Essen. Auf schwimmenden Meeres-Windparks ruhen viele Hoffnungen der Ökostrom-Branche. Nun beteiligt sich RWE an einem Projekt vor der baskischen Küste.
Schwimmende Windräder gelten als große Zukunftshoffnung der Ökostrom-Branche. Erst zum Jahreswechsel ist vor Portugal der bisher größte schwimmende Meeres-Windpark ans Netz gegangen. Nun will auch der Essener RWE-Konzern in die Technologie einsteigen und beteiligt sich an einem Forschungsprojekt vor der baskischen Küste. Mit dem spanischen Bau-Spezialisten für Meeres-Plattformen, Saitec Offshore, plant RWE ein Pilotprojekt, das im kommenden Jahr in Betrieb gehen soll.
Bisher haben alle großen Meereswindparks feste Fundamente. Das ist allerdings nur an relativ niedrigen Stellen bis etwa 50 Meter möglich, was viele Küstengebiete mit steil abfallenden Meeresböden bisher als Standorte ausschließt. Diese will die Offshore-Industrie nun weltweit mit schwimmenden Plattformen erschließen, die über Ketten im Meeresboden verankert werden. „Wir sehen weltweit großes Potenzial für schwimmende Windparks. Gerade in Ländern mit tieferen Küstengewässern eröffnen sich dadurch attraktive Möglichkeiten“, sagte Anja-Isabel Dotzenrath, Chefin der RWE-Ökostromsparte.
RWE sieht „Riesen-Potenzial“
Die frühere RWE-Tochter Innogy will bereits in diesem Jahr mit Shell ein Pilotprojekt für schwimmende Windturbinen vor der südwestlichen Küste Norwegens starten. Das Innogy-Geschäft mit Erneuerbaren Energien liegt derzeit noch bei Eon, soll im Laufe des Jahres aber im Zuge des Übernahme-Deals zu RWE wechseln. Eon hat seine eigene Ökostromsparte bereits RWE übertragen. Eon konzentriert sich nach der Übernahme von Innogy künftig mit Netzen und Vertrieb ganz auf den Transport und Verkauf von Strom, Dax-Nachbar RWE auf die Erzeugung.
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An schwimmenden Plattformen für Windturbinen forschen und entwickeln seit Jahren weltweit einige Energie- und Bauunternehmen. Die Plattformen werden von riesigen Pontons getragen, die je nach Patent mal senkrecht im Wasser stehen und mal wie bei einem Katamaran parallel zueinander waagerecht liegen, so bei der Technik des RWE-Partners Saitec. Der größte Vorteil ist die Unabhängigkeit von der Meerestiefe, es muss kein Sockel gefertigt werden. Damit entfällt auch das Problem mit Engpässen bei den Spezialschiffen, die für den Bau von festen Meereswindparks benötigt werden.
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Die noch zu lösenden Probleme hängen fast alle damit zusammen, dass schwimmende Plattformen sich permanent bewegen. Das erschwert schon das Übersteigen des Personals vom Schiff auf die Plattform, erst recht aber den Austausch großer Komponenten. Für RWE geht es daher vor der nordspanischen Küste vor allem darum, Erfahrungen in Bau, Betrieb und Wartung zu sammeln. „Im Fokus stehen dabei die Leistung und das Lastverhalten der Anlage unter Normal- und Extrembedingungen“, heißt es bei RWE.
Projekte vor Schottland und Portugal laufen
Zumindest zeitlich ist bisher ein portugiesisch-spanisch-französisches Projekt vorne: Seit Silvester liefert eine schwimmende Windkraftturbine vor der Küste Portugals mit einer Kapazität von 8,4 Megawatt Strom ans Festland, der kommerziell genutzt wird. Zwei weitere sollen folgen und zusammen rechnerisch rund 60.000 Haushalte versorgen. Die Konsorten EDP, Engie und Repsol hatten zuvor einen Prototypen mit zwei Megawatt fünf Jahre lang getestet, der auch extreme Wetterlagen unbeschadet überstanden hat. Das gilt auch für das schottische Projekt Hywind des norwegischen Equinor-Konzerns, das 2017 als erster schwimmender Windpark ans Netz ging.
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In Deutschland stagnierte zuletzt vor allem der Ausbau der Windkraft an Land. Meereswindparks in den deutschen Teilen der Nordsee und Ostsee liefern bisher Strom mit einer Kapazität von rund 7,5 Gigawatt. Der Ausbau kommt gut voran, allerdings stockt der Ausbau des Stromnetzes, so dass der Windstrom von der Küste bisher nicht nach Süddeutschland fließen kann.