Essen. Gastronomen fordern einen Zeitplan, wann sie wieder öffnen können. Sie fürchten eine Pleitewelle und den Verlust guter Mitarbeiter.

Die Sonne scheint schon seit Tagen, aber die Biergärten sind zu. Und mit ihnen Freizeitparks, Zoos und selbst die weitläufige Gruga in Essen. Während der Einzelhandel wieder hochfährt und selbst die Friseure mitten in der Corona-Krise ab 4. Mai wieder Haare schneiden können, hat die Politik Gastronomen und Hoteliers bislang überhaupt keine Perspektive aufgezeigt. Sie fühlen sich vergessen. Um auf sich aufmerksam zu machen, wollen die Wirte heute Vormittag bundesweit symbolhaft leere Stühle in die Innenstädte unter anderem von Dortmund, Bochum und Essen stellen. Ganz still und kontaktlos, wie es in dieser Corona-Zeit üblich ist.

Dabei ging es bei Frank Buchheister eigentlich nie still zu, zumindest nicht bis Mitte März, als der Shutdown seinen Lauf nahm. Buchheister ist Präsident der Road Stop GmbH, eine rustikale Gastro-Kette mit Filialen am Flughafen Essen/Mülheim, in Dortmund, Wuppertal, Mettmann und Münster. Rund 13 Millionen Euro Umsatz pro Jahr macht die Kette. Die meisten seiner 250 Beschäftigten hat der Essener in Kurzarbeit geschickt.

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Buchheister beschäftigt nicht nur das stillstehende Geschäft. „Wir haben Angst, unsere besten Mitarbeiter zu verlieren. Kurzarbeit und der Wegfall von Trinkgeld führen dazu, dass die Kollegen zur Zeit keine 50 Prozent vom Netto zur Verfügung haben. Das halten sie nicht lange durch“, warnt der Unternehmer. Deshalb macht er mit beim Leadersclub, einer bundesweiten Plattform von Gastronomen, die dafür kämpft, dass nach der Corona-Krise die befürchtete Pleitewelle nicht eintritt und Restaurants und Cafés langsam wieder ans Laufen kommen.

Mehrwertsteuer auf Speisen für ein Jahr gesenkt

Trotz Anhebung des Kurzarbeitergeldes und trotz der Mehrwertsteuer-Senkung für Speisen auf sieben Prozent für ein Jahr fühlen sich die Gastronomen von der Politik ein Stück weit im Stich gelassen. „Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten haben Lockerungen für Schulen, Handel und Friseure verkündet. Die Gastronomie mit ihren 223.000 Betrieben und 2,4 Millionen Beschäftigten braucht aber überhaupt eine Perspektive. Wir müssen wissen, wann es für uns wieder losgeht“, mahnt Buchheister. „Die Gastronomie wird zu Unrecht in eine Karneval-, Bierfest- und Apres-Ski-Ecke gestellt“, sagt er im Hinblick auf den Kreis Heinsberg und den Ski-Ort Ischgl, wo die Ausbreitung des Coronavirus in Westeuropa im Februar mutmaßlich ihren Lauf nahm .

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Buchheister verweist auf die „strengen Hygiene-Konzepte“, die in den Lokalen schon weit vor Corona gelebt worden seien. „Lückenlose Dokumentationen über Lebensmittel sind unser tägliches Brot.“ Und die Wirte seien bereit, weitere Beiträge zu leisten. Auf die Einhaltung von zwei Metern Abstand und die Ausstattung des Personals mit Schutzmasken haben sich die Wirte bereits eingestellt. Allein: Ihnen fehlt ein Signal der Politik, wann es langsam wieder losgehen kann.

Schon das Ostergeschäft fiel aus

Vor Tagen hatte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als Termin das Pfingstfest Ende Mai genannt. Beschlossen ist das aber längst nicht. Und bis dahin werden die Gastronomen bereits das wichtige Oster- und Muttertagsgeschäft verpasst haben. Ganz abgesehen von den vielen Familienfeiern anlässlich von Konfirmationen und Kommunionen, die alle abgesagt wurden.

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Weniger Tische, weniger Gäste – Buchheister setzt auf die Freiluftsaison. „Bestimmte gastronomische Betriebe können auch auf kleinerer Fläche und mit weniger Umsatz wirtschaftlich arbeiten“, ist er überzeugt. „Unsere große Chance ist, dass wir im bevorstehenden Sommer alle größere Flächen unter freiem Himmel bespielen können.“

Autokinos: Hoffnung auf Normalität

Ob die Leute dann aber auch kommen werden, wissen selbst die Wirte nicht. „Solange es keinen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt, wird es Ängste geben. Dennoch müssen wir mit dem Virus leben“, meint Buchheister. Hoffnung machen ihm die Autokinos, die derzeit überall im Ruhrgebiet aus dem Boden gestampft werden. „Am Boom der Autokinos sehen wir doch, dass die Leute wieder Lust auf Normalität haben. Allerdings gibt es dort kein Popcorn und keine Getränke“, sagt der Gastronom und verhehlt nicht, dass diese Dienstleistung gern er und seine Kollegen übernehmen würden.

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Es wird sich viel ändern in den Gaststätten. „Das Buffet ist tot. Wir werden uns für die lange Corona-Zeit auf den A-la-carte-Service am Tisch einstellen müssen. Auch beim Frühstück im Hotel“, prophezeit Buchheister. Am 30. April wollen Kanzlerin und Ministerpräsidenten erneut über Lockerungen beraten. Die Gastronomen hoffen, dass sie dann berücksichtigt werden.