Essen. Bei der Hauptversammlung von RWE machen Investoren wie Deka und Union Investment Druck. Sie fordern einen schnelleren Umbau des Energiekonzerns.

Bei der Hauptversammlung des Essener Energieversorgers RWE fordern Investoren einen schnelleren Umbau des Konzerns. „Mit einem CO2-Ausstoß von knapp 69 Millionen Tonnen im Jahr 2020 ist RWE immer noch ein Emissions-Schwergewicht in Europa“, sagte Vanessa Golz von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment. „Deshalb ist eine Beschleunigung beim Braunkohleausstieg notwendig.“ Allerdings müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland auch politisch vorangetrieben werden, betonte die Deka-Managerin.

Im Februar hatte RWE mit der Bundesregierung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zum Braunkohleausstieg unterzeichnet. Infolge der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen fallen bei der Konzerntochter RWE Power Unternehmensangaben zufolge bis Ende des Jahres 2022 mehr als 3000 Stellen weg – und bis zum Jahr 2030 insgesamt etwa 6000 Arbeitsplätze.

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Henrik Pontzen von der Fondsgesellschaft Union Investment sieht RWE auf einem Marathonlauf, wenn es darum gehe, den Konzern auf erneuerbare Energien auszurichten. Den künftigen Konzernchef Markus Krebber forderte Pontzen auf, mehr Tempo bei der Neuausrichtung des Unternehmens zu machen: „Ein einfaches ,Weiter so‘ reicht nicht. Sie müssen schneller werden“, mahnte der Experte von Union Investment vor der Hauptversammlung von RWE.

Nach derzeitigen Planungen will der Konzern bis zum Jahr 2030 rund 6000 Megawatt Kraftwerkskapazität in der Braunkohleverstromung stilllegen. Außerdem sollen zwei der drei Tagebaue im Rheinischen Revier früher geschlossen werden als geplant. Der Hambacher Forst bleibt erhalten. RWE erhält vom Staat für den Kohleausstieg eine Entschädigung in Höhe von 2,6 Milliarden Euro – verteilt über 15 Jahre.

Spagat zwischen Kohle und erneuerbaren Energien

Der neue Konzernchef Krebber müsse einen Spagat zwischen dem Ertragsrückgang aus dem Kohle- und Atomausstieg und den erneuerbaren Energien schaffen, analysiert Deka-Managerin Golz. „Es ist zu hoffen, dass dadurch die begonnene Kontinuität in der Dividendenpolitik fortgesetzt werden kann“, sagte sie vor der Hauptversammlung. RWE kündigte eine weitere Erhöhung der Gewinnausschüttung an. Nach 80 Cent beziehungsweise 85 Cent je Aktie in den Jahren 2019 und 2020 peilt der Vorstand nun 90 Cent an.

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Bei der Hauptversammlung, die RWE aufgrund der Corona-Krise im Online-Format organisiert hat, nimmt der langjährige Vorstandschef Rolf Martin Schmitz Abschied. Die Konzernführung liegt künftig beim langjährigen RWE-Finanzchef Markus Krebber. Mit Zvezdana Seeger (Personal) und Michael Müller (Finanzen) sind zwei neue Vorstandsmitglieder bei RWE an Bord.

Veränderungen im RWE-Aufsichtsrat – Schüssel und Mühlenfeld gehen

Die Aktionäre sollen bei der Hauptversammlung auch über Veränderungen im RWE-Aufsichtsrat abstimmen. So steht der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nicht mehr auf der Liste der künftigen Konzernkontrolleure. Neu hinzukommen soll unter anderem Hans Bünting, der frühere Chef der Innogy-Ökostromsparte.

Wie aus den Unterlagen zur Hauptversammlung hervorgeht, verlässt die frühere Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld ebenso den Aufsichtsrat wie Peter Ottmann, der ehemalige Landrat des Kreises Viersen. Beide sind vor wenigen Wochen 70 Jahre alt geworden.

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Wie RWE mitteilte, habe der Aufsichtsrat „nach ausführlicher Beratung“ beschlossen, den früheren Eon-Finanzchef Erhard Schipporeit und den ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Peter Keitel für eine weitere dreijährige Amtszeit vorzuschlagen, obwohl sie die von RWE vorgesehene Regelaltersgrenze von 72 Jahren „erreicht beziehungsweise überschritten haben“. Zur Begründung verweist das Unternehmen auf „herausragende finanzwirtschaftliche Expertise beziehungsweise Verbindungen in die deutsche Wirtschaft“.

Investoren sehen Besetzung des Aufsichtsrats kritisch

Investoren sehen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats kritisch. Vanessa Golz von Deka Investment mahnte einen Generationenwechsel an. „Um unserer Forderung nach einem diesbezüglich geeigneten Kandidaten Nachdruck zu verleihen, werden wir die Wiederwahl von Herrn Keitel nicht unterstützen“, sagte sie.

Union Investment stellt sich gegen die Wahl des früheren Eon-Managers Schipporeit, der im RWE-Aufsichtsrat die wichtige Funktion als Vorsitzender des Prüfungsausschusses hat. Schipporeit sei „nicht unabhängig“, sagt Henrik Pontzen. „Dies bemängeln wir und fordern RWE dazu auf, schon vor 2024 den Vorsitz des Prüfungsausschusses unabhängig zu besetzen.“ Union Investment wolle gegen die Wahl von Schipporeit stimmen.