Berlin. Das Internet hat die Welt verändert. Aber braucht die sich immer weiter digitalisierende Welt auch eine digitale Währung? Seit einiger Zeit macht die Bitcoin von sich reden - positiv wie negativ.

Bitcoins sind nichts für Menschen, die sich ihr Geld im Zweifel lieber unters Kopfkissen legen. Denn Bitcoin ist eine virtuelle, digitale Währung. Ein Land oder eine Zentralbank als Steuerungsinstanz gibt es nicht. Die Bitcoin-Erfinder mit dem gemeinsamen Pseudonym Satoshi Nakamoto setzen bei ihrer 2009 entstandenen Währung lieber auf ein dezentrales System, das kryptografische Verfahren als Sicherheit nutzt, eine Kryptowährung also. Eine weitere Bitcoin-Idee: In einer vernetzten Welt ohne Grenzen sind regionale Währungen ein veraltetes Modell.

Und wie funktioniert Bitcoin? "Jeder Nutzer hat einen persönlichen, einzigartigen und geheimen Schlüssel, sowie einen öffentlichen Schlüssel", sagt Axel Kannenberg von Internetfachdienst "Heise Online". Daraus wird die Adresse für Überweisungen errechnet. "Die Bitcoins selbst sind virtuelle Schuldscheine, deren Existenz und Wert durch Eintragung in eine öffentliche Datenbank, der sogenannten Blockchain, festgehalten und durchs Kollektiv der Nutzer bestätigt werden", erklärt der Experte. So werde genau nachgehalten, wohin die Bitcoins wandern. Die Nutzer sind dabei durch Pseudonyme geschützt.

Noch keine Alternative zum Euro für jedermann

Auch die Schöpfung von Bitcoins ist dezentral - und jeder kann sich beteiligen. Allerdings ist der Prozess vergleichbar mit der Suche nach hohen Primzahlen: Neue Bitcoins müssen mittlerweile mit extremer Rechenpower und sehr hohen Stromkosten bezahlt werden. Für Privatleute ist das kaum lohnenswert. Wer etwa seine aktuelle Oberklasse-Grafikkarte zum Bitcoin-Schürfen abkommandieren würde, bräuchte für die Berechnung eines einzigen Bitcoin-Blocks mehr als 3500 Jahre.

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Ist die Kryptowährung eine Alternative zum Euro für jedermann? Nein, sagt Kannenberg. "Bitcoin ist noch zu kompliziert, um eine Alltagswährung zu sein." Nutzer ohne Hintergrundwissen könnte es schnell überfordern. Außerdem befinde sich die Software dahinter immer noch in der Beta-Version: Es ist folglich noch nicht ganz ausgereift oder gar perfekt, es wird erstmal eine Nischenwährung bleiben." Auch die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt Bitcoin aufgrund von Risiken wie massiven Kursschwankungen und fehlenden Sicherungssystemen nicht als Geldanlage: Wer trotzdem spekulieren möchte, riskiere den Totalverlust des eingesetzten Geldes.

Bezahlen lässt sich mit ihnen schon hier und da

Die Alltagstauglichkeit scheitert an einem viel einfacheren Problem: Wer Bitcoins einfach ausgeben möchte, muss erst jemanden finden, der sie auch akzeptiert. Bezahlen lässt sich mit ihnen schon hier und da. Online bieten einige Shops diese Möglichkeit, welche genau, listet etwa das Bitcoin-Wiki auf. Und Coinmap.org visualisiert Akzeptanzstellen weltweit auf einer Karte. Zum Handeln oder Zahlen mit Bitcoins muss man Open-Source-Software installieren: Entweder einen kostenlosen Bitcoin-Client oder die schlankeren sogenannten Bitcoin-Wallets.

Michael Lamberty kennt sich mit der Bitcoin-Kryptografie aus und glaubt an die Zukunft der Währung: "Bitcoins sind fälschungssicher, können aber wie normales Geld durch Unachtsamkeit verloren gehen, oder durch Malware gestohlen werden, sagt der Experte vom Institut für Internet-Sicherheit (ifis) an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. "Dagegen kann sich ein Nutzer schützen, indem er seine Bitcoins verschlüsselt und sicher aufbewahrt."

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Am besten funktioniert das laut Lamberty offline auf einem USB-Stick oder als sogenannte Paper Wallet: Das ist ein ausgedruckter QR-Code, der mit dem Handy wieder eingelesen werden kann. Dass eine sichere Aufbewahrung entscheidend ist, zeigt das Negativbeispiel Mt. Gox: Bei gezielten Angriffen auf den Handelsplatz im Februar wurden rund 550 000 Bitcoins von Kundenkonten entwendet, und die Bitcoin-Börse musste schließen.

"Damit Bitcoin erfolgreich werden kann, muss es ein Zahlungssystem werden, das dem Bargeld ähnelt", sagt ifis-Leiter Prof. Norbert Pohlmann. "Dazu muss es einfach werden: Die Technik muss im Hintergrund ablaufen und den Konsumenten nicht im Weg stehen."

Trotzdem hat die Währung bereits zahlreiche Nachahmer gefunden. "Mittlerweile gibt es um die 200 Kryptowährungen, doch ein Großteil davon wird bald wieder verschwinden", glaubt Axel Kannenberg. "Dennoch denke ich, dass die neuen Währungen das Zeug dazu haben, unser Banksystem zu verändern." (dpa)