit den aktuellen Arbeitslosenzahlen sei NRW noch „weit entfernt von den negativen Rekordzahlen aus den Jahren 2005 bis 2010“. Dass die absoluten Arbeitslosenzahlen im Vergleich dazu noch niedrig sind, ist Folge des zurückliegenden zehnjährigen Aufschwungs, den die Corona-Krise nun so jäh beendet hat.

Withake betonte aber: „Ohne das erfolgreich eingesetzte arbeitsmarktpolitische Instrument der Kurzarbeit hätte die Arbeitslosigkeit viel mehr Menschen betreffen können. Es war deshalb richtig, die Bedingungen für Kurzarbeit zu erleichtern, damit mehr Unternehmen sie in Anspruch nehmen können.“

Kaum noch Einstellungen in NRW

Dass die Arbeitslosigkeit im April nun spürbar angestiegen ist, liegt denn auch weniger an Massenentlassungen, sondern eher daran, dass kaum noch jemand eingestellt wird. In normalen Zeiten gibt es eine hohe Fluktuation in den Arbeitsagenturen und Jobcentern, die sich in den offiziellen Zahlen gar nicht widerspiegeln: Zehntausende melden sich jeden Monat arbeitslos, ebenso viele werden in neue Jobs vermittelt. Letzteres fällt zurzeit weitgehend flach: „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber stellen im Frühjahr in der Regel neues Personal ein. Das ist in diesem Jahr ausgeblieben“, stellt BA-Chef Withake fest. Mit 16.000 Stellen wurden im April extrem wenige freie Jobs neu angeboten, noch im März waren es fast doppelt so viele.

Die Arbeitslosen-Zahlen im Ruhrgebiet

Im Ruhrgebiet stieg die Zahl der Arbeitslosen leicht unterdurchschnittlich an – um 21.145 oder 9,5 Prozent auf 242.800. Die Arbeitslosenquote nähert sich mit nun 9,9 Prozent wieder der Zehn-Prozent-Marke. Ungünstiger ist die Lage etwa in Bochum, wo die Arbeitslosenquote um 1,1 Prozentpunkte auf 10,0 Prozent stieg, und in Herne mit einem Anstieg um 1,0 Punkte auf 11,4 Prozent. In Duisburg stieg sie um 0,8 Punkte auf 11,7 Prozent, in Essen um 0,9 Punkte auf 10,9 Prozent und in Dortmund ebenfalls um 0,9 Punkte auf 11,2 Prozent.

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Landesweit kletterte die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Vormonat um 0,7 Punkte auf jetzt 7,4 Prozent. Sie lag damit um 0,9 Punkte höher als vor einem Jahr. Besonders getroffen von der Corona-Krise werden bisher jene Regionen, in denen die Wirtschaft zuvor gebrummt hat, vor allem in Südwestfalen, Ostwestfalen-Lippe und im Münsterland.

BA-Chef erwartet weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in NRW

Withake geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Wochen und Monaten weiter steigen wird. „Wie sehr, wird maßgeblich davon abhängen, wie stark die erwartete weltweite Rezession ausfällt und ob das letztlich dauerhafte Schäden für den Arbeitsmarkt zur Folge hat“, sagte der BA-Chef in NRW. Deshalb sei es so wichtig, jetzt möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Bisher halte das soziale Netz in Deutschland, betonte er.