Duisburg. Das Revier baut kräftig zu, sieht die Überhitzung der Top-Städte als Chance. Was das für die Mieten in Büros und Geschäften bedeutet: alle Daten.

Trotz der wachsenden Flächenknappheit im Kernruhrgebiet ist 2018 zwischen Wesel und Unna fleißig gebaut und gekauft worden: 2,6 Milliarden Euro haben Investoren in Bürohäuser, Einzelhandelsflächen und Lagerhallen gesteckt, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt. Dabei sind die Mieten für gewerbliche Immobilien im Gegensatz zu Wohngebäuden kaum gestiegen. Weil die Investoren aber nach wie vor und wahrscheinlich noch auf Jahre günstig an Kredite kommen und im Ruhrgebiet ohnehin günstiger bauen oder kaufen können, lassen sich an der Ruhr bessere Renditen erzielen als in den A-Städten wie Berlin, Hamburg oder Düsseldorf. So weist es der Immobilienmarktbericht der Business Metropole Ruhr (BMR) für 2018 aus.

„Für die Immobilienwirtschaft ist das Ruhrgebiet der Zukunftsstandort“, sagt Wirtschaftsförderer Rasmus Beck, Chef der BMR, „gerade Büro- und Gewerbeimmobilien werden im Ruhrgebiet zunehmend stark nachgefragt.“ Größter Vorteil der Metropole Ruhr mit ihren 53 Städten seien die geringen Kaufpreise und tendenziell steigende Mieten. Dem Ruhrgebiet biete sich wegen der „Niedrigzinsen und abgegrasten A-Standorte“ eine einmalige Chance, so Beck.

Auch interessant

Die Prognosen der Wirtschaftsförderer sind für den Immobilienmarkt positiv, ganz anders als im jüngst vorgestellten Postbank Wohnatlas. Das Weltwirtschaftsinstitut in Hamburg sagt darin dem Ruhrgebiet das Ende des Aufwärtstrends voraus und erwartet für die Zukunft einen Wertverlust zumindest für Wohnimmobilien zwischen Duisburg und Dortmund. Die erwartete überdurchschnittliche Alterung der Bevölkerung sei der Hauptgrund dafür. BMR-Chef Beck widerspricht: Die Postbank-Studie beziehe sich allein auf demographische Prognosen und ignoriere so die aktuell sehr dynamische Entwicklung im Revier.

Tatsächlich tut sich aktuell eine Menge – neue, ehrgeizige Projekte sind in Planung, mit denen die BMR in der kommenden Woche auf der Immobilienmesse Expo Real in München für die Region werben will. Den Bericht für das vergangene Jahr präsentiert er in einem fast fertigen Vorzeigeprojekt in Duisburg: dem Digitalkontor am Innenhafen. Das Erdgeschoss ist noch eine Baustelle, Investor und Hauptmieter Krankikom ist aber bereits eingezogen. Die Vermietung der Büroflächen in dem sechsstöckigen Gebäude sei „ein Selbstläufer“, sagt Bauherr Alexander Kranki. Dies, obwohl er mit 16 Euro je Quadratmeter eine revierweite Spitzenmiete nimmt. Nur sind neue Büros im benachbarten Düsseldorf eben noch deutlich teurer.

Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) verleitet das zu der Aussage: „Die Überhitzung der A-Märkte hat Duisburg zu einem Hotspot für Investoren werden lassen.“ Als größtes Projekt dieser Art preist OB Link zudem die Entwicklung eines ganz neuen Stadtteils an der Sechs-Seen-Platte im Duisburger Süden. Das Projekt umfasst 3000 Wohnungen, Gewerbeflächen und einen neuen Digital-Campus der Uni Duisburg-Essen.

Die drei von der BMR untersuchten Immobilien-Segmente entwickeln sich freilich recht unterschiedlich. Der Büromarkt floriert, die Logistik ebenfalls, sie droht aber auch wegen des Flächenmangels an ihre Wachstumsgrenzen zu stoßen. Der Markt für Einzelhandels-Immobilien stagniert und dürfte sich künftig rückläufig entwickeln. Der Überblick:

Büromarkt: Ruhrgebiet knapp hinter Berlin

Mit 1,3 Milliarden Euro floss die Hälfte aller Investitionen in gewerbliche Immobilien 2018 in Bürogebäude. Die Metropole Ruhr ist mit 16,9 Millionen Quadratmetern Mietfläche der zweitgrößte Büromarkt in Deutschland, nur knapp hinter Berlin. Auch beim Neubau lag die Hauptstadt 2018 vorn und das Ruhrgebiet mit 173.000 Quadratmetern auf Platz zwei. Am meisten wurde in Essen und Dortmund mit je rund 3300 Quadratmetern zugebaut.

