Essen. . Thyssenkrupp ist an der Börse so schlecht bewertet wie seit sieben Jahren nicht mehr. Großinvestor Deka sieht „desaströse Aktienkursentwicklung“.

Nach Spekulationen über ein mögliches Scheitern der geplanten Stahlfusion mit dem indischen Konzern Tata sind die Aktien von Thyssenkrupp zeitweise auf den tiefsten Stand seit sieben Jahren gefallen. Zum Wochenstart verlor das Unternehmen zwischenzeitlich rund 4,5 Prozent an Wert, die Aktie rutschte ab auf 11,72 Euro. „Der Aktienkurs zeigt deutlich, dass die Anleger dem eingeschlagenen Weg nicht vertrauen“, urteilte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die britische „Financial Times“ hatte zuvor unter Berufung auf Insider berichtet, eine Untersagung der Pläne zur Stahlfusion durch die EU-Wettbewerbskontrolleure werde wahrscheinlicher, es sei denn, Thyssenkrupp und Tata würden mehr Zugeständnisse machen.

Ringen mit der EU um Zugeständnisse der Konzerne

Thyssenkrupp teilte mit, in dieser Woche sei ein weiteres Gespräch mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager zur Bewertung der Transaktion geplant. „Es gibt nach wie vor verschiedene Möglichkeiten, unsere bereits gemachten Zusagen anzupassen, ohne die wirtschaftliche Logik des Joint Ventures in Frage zu stellen“, betonte Thyssenkrupp. „Grundsätzlich gilt für uns: Das Joint Venture ist für das Stahlgeschäft von Thyssenkrupp und Tata ein sinnvoller strategischer Schritt.“

Um eine Freigabe der Wettbewerbshüter für ihre angestrebte Stahlfusion zu erlangen, wollen sich Thyssenkrupp und Tata von Standorten in Spanien, Belgien und Großbritannien trennen. Damit dürften die Beschäftigten in Deutschland von möglichen Verkäufen von Werken oder Anlagen verschont bleiben.

Deka Investment kritisiert Pläne zur Konzernteilung

Die IG Metall hatte unlängst vor zu großen Zugeständnissen an die Wettbewerbshüter gewarnt. Mit der Fusion wollen Thyssenkrupp und Tata den zweitgrößten Stahlkonzern Europas nach ArcelorMittal schmieden. Große Standorte des Unternehmens mit rund 48.000 Mitarbeitern befinden sich in Duisburg sowie in Ijmuiden (Niederlande) und Port Talbot (Großbritannien).

Neben der Stahlfusion plant Thyssenkrupp auch eine Teilung des Essener Konzerns in zwei selbstständige Unternehmen. Dabei soll das traditionsreiche Stahl- vom Industriegeschäft getrennt werden. „Das Schicksal des Managements ist eng verknüpft mit dem Erfolg der Aufspaltung“, sagt Deka-Investment-Experte Speich und fügt mit Blick auf Vorstandschef Guido Kerkhoff hinzu: „Trotz der desaströsen Aktienkursentwicklung wird es schwierig, Herrn Kerkhoff auszutauschen. Herr Kerkhoff hält derzeit alle Fäden in der Hand.“

„Eine Spaltung sehen wir eher kritisch“

Die Sparkassen-Tochter Deka gehört mit einem Anteil von 0,7 Prozent zu den großen Aktionären des Essener Traditionskonzerns. Die beiden größten Aktionäre sind die Essener Krupp-Stiftung und der Finanzinvestor Cevian.

„Eine Spaltung sehen wir eher kritisch“, sagt Deka-Manager Speich. „Die Nachteile würden überwiegen. Die Doppelstrukturen werden nicht zu einer deutlichen Kostenentlastung führen.“

Konzern mit niedrigstem Börsenwert im Dax

Thyssenkrupp befindet sich an der Börse ohnehin unter Druck. In der Liste der Dax-30-Unternehmen ist der Revierkonzern das Unternehmen mit dem geringsten Börsenwert. Die Marktkapitalisierung von Thyssenkrupp beträgt gerade einmal rund 7,7 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Softwarekonzern SAP auf Platz eins erreicht einen Wert von rund 140 Milliarden Euro, bei Industrieriesen wie Siemens und Linde sind es jeweils fast 90 Milliarden Euro.

Der Thyssenkrupp-Stahlbetriebsrat hat für den Fall eines Scheiterns der Pläne mit Tata bereits die gleichen umfassenden Schutzrechte für die Beschäftigten gefordert, wie sie bei einer Fusion gelten sollen. „Falls das Joint Venture mit Tata nicht umgesetzt wird, wären massive Kosteneinsparungen die Folge“, vermutet Deka-Manager Speich.