Duisburg. . Der Bund will zwei Milliarden Euro in das marode Wasserstraßennetz des Ruhrgebiets investieren. Alle Kanalbrücken sollen angehoben werden.

Mit einer Finanzspritze von zwei Milliarden Euro will der Bund das zum Teil marode Wasserstraßennetz im Ruhrgebiet modernisieren und ausbauen. Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, kündigte am Dienstag bei einer Regionalkonferenz in Duisburg an, dass bis zum Jahr 2030 alle Kanalbrücken in der Region angehoben werden sollen, um Binnenschiffen mit zwei Lagen Containern die Durchfahrt zu ermöglichen. Um Schleusen, Düker und Uferbefestigungen zu überholen, will Ferlemann ein zusätzliches Planungsteam mit bis zu zehn Ingenieuren ins Revier entsenden, um den Modernisierungstau abzuarbeiten. „Das Ruhrgebiet ist einfach wichtiger“, sagte er.

Auch interessant

„Es ist ein großes Brett, das wir da vor uns haben“, sagte der Staatssekretär. „Erst wenn die letzte Brücke angehoben ist, sind die Wasserstraßen für alle befahrbar.“ Ferlemann betonte, dass die 447 Kilometer Kanäle im Ruhrgebiet zu den bedeutendsten Verkehrsachsen für Industrie und Schifffahrt in ganz Deutschland gehörten. Der Rhein-Herne- und der Wesel-Datteln-Kanal zählten zu den am stärksten befahrenen Wasserstraßen.

Probleme seit Jahrzehnten bekannt

Undichte Schleusen, durchgerostete Poller, bröckelnde Kanalufer – der Sanierungsstau im westdeutschen Kanalnetz ist hoch. „Das wissen wir zum Teil seit Jahrzehnten“, sagt Hendrik Schulte, Staatssekretär im NRW-Verkehrsministerium. An vielen Bauwerken sei es schon später als fünf vor zwölf.

Auch interessant

Von dem Zwei-Milliarden-Paket aus Berlin sind nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums 400 Millionen Euro bereits ausgegeben, 370 Millionen Euro im Bau. Für die geplanten Projekte will die Landesregierung „auf unkonventionelle Maßnahmen“ zurückgreifen, um schneller zur Umsetzung zu kommen, wie Schulte ankündigte. „Wir wollen gleichzeitig planen und bauen. Nicht an jeder Schleuse soll ein anderes Unternehmen tätig werden“, sagte der Staatssekretär.

Hans-Heinrich Witte, Präsident des Wasser- und Schifffahrtsamts, dämpfte am Dienstag aber bereits die Erwartungen. „Wir brauchen eine gewisse Zeit, bis wir das zur Verfügung stehende Geld ins Wasser bringen“, erklärte er in Duisburg. Neben dem Personalmangel hat er mit gewaltigen technischen Herausforderungen zu kämpfen.

Auch interessant

Witte rechnet damit, dass im Ruhrgebiet 47 Kanalbrücken um zwei Dezimeter auf 5,25 Meter angehoben werden müssen. „Die Bahnbrücken sind das Problem“, sagt Staatssekretär Ferlemann. Die Anhebung werde auch Auswirkungen auf den Gleisunterbau, Haltepunkte und vielleicht sogar Bahnhöfe haben.

Schifffahrtsamt-Präsident Witte erwartet, dass mit dem Umbau der Kanalbrücken in Richtung Chemiepark Marl wegen der nötigen Planungsarbeiten erst im Jahr 2023 begonnen werden könne. Hohe Priorität genieße auch das Ruhrwehr in Duisburg.

Auch interessant

Ferlemann ist davon überzeugt, dass jeder in Wasserstraßen investierte Euro den „30fachen Nutzen“ bringen werde. „Wir wollen den Lkw-Verkehr aufs Wasser bringen“, sagt der Staatssekretär zum umweltpolitischen Hintergrund. Die Binnenschiffer selbst leiden aber derzeit unter Nachwuchsmangel. Um die Ausbildung zu verbessern, finanziert der Bund mit 1,6 Millionen Euro einen zusätzlichen Flachwasser-Simulator, an dem Schiffsführer im Berufskolleg Duisburg-Homberg ausgebildet werden sollen.