Das Digitalkontor am Duisburger Innenhafen im Modell.
Das Digitalkontor am Duisburger Innenhafen im Modell. © Steffen Richters | Steffen Richters

Rund eine halbe Million Quadratmeter Büroraum wechselten 2018 ihren Besitzer, auch das ein hoher Handelswert. Dass der Leerstand deutlich gesunken ist, zeugt von der hohen Nachfrage – nur noch gut vier von hundert verfügbaren Quadratmetern Bürofläche blieben im vergangenen Jahr ungenutzt. Die Spitzenmieten stagnierten bei 15 Euro pro Quadratmeter, was Kranki in seinem Digitalkontor inzwischen toppt.

Auch insgesamt rechnet die BMR mit leicht steigenden Mietpreisen für Büros in zentralen Lagen. Die teuersten Büros stehen in Essen, gefolgt von Dortmund und Duisburg. Am günstigsten sind zentrale Lagen in Herne und Gelsenkirchen. An den Stadträndern lassen sich Büros in fast allen Städten bereits ab vier oder fünf Euro je Quadratmeter anmieten, nur in Dortmund liegt auch in der Peripherie die Büromiete meist noch über acht Euro.

Einzelhandels-Mieten sinken

Weil immer mehr Menschen im Internet statt im Geschäft einkaufen, wächst der Druck auf den Einzelhandel. Und damit auch auf die Ladenmieten in den Städten. Die Durchschnittsmiete in 1a-Lagen des Einzelhandels sinkt seit 2013, gab im vergangenen Jahr erneut um einen Euro je Quadratmeter nach – auf 36 Euro. In den Stadtteilen meisten Städten sind die Spitzenmieten in den besten Lagen noch konstant, wie immer ist Dortmunds Westenhellweg mit Mieten bis 212 Euro bei weitem am teuersten.

Auch interessant

365e1bd8-cfee-11e9-973c-f0a53f09c1fd
Von Tobias Bolsmann, Janet Lindgens und Stefan Schulte

In den Stadtteilen und besonders an den Stadträndern ist der Einzelhandel mit Ausnahme der Supermärkte bereits auf dem Rückzug, wovon leerstehende Läden zeugen. Das drückt auch die Ladenmieten, in Bottrop, Duisburg und Gelsenkirchen können Einzelhändler bereits für acht bis neun Euro je Quadratmeter Läden anmieten. Für viele Immobilienbesitzer stellt sich deshalb künftig die Frage nach einer anderen Nutzung ihrer Gebäude. Diese Entwicklungen dürften sich fortsetzen, die Mieten im Einzelhandel weiter sinken, sagen Handels- und Immobilienexperten voraus.

Logistik-Boom stößt an seine Grenzen

Im Chemiepark Marl hat die Metro ein neues Großlager gebaut.
Im Chemiepark Marl hat die Metro ein neues Großlager gebaut. © Debo

Der Bauboom neuer Lagerhallen und Warenverteilzentren im Ruhrgebiet ist etwas abgeflacht und könnte in wenigen Jahren an seine Grenze stoßen. 2018 wurden noch einmal 530.000 Quadratmeter zugebaut, vor allem der Metro-Bau im Chemiepark Marl schlug hier zu Buche. Inzwischen summieren sich die Logistikflächen auf 3,3 Millionen Quadratmeter. Für das laufende Jahr erwartet der Immobilienmarktbericht noch einmal eine leichten Anstieg der Bautätigkeit, der vor allem auf Neubauprojekten im Kreis Unna fußt.

Doch allmählich gehen der Logistik die Flächen aus. Hier sei „die Metropole Ruhr durch eine zunehmende Angebotsverknappung bei marktfähigen Logistikflächen gekennzeichnet“, heißt es in dem Immobilienmarktbericht. Die Mieten für Lagerflächen stagnierten 2018, in der Spitze lagen sie erneut bei 5,10 Euro je Quadratmeter (Dortmund), im Durchschnitt bei 3,35 Euro.