Essen. Der Discounter Aldi Nord baut in Essen eine neue Zentrale. Nach dem Umbau der deutschen Filialen will das Unternehmen nun in Europa wachsen.
Aldi setzt auf das Ruhrgebiet. Während der Süd-Ableger des Discounters gerade massiv den Standort Mülheim ausbaut, legte Aldi Nord am Freitag den Grundstein für den neuen Campus für seine 800 Mitarbeiter in Essen. Und da das Unternehmen weiter wachsen will, legt es die neue Zentrale gleich für 1200 Beschäftigte aus.
Aldi Nord hat turbulente Zeiten hinter sich. Der inzwischen juristisch beigelegte Streit unter den Familien-Stiftungen, der plötzliche Abgang des Konzernchefs Marc Heußinger im Herbst 2018 und vor allem die roten Zahlen, die der Essener Discounter im vergangenen Jahr erstmals im Deutschland-Geschäft schrieb, brachten negative Schlagzeilen. Mit der neuen Zentrale im Essener Stadtteil Kray, die künftig auch von der viel befahrenen Autobahn A40 aus zu sehen sein wird, will das Unternehmen nun ein neues Kapitel aufschlagen.
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Dafür stehe vor allem Torsten Hufnagel, der neue starke Mann an der Spitze von Aldi Nord, heißt es. Hufnagel drehe mit Unterstützung der Gesellschafter den Laden um, sagt ein Insider. Das Tempo sei sehr hoch. Hufnagel treibe die Internationalisierung voran und stehe für mehr Transparenz. Unter den Länderchefs sind nur zwei Deutsche. Das Deutschland-Geschäft etwa verantwortet ein Spanier. Bis vor einigen Jahren setzte der Discounter bodenständig auf Führungskräfte aus dem eigenen Land.
Alle deutsche Filialen modernisiert
Während Hufnagel den Konzern gerade intern umkrempelt, können die Kunden nördlich der Ruhr den Wandel bereits flächendeckend beobachten. „Wir haben die deutschen Filialen in eineinhalb Jahren modernisiert. Es gab gerade einmal vier Wochen Verzögerung“, sagt Florian Scholbeck, Geschäftsführer Kommunikation. In 40 bis 50 Filialen pro Woche sind Handwerker eingefallen, um mehr Licht, schickere Böden und neue Möbel in die Läden zu bringen. Jeweils sechs Tage lang ruhte dann der Verkauf. Die dadurch entstandenen Umsatz-Einbußen seien der Hauptgrund gewesen, warum Aldi Nord im vergangenen Jahr im nationalen Geschäft erstmals in die roten Zahlen gerutscht war, argumentierte das Unternehmen im Dezember.
Traditionell veröffentlichen die Essener keine Geschäftszahlen. Nach Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) scheint sich Aldi Nord in diesem Jahr wieder zu erholen. Der GfK zufolge steigerte Aldi Nord von Januar bis Mai seinen Umsatz um 2,1 Prozent, während die Discounter insgesamt nur um 1,2 Prozent zulegten. Aldi Nord wuchs also doppelt so schnell wie der Markt, offenbar weil mehr Kunden in die Läden kamen – laut GfK 2,1 Prozent. Dagegen verloren die Discounter im Durchschnitt 1,1 Prozent an Kundenfrequenz, der Rivale Lidl sogar 1,9 Prozent.
Investitionen aus Mitteln der Familie Albrecht
Nach der Modernisierungswelle im Heimatmarkt nimmt der Konzern nun das Auslandsgeschäft ins Visier. „Wir sehen in allen acht europäischen Ländern, in denen wir vertreten sind, ein großes Wachstums-Potenzial“, sagt Geschäftsführer Scholbeck. Aldi Nord ist in den Niederlanden, in Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Spanien, Portugal und Polen vertreten. „Die drei Stiftungen der Eigentümer stehen hinter dem Wachstumsprogramm in Europa. Die Investitionen stemmen sie aus Eigenmitteln“, betont Scholbeck.
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Parallel dazu ist der Discounter dabei, den Zentraleinkauf in Essen mit Blick auf Europa neu aufzustellen. Die Länderorganisationen sollen neben mehr Verantwortung insgesamt auch mehr Kompetenzen beim Sortiment und bei der Preisgestaltung erhalten. Das sei der größte Sprung, heißt es bei Aldi Nord. Den Einkauf sollen nicht mehr nur ein Geschäftsführer, sondern drei verantworten. Weil Handelsmarken für den Discounter immer wichtiger werden, kümmert sich ein Manager um den Kontakt zu den Markenherstellern. Ein dritter soll den ebenfalls wachsenden Frischebereich mit Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse betreuen.
Beim Einkauf treten Aldi Nord und Aldi Süd inzwischen gemeinsam auf. Scholbeck: „Wir sind Preisführer! Dabei wird es bleiben.“