Bochum. . Mietervereine kritisieren den Wohnungskonzern Vonovia wegen fehlerhafter Nebenkosten-Abrechnungen. Vorstand Klaus Freiberg weist Vorwürfe zurück.

In Dortmund herrscht gerade große Aufregung: Vonovia-Mieter im Stadtteil Westerfilde befürchten, dass sie 3000 oder sogar 5800 Euro Nebenkosten für zwei Jahre nachzahlen sollen. Nachdem Deutschlands größter Immobilienkonzern etwa die Grünpflege durch eigene Firmen erledigen lasse, seien die Belastungen für die Mieter um 20 Prozent gestiegen, beklagt der örtliche Mieterverein. „Die tatsächlichen Kosten werden nicht auf den Tisch gelegt“, kritisiert Tobias Scholz.

Vonovia steht aktuell bundesweit erheblich unter Beschuss. Der Deutsche Mieterbund prüft sogar eine Sammelklage gegen das Bochumer Unternehmen mit seinen knapp 400.000 Wohnungen. In erster Linie geht es um Betriebskosten, aber auch um Mietsteigerungen nach Modernisierungsarbeiten. Ob sich der Mieterbund NRW einer möglichen Musterfeststellungsklage anschließen wird, ist indes offen. „Wir werden uns das anschauen“, sagt Geschäftsführerin Silke Gottschalk. „Wir beschäftigen uns gerade mit allen großen Wohnungsunternehmen.“

Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds Nordrhein-Westfalen.
Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds Nordrhein-Westfalen. © Nicole Gehring

Denn mit ihrem Ärger über vermeintlich fehlerhafte Betriebskosten-Abrechnungen kommen Mitglieder allenthalben in die Sprechstunden der Mietervereine. „Betriebskosten sind das Beratungsthema Nummer eins. Da gibt es Probleme mit nahezu allen Vermietern“, meint Gottschalk. Im Fall Vonovia habe sie jedoch den Eindruck, dass der Dax-Konzern „vielleicht zu schnell gewachsen“ sei. Mieter hätten oft Schwierigkeiten, bei Vonovia den richtigen Ansprechpartner zu erreichen.

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Klaus Freiberg kennt die Probleme mit den Abrechnungen. Im Vonovia-Vorstand ist er für alle Fragen rund um die Vermietung verantwortlich. „Beim Integrieren neuer Wohnungsbestände gab es falsch zugeordnete Fälle. Wir machen Fehler und korrigieren sie. Da steckt keine Absicht dahinter“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

„Wir gehen für unsere Kunden in Vorkasse“

Freiberg ärgert aber auch, dass sein Unternehmen für Nebenkosten-Abrechnungen kritisiert wird, obwohl ein Vermieter grundsätzlich den größten Teil wie Heizung, Wasser, Abwasser, Müllabfuhr und Grundsteuer gar nicht beeinflussen könne. „Wir gehen für unsere Kunden bei Versorgern und Kommunen in Vorkasse und müssen die Beträge bei den Mietern wieder einfordern“, sagt der Vonovia-Vorstand. „Dabei sind wir in der Beweispflicht, dass die Abrechnungen für die Kunden nachvollziehbar sind, obwohl wir oft gar keinen Einfluss darauf haben.“

Vonovia-Vorstand Klaus Freiberg.
Vonovia-Vorstand Klaus Freiberg. © Ingo Otto

Freiberg verteidigt die Entscheidung seines Konzerns, eigene Firmen verstärkt mit Instandhaltungsarbeiten zu beauftragen. „Wenn wir unsere 6000 eigenen Handwerker nicht hätten, wären wir zur Instandhaltung gar nicht mehr in der Lage. Der Markt für Fachkräfte ist sehr angespannt“, meint der Vonovia-Vorstand. Er weist Kritik zurück, dass Mieter dadurch stärker als bisher zur Kasse gebeten würden. „Wir bezahlen unsere Leute ordentlich und bieten unsere Leistungen zu den üblichen Marktpreisen an. Der Einkauf bei uns schreibt die Aufträge regelmäßig aus, um genau dies sicherzustellen“, so Freiberg. Er verhehlt nicht, dass Vonovia damit auch Geld verdient. „Ich brauche in den Firmen aber auch eine Wirtschaftlichkeit. Die Rendite liegt im einstelligen Prozentbereich und ist ebenfalls marktüblich.“

„Wir haben den Anspruch, uns zu verbessern“

Gerichtsverfahren in München, Leipzig, Leverkusen und anderswo – immer wieder bringen Mieterschützer die aktuelle Häufung von Problemen mit dem rasanten Wachstum in Verbindung, das Vonovia in den vergangenen Jahren auch im Ausland hingelegt hat. Freiberg will den Vorwurf nicht gelten lassen. „Wir sind in den vergangenen Jahren dynamisch gewachsen, was wichtig für unsere Stabilität war“, sagt er. „Jetzt wollen wir uns wieder mehr auf den dringend notwendigen Neubau konzentrieren, was wir bisher nicht so gemacht haben.“

Vonovia müsse überdies Antworten auf aktuelle Trends finden, etwa „wie wir Wohnungen für Singles und Senioren schaffen können“. Freiberg: „Wir haben den Anspruch, uns zu verbessern.“

>>> 715.000 Abrechnungen für 2016 verschickt

Für das Jahr 2016 verschickte der Bochumer Konzern nach eigenen Angaben 715.000 Betriebs- und Heizkosten-Abrechnungen. Basis dafür waren rund fünf Millionen Rechnungen, die von Versorgern und Kommunen bei dem Unternehmen eingingen. Auf die Abrechnungen habe Vonovia in eineinhalb Jahren rund 60.000 Reaktionen von Kunden erhalten. Darunter auch Anfragen, Beleganforderungen. Die reine Einspruchsquote beziffert Vonovia auf fünf Prozent. In 0,7 Prozent aller Fälle findet das Unternehmen nach eigenen Angaben selbst verschuldete Fehler.