Essen. . Discounter nennt Investitionen und Filialschließungen während des Umbaus als Gründe für die roten Zahlen. Personal soll aber aufgestockt werden.

Aldi Nord erfindet sich neu, investiert Milliarden in die Aufwertung seiner Filialen – und schreibt erstmals in seiner Unternehmensgeschichte in Deutschland einen Jahresverlust in zweistelliger Millionenhöhe. Das bestätigte ein Sprecher des Discounters am Donnerstag dieser Zeitung.

Die Erfinder des Discountprinzips in Deutschland sehen sich damit in der für sie völlig neuen Lage, eine Ergebniskrise meistern zu müssen. Seit 1961 konnten die Aldi-Manager in Essen so wie ihre Pendants von Aldi Süd in Mülheim die jährlich verlässlich abfallenden Gewinne in neue Läden stecken – zunächst in Deutschland, später in halb Europa.

In diesem Jahr ist es umgekehrt: Die nach wie vor wachsenden und gut laufenden Geschäfte in den Beneluxländern sowie in Frankreich, Spanien und Dänemark fangen die auf dem Heimatmarkt eingehandelten Verluste auf, so dass die Gruppe wohl knapp in den schwarzen Zahlen bleibt.

Neue Strategie soll forciert werden

In seiner Strategie fühlt sich der Handelsriese dennoch bestätigt, will die unter dem unlängst überraschend abgetretenen Aldi-Nord-Chef Marc Heußinger entwickelte Modernisierung fortsetzen. Das überrascht wenig, da sein Vize Torsten Hufnagel sein Nachfolger wurde und die Investitionsoffensive mitentwickelt hat. 5,2 Milliarden Euro nimmt der Discounter dafür in die Hand. Nach einem als erfolgreich eingestuften Testlauf der Pilotfiliale in Herten mit deutlich mehr frischem Obst und Gemüse sowie breiterer Produktpalette und entstaubtem Ladeninterieur sollen 2300 Filialen in Deutschland nach und nach umgebaut werden, anschließend die rund 2400 im Ausland.

Ein Sprecher kündigt sogar an, als Reaktion auf den Verlust in diesem Jahr den Umbau zu forcieren: „Als Gegenmaßnahmen planen wir einen signifikanten Wachstumskurs mit erheblichen Investitionen in Personal und Infrastruktur“, sagte er und betonte, dies sei ein Wachstumsprogramm und weder in Deutschland noch in Europa sei ein Stellenabbau geplant. „Ganz im Gegenteil: wir bauen systematisch Personal auf.“

Die Ansprüche der Verbraucher sind gestiegen

Der Umsatz habe 2018 auch darunter gelitten, dass wegen der laufenden Modernisierungen permanent bundesweit „bis zu 40 Filialen pro Woche geschlossen“ gewesen seien. Das habe sich ebenso in der Bilanz bemerkbar gemacht wie die „aus dem Cashflow“ bezahlten Investitionen. Der Umbau werde im Frühjahr 2019 abgeschlossen sein.

Aldi Nord reagiert wie die Schwester Aldi Süd und der größte deutsche Konkurrent Lidl auf gestiegene Ansprüche der Kunden. Aldi Süd gibt 3,5 Milliarden Euro für Modernisierungen aus, Lidl laut Lebensmittelzeitung gar sieben Milliarden. Gleichzeitig bauen die Billigheimer seit Jahren ihre Sortimente aus, nehmen einen Markenartikel nach dem anderen auf. Auch, weil sich im Zuge des Daueraufschwungs und der Rekordbeschäftigung immer mehr Menschen die teureren Markenprodukte leisten können.

Das zeitigt auch erste Erfolge im Wettkampf mit den Supermarktriesen Edeka und Rewe: Stießen die Discounter vor fünf Jahren noch an ihre Grenzen und verloren mehrere Jahre hintereinander Marktanteile an die klassischen Supermärkte, gewinnen sie seit 2017 Kunden zurück. Zuletzt kamen die Discounter auf einen Marktanteil von gut 42 Prozent, Prognosen sehen sie bis zum Jahr 2020 bei 44 Prozent. Allerdings läuft es bei Aldi Nord offenkundig nicht so rund wie bei den Billig-Konkurrenten. Auch 2019, so heißt es, werde ein schwieriges Jahr.