Das marode Schleusentor des Ruhrgebiets zum Rhein

Die Schleuse Friedrichsfeld in Voerde passierten 2018 rund 17.000 Frachtschiffe. Marode Poller haben die Zahl deutlich reduziert und dazu geführt, dass Güter auf Schiene und Straße verlagert wurden. Nun helfen Taufänger aus Fleisch und Blut. Die Schleuse befördert Schiffe vom Rhein in den Wesel-Datteln-Kanal, die meistbefahrene Wasserstraße im Ruhrgebiet.
Die Schleuse Friedrichsfeld in Voerde passierten 2018 rund 17.000 Frachtschiffe. Marode Poller haben die Zahl deutlich reduziert und dazu geführt, dass Güter auf Schiene und Straße verlagert wurden. Nun helfen Taufänger aus Fleisch und Blut. Die Schleuse befördert Schiffe vom Rhein in den Wesel-Datteln-Kanal, die meistbefahrene Wasserstraße im Ruhrgebiet.
Volker Schlüter vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Duisburg-Meiderich, einer Unterbehörde des Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn. Der Behörde fehlen Planstellen, um die vielen Mängel an schleusen und Kanälen schneller beheben zu können.
Volker Schlüter vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Duisburg-Meiderich, einer Unterbehörde des Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Bonn. Der Behörde fehlen Planstellen, um die vielen Mängel an schleusen und Kanälen schneller beheben zu können. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
Im Drei-Schicht-Betrieb vertäuen Festmacher die Schiffe an den oberen Pollern, weil die vom Schiff aus erreichbaren Innenpoller marode sind. Voraussichtlich bis 2025 wird sich daran auch nichts ändern.
Im Drei-Schicht-Betrieb vertäuen Festmacher die Schiffe an den oberen Pollern, weil die vom Schiff aus erreichbaren Innenpoller marode sind. Voraussichtlich bis 2025 wird sich daran auch nichts ändern.
Das Schleusentor zum Rhein.
Das Schleusentor zum Rhein. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
Festmacher Valentin Jamin
.
Festmacher Valentin Jamin
. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
Sascha Werner steuert die Schleuse Friedrichsfeld.

Sascha Werner steuert die Schleuse Friedrichsfeld.
 © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
Im Kontroll- und Steuerraum.
Im Kontroll- und Steuerraum. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
Das Steuerbord des Schleusenwärters
Das Steuerbord des Schleusenwärters
Ein Frachtschiff fährt in die Schleusenkammer ein. 
Ein Frachtschiff fährt in die Schleusenkammer ein. 
Der Aufgang auf das Gerüst des Hubtors. Die große Schleusenkammer ist 90 Jahre alt.
Der Aufgang auf das Gerüst des Hubtors. Die große Schleusenkammer ist 90 Jahre alt.
Blick von oben auf die Schleusenkammer 
Blick von oben auf die Schleusenkammer 
Die große Schleusenkammer ist 220 Meter lang.
Die große Schleusenkammer ist 220 Meter lang.
Die Antriebsmaschinen der Schleuse Friedrichsfeld.
Die Antriebsmaschinen der Schleuse Friedrichsfeld.
Die Stahlseile heben und senken die Hubtore.
Die Stahlseile heben und senken die Hubtore.
Das Schleusengebäude wurde 1928 erbaut.
Das Schleusengebäude wurde 1928 erbaut.
Tau-Festmacher, die Schiffe in Empfang nehmen, gibt es eigentlich nur an den Seehäfen.
Tau-Festmacher, die Schiffe in Empfang nehmen, gibt es eigentlich nur an den Seehäfen.
Das Schleusentor senkt sich.
Das Schleusentor senkt sich.
1/17