Essen. RWE-Chef Schmitz im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“: Den Klimawandel betrachtet er als größere Herausforderung im Vergleich zu Corona.

An seinem ersten freien Tag will Rolf Martin Schmitz in den Tagebau fahren. Er sei noch nie auf einem Braunkohlebagger gewesen, erzählt der scheidende Vorstandschef. Das hole er nach, wenn er Ende April bei RWE aufhöre. Danach wolle er ausschlafen und erstmal „ein bisschen faul sein“, sagt Schmitz in einer neuen Folge unseres Podcasts „Die Wirtschaftsreporter“. Im Plauderton zieht Schmitz Bilanz – für den Essener Energiekonzern insgesamt, aber auch für sich persönlich.

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Nach dem Abschied von RWE bleibt Schmitz im Aufsichtsrat des Konzernnachbarn Eon. Eine Merkwürdigkeit? „Es täuscht“, sagt Schmitz. „Ich bin gar kein RWE-Mann, ich bin eigentlich ein Eon-Mann.“ 1988 habe er doch beim Eon-Vorgängerkonzern Veba angefangen. Vor allem aber sei er ein „Energie-Mann“.

Die Karriere von Schmitz schien vor einigen Jahren schon vorbei zu sein. Doch dann ergreift Schmitz die Chance, den traditionsreichen Revierkonzern noch einmal kräftig umzubauen. Der Abschied von Kohle und Kernkraft ist besiegelt. „Erneuerbare, Erneuerbare, Erneuerbare“ – so laute jetzt die Strategie, sagt Schmitz. „Jede Zeit hat ihre Energie.“ Dass auf Kohle, Kernkraft und Gas etwas Neues folge, sei eine „ganz normale technologische Weiterentwicklung“. Als Stromproduzent bleibe sich RWE aber treu.

RWE-Chef warnt vor dem Klimawandel

Wie schnell der Bau neuer, klimafreundlicher Anlagen gelinge, entscheide auch über die Existenz der Braunkohlekraftwerke. Schließlich hätten die Erneuerbaren einen Vorrang bei der Einspeisung ins Stromnetz. „Wenn sehr viele Erneuerbare am Netz sind, haben wir noch unsere Kraftwerke, aber die laufen nicht viel“, sagt Schmitz mit Blick auf die Kohleverstromung. „Für mich ist der Kohleausstieg, wenn ich das ein bisschen flapsig sagen darf, eigentlich 2030 erledigt. Alles, was danach kommt, ob das dann fünf oder acht Jahre sind, spielt CO2-mäßig keine Rolle mehr.“ Ab 2030 sei die Braunkohle vor allem als „Sicherheitsbereitschaft“ für die Stromversorgung zu sehen.

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Perspektivisch sei die Erderwärmung die größere Herausforderung für die Menschheit als die Corona-Krise, betont Schmitz: „Aktuell ist es sicherlich Corona, aber auf die lange Sicht ist es der Klimawandel.“ Auch er habe dazugelernt, sagt Schmitz: „Die Auswirkungen auf das Klima kommen sehr viel schneller, als ich es erwartet hätte.“

Corona-Krise? „Wir müssen es aushalten“

Eine persönliche Fehleinschätzung sei rückblickend gewesen, dass der Hambacher Forst für den Braunkohletagebau im Rheinischen Revier fallen müsse, räumt Schmitz ein. Dies habe sich im Nachhinein als falsch herausgestellt. Angesichts der aktuellen Planungen zum Kohleausstieg werde die Kohle unter dem Hambacher Forst nicht mehr gebraucht.

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Dass die Politik in Europa wegen der Pandemie milliardenschwere Programme zur Belebung der Wirtschaft plane, sei eine Chance, den Umbau der Industrie zu forcieren. „Daher kann man auch, wenn man will, Corona positiv werten“, sagt Schmitz. „Die Transformation sowohl im digitalen Bereich als auch möglicherweise im Bereich Klimaschutz ist durch Corona sehr positiv beeinflusst worden.“ Die Stimmung der Menschen in der Corona-Krise nehme er als „sehr unterschiedlich“ wahr, berichtet Schmitz. Er habe das Gefühl, die meisten Leute seien „etwas mürbe“, weil die Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung immer wieder verlängert würden. „Im Moment kann ich auch nur sagen: Wir müssen es aushalten“, sagt Schmitz. Allerdings würde auch er sich wünschen, „dass man jetzt schneller impfen kann“.

RWE vorbereitet für Impf-Aktion gegen Corona

RWE sei in der Lage, die gesamte Belegschaft und auch die Angehörigen der Beschäftigten zu impfen. „Wir sind vorbereitet“, stellt Schmitz klar. Wie viele andere Unternehmen auch sei RWE bereit, beim Impfen mitzuhelfen. Dazu stehe das Unternehmen auch in Kontakt mit dem Bundesgesundheitsministerium. Nur mit Impfungen lasse sich Corona besiegen. Die gute Nachricht sei: „Wenn Impfstoff da ist, geht es auch ganz schnell.“

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Nach der Hauptversammlung in drei Wochen übernimmt der langjährige Finanzchef Markus Krebber die RWE-Führung. Schmitz sagt, ihm sei es bisher schon wichtig gewesen, sich nicht nur über den Job zu definieren. „Ich habe nicht mehr vor, viel zu arbeiten“, sagt der 63-Jährige. Künftig will er seine Hobbys Kunst und Musik pflegen und in den Bergen wandern. „Ich will auf der Hütte ankommen, ein schönes Bier trinken, in der Sonne liegen, die Blumen angucken und die Wolken. Da fühle ich mich wohl bei.“

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