Essen. Thyssenkrupp hat sich staatlich geschützten Kredit von einer Milliarde Euro gesichert, um die Corona-Folgen abzufedern. Krise schlägt voll durch.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp hat sich zur Überbrückung der Corona-Krise staatlich geschützte Kredite gesichert. Sie sollen insgesamt rund eine Milliarde Euro betragen, berichtet das Handelsblatt. Wie unsere Redaktion aus dem Umfeld des Unternehmens erfuhr, geht es in diese Richtung. Mit dem Geld soll die unter den Produktionseinbrüchen leidende Liquidität gestärkt werden, bis der 17-Milliarden-Verkauf der Aufzugssparte Elevator über die Bühne gegangen ist.
Konzern will Staatshilfen nicht ausschlagen
Das Unternehmen kann offenbar noch keinen Vollzug für die Staatshilfe melden, auf Anfrage hieß es lediglich, man kommentiere entsprechende Berichte nicht. Freilich macht der angeschlagene Industriekonzern seit Wochen keinen Hehl daraus, die in der Corona-Krise angebotenen Staatshilfen nicht ungenutzt lassen zu wollen. „Wie andere Unternehmen auch, führen wir vorsorglich Gespräche und prüfen, ob und welche der von der öffentlichen Hand den Unternehmen angebotenen Finanzierungshilfen für Thyssenkrupp in Betracht kommen“, heißt es aus der Essener Zentrale.
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Derzeit beantragen viele Großunternehmen von der staatlichen KfW-Bank abgesicherte Kredite. Die KfW übernimmt in der Regel 80 Prozent der Ausfallrisiken, was den Hausbanken die Entscheidung über die Kreditvergabe erleichtern soll. In vielen Fällen sind die Banken dennoch nicht bereit, das 20-prozentige Restrisiko zu tragen. Das beklagte zuletzt etwa Sinn-Chef Friedrich-Wilhelm Göbel, der sich bei vielen Banken vergeblich um einen KfW-Kredit bemüht hatte – und die Modehauskette deshalb beim Insolvenzgericht in eine Schutzschirmverfahren retten musste.
Ceconomy meldet KfW-Kredit über 1,7 Milliarden Euro
Dagegen meldete Ceconomy, die Mutter der Elektronikmarkt-Ketten Media Markt und Saturn, am Mittwochabend per Adhoc-Meldung, sie habe die Genehmigung der Bundesregierung für einen Konsortialkredit in Höhe von 1,7 Milliarden Euro erhalten, an dem sich die KfW beteiligt. Dem Vertrag müssten allerdings noch die Partnerbanken zustimmen, die Gespräche seien jedoch positiv, teilte der SDax-Konzern mit.
Thyssenkrupp, im vergangenen September nach einem turbulenten Jahr in den MDax abgestiegen, ist dem Vernehmen nach bei den Gesprächen mit den Kreditgebern ebenfalls auf der Zielgeraden. Durch die Absicherung des größten Teils der Ausfallrisiken können sich die Unternehmen über die KfW-Kredite vergleichsweise günstig Geld leihen. Bei Thyssenkrupp kommt zur staatlichen die stattliche Sicherheit des Elevator-Milliardendeals hinzu.
Elevator-Verkauf als größte Sicherheit
Der Vertrag zum Verkauf der Aufzugssparte für 17,2 Milliarden Euro an ein Konsortium aus den Finanzinvestoren Advent und Cinven sowie der Essener RAG-Stiftung steht. Der Vertrag sichert den Deal sogar gegen Einflüsse durch die Corona-Krise ab. Bis spätestens September erwartet Thyssenkrupp, dass alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen und das Geld fließen kann.
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Das Problem mit Blick in die Zukunft ist nur, dass eigentlich jeder Euro aus dem Verkauf der Ertragsperle dringend benötigt wird: Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz will mit den Einnahmen die Schulden abbauen und die verbleibenden Sparten wieder wettbewerbsfähig machen. Das Unternehmen befindet sich in seiner wohl größten Existenzkrise, weshalb es sich genötigt sieht, mit den Aufzügen den einzigen Gewinngaranten zu verkaufen. Die globale Wirtschaftskrise wegen der Pandemie kommt deshalb für die Industrie-Ikone noch ungelegener als für die Konkurrenz. Und sie schlägt voll durch, vor allem auf die Autozulieferer-Sparte und den Stahl.
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Die Folgen sind heftig und bereits bilanziell spürbar: Thyssenkrupp musste seine Prognose wie fast alle Industriekonzerne kippen. Und niemand im Essener Quartier weiß, wie hart es noch wird. „In welchem Umfang sich diese Krise und die finanziellen Folgen im Zeitablauf auf Thyssenkrupp auswirken werden, ist – wie für andere Unternehmen auch – aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar“, heißt es dazu offiziell.
Werksschließungen und Transfergesellschaft
Besonders in der Stahlsparte sind die Folgen aber bereits deutlich sichtbar, in vielen Werken wird Kurzarbeit gefahren, die ohnehin geplanten Einschnitte wurden durch die Krise beschleunigt. Für die Stahlzentrale in Duisburg ist eine Transfergesellschaft geplant, ein Werk in Bochum wird geschlossen, das Grobblechwerk im Duisburger Süden verkauft oder geschlossen.