Essen. Krise: Friseure haben keine Einnahmen mehr, viele stehen vor dem Aus. Bäcker verlieren fast den halben Umsatz. Auch Maler und Tischler trifft es.
Auch das Handwerk in NRW bekommt die Corona-Krise voll zu spüren. Obwohl viele Betriebe weiter arbeiten dürfen und dies nach dem Willen der Politik ausdrücklich auch sollen, brechen Aufträge und Einnahmen weg. Über alle Handwerksberufe sind die Umsätze Stand Montag um „mehr als 50 Prozent zurückgegangen“, wie Matthias Heidmeier unserer Redaktion sagte, der Hauptgeschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags.
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Obwohl die Bäcker ihre Filialen weiter öffnen dürfen, klagen auch sie über Umsatzverluste von bis zu 50 Prozent. Und sie befürchten noch stärkere Einbrüche. Mit Blick auf die massenhafte Kurzarbeit in vielen Branchen sagt Gisela Agethen von der gleichnamigen Bäckerei in Oberhausen: „Die Leute merken, dass sie wohl noch länger mit weniger Geld auskommen müssen, und sparen.“ Heißt, sie backen auf einmal selbst oder greifen zur Billigware – die Regale mit abgepacktem Brot in den Supermärkten sind regelmäßig leer geräumt. Agethen hat am vergangenen Wochenende 36 Prozent weniger eingenommen als üblich.
Mehr als 50 Prozent Umsatzeinbruch in Bäckerei-Filialen
Auch die Mülheimer Bäckerei Hemmerle gibt an, in der vergangenen Woche im Durchschnitt 36 Prozent weniger umgesetzt zu haben. Wobei die Verluste je nach Standort sehr unterschiedlich ausfielen. „In den Innenstadt-Lagen waren es mehr als 50 Prozent, an den Supermarkt-Standorten 25 Prozent und mehr“, sagt Geschäftsführer Peter Hemmerle. Die angeordnete Schließung der Cafe-Bereiche sei schmerzhaft, aber natürlich richtig.
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Er beklagt sich nicht, sondern baut einen Online-Shop samt Lieferdienst auf, schreibt die Vermieter seiner Filialen an und beginnt ab April mit Kurzarbeit. Dabei will er seine Mitarbeiter monatlich rotieren lassen und Härtefälle ganz ausnehmen, um jeden seiner Beschäftigten halten zu können. „Irgendwann ist diese Krise auch wieder vorbei, und dann brauche ich jeden“, sagt Peter Hemmerle.
Viele Friseure stehen bereits vor dem Aus – Insolvenzen befürchtet
Besonders hart trifft es natürlich jene, die ihre Läden komplett schließen mussten, etwa Friseure und Kosmetiker. Besonders kleine Betriebe mit zwei bis fünf Beschäftigten hätten oft keine Rücklagen. „Eine Schließungsdauer von mehr als vier Wochen wird Insolvenzen nach sich ziehen“, prognostiziert daher der Fachverband Friseurhandwerk. Und zwar trotz Mietstundung, Kurzarbeit und Soforthilfe, das werde „vielfach nicht ausreichen“, heißt es. Ebenfalls besonders hart trifft es die Augenoptiker: Sie dürfen nur noch medizinisch verordnete Brillen verkaufen und beklagen Umsatzeinbrüche von 80 bis 90 Prozent.
Auch Handwerkern, die grundsätzlich weiterarbeiten dürften, etwa im Metallhandwerk, Maler oder Tischler, brechen die Aufträge weg. Im Metallhandwerk schätzt der Fachgruppenverband in NRW, dass die bestehenden Aufträge bei den meisten Betrieben noch zwei bis vier Wochen ausreichend Arbeit geben. Doch bereits sechs von zehn Betrieben beklagen Auftragsrückgänge. Unterbrochene Lieferketten, Montageverbote und Stornierungen von Aufträgen treiben schon jetzt fast jedes dritte der rund 3000 feinwerkmechanischen Unternehmen in NRW in die Kurzarbeit. Auch im Tischlerhandwerk bricht der Auftragseingang bereits zusammen. „Insolvenzen werden in der Folge nicht ausgeschlossen“, befürchtet der Fachverband.
Arbeiten in geschlossenen Schulen stocken
Das Bauhandwerk sorgt sich um Aufträge in geschlossenen Verwaltungseinrichtungen, Schulen und Kindergärten, die nun eigentlich gut durchgeführt werden könnten, aber zuweilen am Stillstand in den kommunalen Verwaltungen scheitert, erklärt Rüdiger Otto, Vorsitzender des Baugewerbe-Verbands Nordrhein. Die Vergabe müsse nun beschleunigt werden, sonst falle die Baubranche in sechs bis acht Wochen in ein Nachfrage-Loch. Das Malerhandwerk leidet unter wegfallenden Aufträgen aus Privatwohnungen, weil alle Familienmitglieder zu Hause sind.
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Wer durch die Corona-Krise mehr als die Hälfte seines Umsatzes binnen Monatsfrist verloren hat, kann Soforthilfe zwischen 9000 und 25.000 Euro bei der Bezirksregierung beantragen. Auf viele trifft das noch nicht zu, ihnen bleibt der Gang zur Bank, um einen vom Staat abgesicherten Kredit aufzunehmen. Da er trotzdem eine Bürde für die Zukunft ist, bittet Andreas Ehlert, Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertags, „alle Finanzmarktakteure, jetzt an einem Strang zu ziehen, um die Finanzierungskosten der Betriebe so gering wie möglich zu halten“.
Die drei für die Ruhrgebietsstädte relevanten Hotlines: Die Kammern beraten Firmen in Fragen der Soforthilfe, Krediten und anderen Instrumenten zur Bewältigung der Krise.
- Handwerkskammer Düsseldorf, zuständig für das westliche Ruhrgebiet bis Essen: 0211 8795-555;
- Handwerkskammer Münster, zuständig auch für Gelsenkirchen, Bottrop und den Kreis Recklinghausen: 0251 5203-888;
- Handwerkskammer Dortmund, zuständig für das östliche Ruhrgebiet ab Bochum: 0231-5493-397.