Arnsberg. . Fast 900 Millionen Euro Erbschaftssteuer hat NRW im vergangenen Jahr eingenommen. Ein Problem ist jedoch der Anteil der Schrottimmobilien, die dem Staat vermacht werden. Im Regierungsbezirk Arnsberg hat sich deren Anteil in den vergangenen zwei Jahren annähernd verdoppelt.

Der Anteil älterer Menschen ohne Angehörige steigt – und damit auch die Zahl der Vermögenswerte, für die keine Erben vorhanden sind. In solchen Fällen wird der Staat zum Erben. „Mit allen Rechten und Pflichten“, betont Christian Chmel-Menges, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, die für die erbenlosen Erbschaften zuständig ist. Insbesondere bei verwahrlosten Immobilien oder finanziell belasteten Grundstücken ist die Vermarktung nicht einfach.

Das Ziel der Behörde im Erbschaftsfall ist klar: die Immobilien bzw. Grundstücke möglichst schnell und mit Gewinn verkaufen – durch die Bezirksregierung selbst, den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) oder beauftragte Immobilienmakler. Aber: „Bei einem Teil dieser Objekte ist die Vermarktung schwierig. Verwahrloste Gebäude oder belastete Grundstücke sind oft nahezu unverkäuflich“, sagt Maria Nagel von der Bezirksregierung Arnsberg. „Schrottimmobilien“ seien keine Einzelfälle. „Ihr Anteil hat sich in den letzten zwei, drei Jahren etwa verdoppelt.“ Interessenten sind rar gesät.

Verkehrssicherungspflicht liegt bei der Bezirksregierung

Auch für die nur äußerst schwer verkäuflichen Objekte gilt: Die Verkehrssicherungspflicht liegt bei der Bezirksregierung. Heißt für die zuständigen Mitarbeiter: Vom Schreibtisch aus und vor Ort müssen in Kooperation mit Ordnungsbehörden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr festgelegt werden – etwa bei Wasserrohrbrüchen oder Unwettern. Ohnehin muss ein unbefugtes und riskantes Betreten der Grundstücke verhindert und im Winter die Streu- und Schneeräumpflicht für die Liegenschaften sichergestellt werden.

Die Bezirksregierung Arnsberg ist zuständig, wenn Verstorbene zuletzt in diesem Regierungsbezirk gemeldet waren. Sie muss sich dann allerdings auch um Erbstücke kümmern, die die Verblichenen anderenorts im Bundesgebiet besessen hatten – und darüber hinaus.

So stehen auf der Liste der bearbeiteten Vorgänge zum Beispiel ein Ferienhaus in Spanien, ein Appartement in Frankreich und auch ein Schiff in Portugal. „Schon aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage und Sprache in diesen Ländern ist es meistens sehr aufwändig, die anfallenden Formalitäten zu erledigen“, berichtet Martin Fiedler. Er kommt sich mitunter „wie ein Immobilienmakler“ vor. Ähnlich geht es Sandra Klerx und Simone Kensy, die ebenfalls in diesem Bereich für die Bezirksregierung im Einsatz sind.

Millionär ohne Erben

Trotz aller Widrigkeiten fällt die Bilanz des Fiskus in puncto Erbschaft zumindest im Regierungsbezirk Arnsberg positiv aus: 2011 wurden knapp 800.000 Euro eingenommen. Dem standen etwa 250.000 Euro Ausnahmen gegenüber – allerdings ohne Personalkosten für die zuständigen Mitarbeiter/innen.

Auch interessant

Dass das Land NRW im hiesigen Regierungsbezirk auch 2012 ein Plus mit seinen Erbschaften machen wird, steht übrigens schon jetzt praktisch fest. Grund: Anfang des Jahres konnte die Bezirksregierung eine Geldsumme in Höhe von 1,2 Millionen Euro verbuchen, nachdem trotz zweijähriger Recherche keine Angehörigen eines Millionärs als potenzielle Erben ermittelt werden konnten.

Die Ausnahme von der Regel

Verglichen mit den Summen bei den „normalen“ Nachlässen (mit erbenden Angehörigen etc.) bleibt der Anteil des Staates am Erbschaftskuchen natürlich weiter gering. Allerdings erzielt der Fiskus bekanntlich erhebliche Einnahmen über die Erbschaftssteuer. So wurden 2011 in NRW laut Statistischem Landesamt Vermögenswerte in Höhe von 9,2 Milliarden Euro vererbt. Das brachte dem Staat, nach Abzug von Verbindlichkeiten und Freibeträgen, immerhin noch 887 Millionen Euro Erbschaftssteuer ein.

Zudem wurden 2011 in Nordrhein-Westfalen 5 557 Schenkungen mit einem Vermögenswert in Höhe von insgesamt 2,0 Milliarden Euro erfasst. Die Schenkungssteuer belief sich auf 164 Millionen Euro.

Der demografische Wandel hat angesichts sinkender Geburtenraten auch zur Folge, dass die nach wie vor hohen Vermögenswerte einem immer kleiner werdenden Kreis von Begünstigten vermacht werden.