Essen. . Der Vorschlag zur Verlängerung der SEPA-Frist auf den 1. August sorgt bei deutschen Kreditinstituten für Überraschung. Die EU-Kommission hat am Donnerstag vor Zahlungsausfällen gewarnt, weil viele Unternehmen und Vereine sich noch nicht auf die neue Kontodaten eingestellt haben. Die Europäische Zentralbank spricht sich gegen einen Fristaufschub aus.
Auf der Internet-Seite der Deutschen Bundesbank wird nach wie vor der bisherige Countdown angezeigt: Demnach waren es am Donnerstag-Nachmittag noch 22 Tage und 8 Stunden bis zur SEPA-Umstellung im europäischen Bankverkehr am 1. Februar. Doch bei der EU-Kommission in Brüssel hat man jetzt überraschend vorgeschlagen, die Frist zu verlängern: auf den 1. August. Die Bundesbank und Geldinstitute wurden davon kalt erwischt.
"Wir haben das mit Überraschung zur Kenntnis genommen", gab der Verband der Deutschen Kreditwirtschaft am Donnerstagnachmittag bekannt, in dem unter anderem die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbank organisiert sind. Nach Einschätzung der Kreditwirtschaft "wäre die Fristverlängerung nicht nötig". Gleichwohl rät der Verband nun, "dass die nun gewonnene Zeit vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen und von Vereinen genutzt wird", um "schnellstmöglich" auf das neue SEPA-Verfahren umzustellen.
Unterdessen äußert sich die Europäische Zentralbank in Frankfurt erkennbar zähneknirschend zu dem Vorschlag der EU-Kommission: Man haben den Vorschlag "zur Kenntnis genommen", teilte ein EZB-Sprecher am Donnerstag mit. Die "große Mehrheit" der Beteiligten würde die SEPA-Umstellung "pünktlich umsetzen", das Tempo der Umstellung in den meisten EU-Staaten sei "hoch und schnell", heißt es in einer online veröffentlichten Presserklärung.
EuroparechtViele Unternehmen stellen zu spät auf SEPA um
Die Deutsche Bank berichtet jedoch von Schwierigkeiten bei der Umstellung auf einen europaweit vereinheitlichten Zahlungsverkehr mit neuen Kontonummern ("IBAN") und Bankleitzahlen ("BIC"): "Obwohl wir für die Mehrzahl unserer Kunden sehr zuversichtlich bezüglich der Umstellung auf SEPA sind, haben wir bei unseren Checks immer wieder fest gestellt, dass vor allem kleinere Unternehmen und Vereine zum Teil noch nicht mit den Umstellungsarbeiten begonnen haben", sagt Sprecherin Doris Nabbefeld auf Anfrage.
Viele kleine und mittelständische Unternehmen und Vereine "haben geplant, ihre Systeme erst kurzfristig anzupassen. Dadurch ist die Gefahr technischer Pannen und von Liquiditätsengpässen mit möglichen Folgen für den Zahlungsverkehr gegeben. Auch bei Privatkunden führten die Veränderungen bei den Kontodaten zu Verwirrung, berichtet Nabbefeld: "Wir verzeichnen verstärkte Rückfragen unserer Kunden zur eigenen IBAN/BIC beziehungsweise teilweise falsch berechneten IBAN".
Auch die Commerzbank hat den Vorschlag zur SEPA-Verschiebung "mit Überraschung" zur Kenntnis genommen. Knapp drei Wochen vor dem bisher geplanten SEPA-Start zählt man dort, dass "mehr als 60 Prozent der Überweisungen und rund 40 Prozent der Lastschriften bereits im SEPA-Format abgewickelt werden". Allerdings "erreichen uns bei den Zahlungseingängen nur rund 40 Prozent der Überweisungen beziehungsweise 30 Prozent der Lastschriften im SEPA-Format", teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Das Fazit der Commerzbank: "Unsere Kunden sind schon weiter als der Markt. Sie beauftragen also deutlich mehr SEPA-Zahlungen als sie empfangen".
Eine weitere Verlängerung der SEPA-Frist soll es nicht geben
Worum geht es überhaupt: Die Abkürzung SEPA bedeutet "Single Euro Payment Area", übersetzt: "Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum". Dazu gehören die 28 EU-Länder und Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und das Fürstentum Monaco. Vereinheitlicht wird in diesen Ländern der gesamte bargeldlose Zahlungsverkehr.
Bleibt es beim 1. Februar als Umstellungstermin, müssten die Finanzinstitute alle Überweisungen und Lastschriften stoppen, die nicht im SEPA-Format sind. Weil die "Umstellungsquote" in vielen Ländern zu niedrig sei, befürchtet Michel Barnier, der zuständige EU-Kommissar für den Binnenmarkt, dass es zu Zahlungsausfällen und -Engpässen kommen kann. Die auf den 1. August verlängerte Übergangsperiode soll laut Barnier jedoch nicht nochmal verlängert werden.
Frist-Verlängerung führt zu parallelen Zahlverfahren
Aus Sicht der Deutschen Kreditwirtschaft kann auch die Verlängerung der SEPA-Frist die Geldinstitute vor Probleme stellen: "Die von der EU-Kommission eigentlich mit der SEPA-Migrationsverordnung vorgesehene Vermeidung paralleler Zahlverfahren und Infrastrukturen ist damit für ein weiteres halbes Jahr festgeschrieben worden".
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Im Moment sind vor allem Unternehmen, Vereine und Behörden in Zugzwang bei der Umstellung auf neue Kontonummern und Bankleitzahlen, heißt es bei der Deutschen Kreditwirtschaft: "Verbraucher haben eine verlängerte Übergangszeit bis 2016, um sich an die neuen europäischen Zahlverfahren zu gewöhnen. Daran ändert sich nichts."
Ob die SEPA-Umstellung tatsächlich um ein halbes Jahr verschoben wird, steht noch nicht fest. Die EU-Kommission schlägt dies nur vor. Nun liegt es an EU-Parlament und Europarat, dem Vorschlag der Kommission zu folgen.
Informationen der Deutschen Bundesbank zur SEPA-Umstellung finden sich hier.