Herne/Essen. 2013 verkündete Ikea eine große Offensive im Ruhrgebiet mit drei neuen Häusern. Davon ist nichts mehr übrig, nachdem nun auch Herne leer ausgeht.

Der weltgrößte Möbelhändler Ikea hat seine Expansionspläne für das Ruhrgebiet eingestampft: Nach dem Rückzieher in Bottrop und Castrop-Rauxel vor gut einem Jahr hat der schwedische Möbelriese nun auch seine Absicht, in Herne ein weiteres Einrichtungshaus zu bauen, wieder kassiert. Man habe die Grundstückssuche dort eingestellt, teilte Ikea auf WAZ-Anfrage mit. Der in Essen geplante Neubau liegt auf Eis.

Ikea setzt bei Expansion nur auf Berlin

Die Verlagerung vom stationären zum Online-Verkauf macht die 2013 verkündete Neubau-Offensive im Ruhrgebiet offenkundig hinfällig. „Wir konzentrieren uns im Zuge der Neuausrichtung unserer Expansionsstrategie nun zunächst ausschließlich auf Berlin als Standort für die neuen Store-Formate“, sagte eine Unternehmenssprecherin der WAZ. Ikea will in kleineren Läden kleinere Möbel oder Accessoires anbieten und größere Anschaffungen, etwa von Küchen, nur noch dort planen lassen und den Verkauf digital abwickeln. „Wir fokussieren darauf unsere Investitionen“, sagte die Sprecherin und fügte an: „Daher sind wir sind auch derzeit nicht auf Grundstückssuche für einen möglichen Standort in Herne.“

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Bereits vor wenigen Tagen hatte Ikea erklärt, den in Essen geplanten Neubau weitere ein bis zwei Jahre nicht beginnen zu wollen. Dies, obwohl Ikea hier bereits eine Fläche im Krupp-Gürtel gekauft hat und das Grundstück für den Bau vorbereitet wird. „Alle großen Bauprojekte liegen auf Eis“, hieß es. Was aus dem bestehenden, kleineren Haus nahe der Essener City wird, bleibt damit ebenfalls unklar. Ikea will weg von der grünen Wiese und mit kleineren Standorten in die Innenstädte. Deshalb hat der Möbelriese bereits im April 2018 seine weit gediehenen Pläne für ein neues Einrichtungshaus in Bottrop kurzfristig zurückgenommen – und damit die Stadt geschockt, die fest mit der Ansiedlung des Möbelriesen gerechnet hatte.

Je stärker der Onlinehandel, desto weniger Ladenfläche

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Dass der Weltmarktführer nun weiter auf die Bremse tritt, ist für den Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein keine Überraschung: „Je mehr die Händler übers Internet verkaufen, desto weniger Verkaufsflächen brauchen sie. Der Möbelmarkt hat den Dammbruch bereits hinter sich, auch Ikea wächst inzwischen vor allem online.“ Das sei ein genereller Trend, der sich weiter verstärken werde und zu mehr Leerständen in den Innenstädten führen werde. Außer im Lebensmittelhandel gehe in allen Handelsbranchen der Flächenbedarf zurück.

Die Städte müssten darauf reagieren, rät Heinemann. „Sie sollten sich für den Handel auf ihre besten Lagen fokussieren und in den anderen einen Rückbau ermöglichen.“ Da gleichzeitig Wohnraum und Gewerbeflächen fehlten, biete der Rückzug des stationären Handels auch Chancen. Aber: „Gerade die Mittelstädte müssen beweglicher werden, sonst sehen sie bald grausam aus. Lieber eine schöne Schlafstadt als eine hässliche Einkaufsstadt.“